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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0113

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4. Die Akteure aus dem städtischen Dienstpersonal

amtes durch Berner Kontingente Ende Mai 1443 wurden auch drei Berner Weibel
verletzt, die sich von anderen Kriegsteilnehmern nur dadurch unterschieden, dass
ihre Genesungskosten anschliessend vom Berner Rat übernommen wurden. Zu die-
sen in Baden und Zofingen verarzteten Weibeln gehörte nicht nur Hensli Martis und
Peter Brösemli, sondern auch der bereits erwähnte Henman Truckdenrein.57
Zu den aussergewöhnlichsten Aufgaben städtischer Weibel gehörte in der Alten
Eidgenossenschaft auch das Überbringen von Absagebriefen bzw. Kriegserklärun-
gen. Gerade in den Schweizer Bilderchroniken des ausgehenden 15. Jahrhunderts
wurde dieser Rechtspraxis häufig Platz eingeräumt. So enthalten sowohl die Spie-
zer Chronik des Diebold Schilling aus dem Jahr 1485 als auch die 1513 fertiggestellte
Luzerner Chronik seines gleichnamigen Neffen mehrere Darstellungen, die den
symbolisch aufgeladenen Moment der Übergabe eines widersagbriefes zeigen.58 In
der Spiezer Chronik werden die Darstellungen und Beschreibungen der Schlacht
bei Laupen und Sempach jeweils mit einer Abbildung berittener Absageboten ein-
geleitet, die sich in beiden Fällen als Reiter in Berner Weibelstracht entpuppen.59 Ge-
mäss einem vorwiegend auf den eidgenössischen Raum beschränkten Rechts-
brauch überbrachten sie dabei ihre Absagebriefe in einem gespaltenen Stock, um
die abschlägige Antwort weithin sichtbar zu machen. Der offizielle Charakter des
Auftrages wurde dabei nicht nur von ihrer vollen Amtsbekleidung unterstrichen,
zu welcher auch eine Feder am Hut gehörte, sondern vor allem durch den Weibel-
schild, der die Immunität der Amtsträger zusätzlich betonen sollte.60
Auch wenn Weibel für diese Aufgabe als besonders prädestiniert galten, war
die Übermittlung von Absagebriefen nicht ausschliesslich ihr Vorrecht. Wie Abbil-
dungen aus der Luzerner Chronik belegen, konnte im Falle regionaler Konflikte
unter rechtlich gleichwertigen Partnern für den selben Dienst auch einfache Fuss-
läufer eingesetzt werden. Dies floss dank der Sachkenntnis des diplomatisch ver-
sierten Luzerner Diebold Schilling auch in die Darstellung der Übergabe einiger
Absagbriefe der Schirmorte an St. Gallen ein, die offenbar 1490 im Rahmen der Ap-
penzeller Kriege stattgefunden haben soll. Abgebildet wurden dabei drei vollstän-
dig ausgerüstete Fussboten, die der Stadt ebenfalls Absagebriefe in gespaltenen Stö-
cken überbringen.61 Während bei der Übermittlung von Absagebriefen zwischen
benachbarten Städten offensichtlich laufende Boten ausgereicht haben, wäre die
Übermittlung von Kriegserklärungen durch Fussgänger bei ranghöheren Gegnern
wohl nicht akzeptiert worden. Entsprechend wurde die Kriegserklärung der Eidge-

57 1444/1: Henman Druckdenrein; Denne Messen min Herren geben Henman Druckdenrein an sin siech-
tag - 1111 Ib, Hensli Henman: Denne Burckart Scherer von Baden von Henslin Henman und Henslin
Martis ze artznen von der reis wegen, wart Heinin Kemphen von Baden VII guldin XVII s, tut - XIII Ib
II s, Peter Brösemli; Denne einer frouwen von Zofingen von Peter Brösemlis wegen ze artznen - IIII Ib,
Peter Brösemli wurde vermutlich am schwersten verletzt. Ein entsprechender Eintrag findet
sich noch in der Halbjehresrechnung 1445/11, alle in: Welti, Stadtrechnungen 15. Jahrhundert,
1904, S. 177a, 194s
58 Kaiser, Die «Spiezer» Chronik 1991, S. 92, siehe dazu auch Anhang, Bildteil.
59 Bartlome, Illustrationen, S. 161-455, S. 248,453.
60 Siehe auch Anhang, Bildteil.
61 Luzerner Schilling, 1981, fol. 154r, S. 132, oder auch Anhang, Bildteil.
 
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