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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0250

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6.4. Die Ausweitung der Bündniszone - Nachrichtenübermittlung mit den Eidgenossen 237

6.4.1. Von gleich zu gleich - die Kontakte zu den Stadtorten Luzern und Zürich
Abgesehen von ihren gegenseitigen Kontakten, waren die Beziehungen zwischen
Bern, Freiburg i. Ue, Solothurn und den Städten Luzern und Zürich am intensivs-
ten. Während Bern seine Übermittler bereits in den 1370er und 1380er Jahren min-
destens 53 Mal nach Luzern, bzw. 42 Mal nach Zürich sandte, steigerten sich diese
Nachrichtenkontakte bis ins erste Drittel des 16. Jahrhunderts kontinuierlich.127 Zwi-
schen 1503 und 1527 wurden 200 Botengänge nach Luzern ausgeführt, während
Zürich zur selben Zeit 171 Mal in den Abrechnungen für Botendienste zu Fuss auf-
taucht. Bis zu einem gewissen Grad spiegelte sich in der Häufung der Botengänge
auch die Situation der innereidgenössischen Diplomatie. Zwischen 1470 und 1520
galten sowohl Luzern als auch Zürich als häufigste Zusammenkunftsorte der eid-
genössischen Tagsatzung, die wegen des labilen politischen Gleichgewichts zwi-
schen ihren Mitgliedern noch ausgangs des 15. Jahrhunderts über mehrere Ver-
sammlungsorte verfügte.128 Beide Städte rivalisierten um die Position eines
eidgenössischen »Vorortes«, das für auswärtige Mächte, die sich mit den Gesandten
der Eidgenossenschaft treffen wollten, eine Art Briefkastenfunktion übernahm.
Tatsächlich fanden die meisten Treffen mit den Gesandten aussereidgenössischer
Mächte in Luzern statt.
Hoch war die Besuchsfrequenz beider Orte auch von Seiten der Freiburger und
Solothurner Übermittler. Nach Bern und Basel war Luzern das häufigste Ziel Solo-
thurner Läufer und Reiter. Allerdings waren die direkten Kontakte der Stadt mit
Luzern noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nicht besonders ausgeprägt.
Gerade elf der 110 im Untersuchungszeitraum erfassten Botengänge entfallen auf
die Jahre 1443 bis 1450. Ihre Intensivierung setzte um 1470 ein, noch vor dem Land-
friedensvertrag von 1477, der die Aufnahme in den eidgenössischen Bund 1481 ein-
geleitet hat.129 Ähnliches galt auch für die Solothurner Kontakte mit Zürich, die sich
vor 1450 weitgehend auf das Kriegsjahr 1444 beschränken, während der stärkste
Nachrichtenaustausch ebenfalls in die Zeit nach 1470 fiel.130 Hauptgrund für die In-
tensivierung der Schriftkontakte mit beiden eidgenössischen Städten war die politi-
sche Situation am Oberrhein, wo der Einfluss Karls des Kühnen die territorialen
Interessen Solothurns direkt bedrohte, so dass die Stadt einen Bündnispartner
brauchte. Entscheidend für die Entwicklung war auch Peter von Hagenbachs Vor-
gehen gegen die mit Solothurn verburgrechtete Familie von Heidegg, denen Ha-
genbach das Lehen Kienberg streitig machte. Zudem war der unberechenbare, zu-
nächst mit Solothurn verbündete Graf Oswald von Thierstein, an dessen
Lehensgebiet jenseits des Jura die Stadt auch interessiert war, 1473 burgundisch-
herzoglicher Rat geworden.131 Das offene Beitrittsinteresse zeigte sich bereits 1471 auf

127 Trotz der eher lückenhaften Überlieferungssituation der Berner Rechnungsquellen zwischen
1430 und 1454 lässt sich ebenfalls auf eine hohe Besuchfrequenz beider Städte schliessen: Lu-
zern war 35 mal, Zürich 27 mal Ziel Berner Übermittler.
128 Würgler, Boten und Gesandte, 2003, S. 291.
129 Amiet, Geschichte, 1952, S. 352-362.
130 Von den insgesamt 68 zwischen 1442-1450 und 1470-1486 und 1499 erfassen Solothurner Boten-
gängen zu Fuss deren Ziel Zürich war, entfallen 7 auf das Jahr 1444, während 61 nach 1470 aus-
geführt wurden.
131 Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. 56ff., ders., Geschichte, 1952, S. 344.
 
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