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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0234

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6.2. Nachrichtenübermittlung als Herrschaftsinstrument

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Solothurn eine aktive Ausburgerpolitik, in welche mit Vorliebe jene Personen ein-
gebunden wurden, die in den Gebieten jenseits des Juras lebten.40 Daneben nahm
Solothurn auch kleinere Städte wie Le Landeron oder den lokalen Adel wie etwa
die Herren von Heidegg in ihr Burgrecht auf.

6.2.2. Funktionen und Aspekte des Nachrichtenaustausches mit dem
Untertanengebiet
Die bislang nur wenig erforschte Kommunikation zwischen städtischen Entschei-
dungsträgern und den Untertanengebieten glich häufig einer Gratwanderung zwi-
schen aktiv ausgeübter Herrschaft und passiver Verwaltungskontrolle.41 Intensität,
Qualität und Regelmässigkeit der Nachrichtenkontakte mit dem Landesherren
wurden vordergründig von der verfassungsrechtlichen Stellung der Landschaft be-
stimmt, deren politisches und wirtschaftliches Prestige sowie ihr fiskalischer Nut-
zen entscheidend war. Dabei spielte ihr Verwaltungsaufbau und der Zeitpunkt eine
Rolle, in dem sie Teil des städtischen Territoriums geworden war. Ferner war der
Informationsaustausch mit dem Territorium selten einseitig, selbst wenn nur städti-
sche Zentren alle Möglichkeiten der Nachrichtendiffusion ausschöpften.42 Dass
manche Landvogteien nicht nur auf Anweisungen des Landesherren reagierten,
sondern auch eigenständig Gesandtschaften oder Boten in die Städte schickten -
und damit aktiv an der gegenseitigen Information beteiligt waren - ist weiterer
Ausdruck für die unterschiedliche Stellung der Gebiete innerhalb der städtischen
Landschaft.
Ungeachtet der Bemühungen um räumliche und verwaltungstechnische Verein-
heitlichung der Untertanengebiete waren die Territorien der Westschweizer Städte
am Ende des 15. Jahrhunderts mehr politisch-rechtliches Flickwerk, als straff orga-
nisierte Stadtstaaten. Selbst Bern mit seinen ausladenden Territorien verfügte nur
im Simmen- und Kandertal, im Seeland sowie im nordöstlichen Oberaargau über
ein geschlossenes Herrschaftsgebiet, das nicht von weltlichen oder kirchlichen
Twingherrschaften durchsetzt war.43 Gleiches galt für Solothurn, das seine Haus-
macht vor allem auf den niederen Vogteien Bechburg, Falkenstein und Gösgen so-
wie dem Gebiet um Olten aufbaute. Verwaltungstechnisch am einheitlichsten ge-
staltete sich nur die Freiburger Landschaft.
Auch vordergründig »stadteigene« Landgerichte, Landstädte, Landvogteien,
Grafschaften und Landschaften waren in rechtlicher Hinsicht alles andere als ho-
mogen. So konnten etwa die Gemeinden des alpinen Berner Oberlandes, die bereits
im 14. Jahrhundert zum bernischen Herrschaftsbereich gehört hatten, umfassen-
dere Autonomierechte bewahren als die Vogteien des Unterlandes - insbesondere

40 Eine aktive Ausburgerpolitik ist hier bereits seit 1400 belegt, siehe: Amiet, Territorialpolitik,
1928, S. 25.
41 Siehe dazu auch: Holenstein, Die Stadt und ihre Landschaft, 1999, S. 348f.
42 Esch, Alltag, 1998, S. 59.
43 Gerber, Gott ist Burger, 2001, S. 423, siehe auch Anhang, Karten der Untertanengebiete
 
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