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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0192

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5.2. Die technische Seite spätmittelalterlicher Informationsübermittlung

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gleichbaren Radius haben die Übermittler im eidgenössischen Raum nicht abde-
cken müssen, weil das die hiesigen Herrschafts- und Nachrichtenstrukturen nicht
notwendig machten. Lockere Nachrichtennetze und der Informationsaustausch
über die Boten der Verbündeten waren wegen der Kleinräumigkeit des Bündnisge-
flechts viel ausgeprägter.

5.2.2. Die Bedeutung auswärtiger Übermittler
Das Auftauchen von Boten fremder Orte in den Rechnungsquellen beruhte auf dem
Prinzip der Reziprozität spätmittelalterlicher Nachrichtenwesen, die darauf ausge-
richtet waren, direkt Betroffene möglichst rasch zu informieren sowie Informatio-
nen von allgemeinem Interesse an die nächsten Bündnis- und Verhandlungspartner
weiterzuleiten.51 Inhaltlich ging es vorwiegend um Belange von überregionaler Be-
deutung, denn nur diese waren mit einer Belohnung des Übermittlers durch den
Empfänger verbunden.52 Es handelte sich meist um Nachrichten über Kriegsverläufe
und Friedensschlüsse, die im besten Fall mit dem bottenbrot entschädigt wurden. Im
eidgenössischen Raum ging es zusätzlich um den Transport von Tagsatzungsab-
schieden, Zinsgeldern und allerlei Informationen über Treffen mit auswärtigen
Mächten sowie den bereits erwähnten Tagsatzungseinladungen. Externe Boten
übermittelten zumeist Informationen, welche ihre Auftraggeber selbst in Erfahrung
gebracht hatten. Gelegentlich überbrachten sie diese auch im Rahmen lockerer
Nachrichtennetze, weshalb ihre Tätigkeit zwischen die direkte und die indirekte
Korrespondenzübermittlung einzuordnen ist. Da auch die städtischen Herrschafts-
träger überwiegend auf direkte Übermittlung durch eigene Boten bzw. Gesandte
setzten, war die Entlohnung externer Übermittler auf besondere Situationen be-
schränkt. Selbst im 15. Jahrhundert machte sie nur einen geringen Teil der Gesamt-
kosten für die Nachrichtenübermittlung zu Fuss aus. Nach Ausweis der Berner
Stadtrechnungen aus den 1370er und 80er Jahren wurden nur sehr wenige, nämlich
1.8% aller abgerechneten Nachrichten von externen Übermittlern befördert.53 Der
Anteil stieg zwischen 1430 und 1454 nur leicht und zwar auf 2.7%. Selbst zu Beginn
des 16. Jahrhunderts umfasste er nicht mehr als 2.2% aller Botengänge zu Fuss.54
Eine leichte Steigerung lässt sich nur in Freiburg i. Ue. und Solothurn ausmachen,
wo in den 1440er Jahren auch nur 2 bzw. 4.3 % aller Botengänge von auswärtigen
Boten übernommen wurden. Nur in den 1470er und 1480er Jahren betrug dieser
Wert 2.4% bzw. 5.1 % aller Übermittlungsaufträge.55 Nur in Freiburg stieg der Anteil

51 Für die Nachrichtennetze zwischen den Städten im Reich siehe etwa: Monnet, Rue, 2001,
S. 81f., ders., Aussenbeziehungen, 2000, S. 218f., für den fürstlichen Bereich und den Hanse-
raum siehe: Seggern, Herrschermedien, 2004, S. 309-338, Schaffer, Geschwindigkeit, 1985,
S. lOlf.
52 Siehe dazu Kap. Stadtläufer, Löhne, Wartgelder und allerlei Geschenke.
53 Von den 2149 aus dem besagten Zeitraum überlieferten Berner Abrechnungen für Übermittler
zu Fuss entfallen nur 40 auf auswärtige Fussboten.
54 Zwischen 1430 und 1454 wurden in Bern 39 mal Boten anderer Orte entschädigt (=2.7 %), zwi-
schen 1503 und 1526 waren es 103 von 4659 (=2.2%).
55 In Solothurn entfielen von den 529 zwischen 1442 und 1454 abgerechneten Botengängen nur 23
(=4.3%) auf fremde Übermittler. Im Zeitraum von 1470 bis 1485 wurden nur 43 von insgesamt
 
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