216 6. Zwischen Konflikt und Konsens - die Dimensionen der Nachrichtenübermittlung
die Organisation der Informationsverbreitung in den Städten des Schweizer Raums
diesen Grad an Differenzierung nie erreicht hat, war selbst hier klar, wessen
Dienste - die eines Ratsgesandten, Weibels, Reiters oder Läufers - die städtischen
Räte bei der Verteilung ihrer Aufträge beanspruchen würden. Denn der Herr-
schaftsakt vollzog sich in einer vormodernen Gesellschaft durch den öffentlichen
Auftritt vor allem aber das Vorlesen der mitgebrachten Schriftstücke durch den Ge-
sandten, Weibel oder Läufer vor Ort. Informationsräume, die auf dieser Tätigkeit
von Amtsträgern beruhten, waren daher vor allem Abbild der Tätigkeit von Gre-
mien, die ihre Informationen gezielt verbreiten wollten. Allen Gremien und Herr-
schaftsträgern war jedoch bewusst, dass sich Information auch ohne und manch-
mal sogar gegen ihren Willen verbreiteten.
6.2. Nachrichtenübermittlung als Herrschaftsinstrument -
Kontakte mit dem Untertanengebiet
6.2.1. Bedeutung und Grösse der Territorien im Überblick
Die hohe Intensität und Vielfalt der Kommunikation mit dem Untertanengebiet
hatte in den Städten der westlichen Eidgenossenschaft mehrere Gründe, die alle mit
der Bedeutung des Territoriums für die einzelnen Gemeinwesen zusammenhin-
gen. In erster Linie erhöhte ein landschaftlicher Zugewinn nicht nur die eigene
Wehrkraft, sondern vergrösserte auch die Einkünfte und somit die wirtschaftliche
Stellung der Stadt, was nicht zuletzt dem ansässigen Gewerbe zugute kam, falls es
ihm gelang, sein Absatzgebiet auf die Landschaft auszuweiten. Der Aufbau einer
abhängigen Landschaft und die damit verbundenen Möglichkeiten bildeten die Ba-
sis für eine funktionierende städtische Autonomie sowie die Umsetzung von
Machtansprüchen gegenüber anderen lokalen Mächten und innerhalb übergeord-
neter Bündnisse.13 Aufgrund ihrer unterschiedlichen herrschaftsrechtlichen Bedin-
gungen sowie ihrer der geographischen Lage kamen die Vorteile der Territorial-
herrschaft in Bern, Freiburg i. Ue. und Solothurn auf unterschiedliche Weise zum
Tragen. Im Stadtstaat Bern wurde das rasch wachsende Territorium zur Grundlage
politischer Ambitionen, sowohl gegenüber seinen Nachbarn als auch in der achtör-
tigen Eidgenossenschaft und darüber hinaus. Freiburg i. Ue. gelang es trotz seinem
kleinen, jedoch verkehrsstrategisch günstig gelegenen Gebiet auch im 15. Jahrhun-
dert seine Position als Handelsstützpunkt gegenüber seinen Nachbarn Savoyen
und Bern zu behaupten. Derweil kämpfte Solothurn hartnäckig um den Aufbau
seiner Landschaft, die wegen territorialer Ansprüche des finanzkräftigeren Basel
und des mächtigeren Bern noch im 15. Jahrhundert nur auf einen verhältnismässig
schmalen Streifen zwischen Aare und Jura beschränkt blieb. Zu überregionaler
Geltung kam Solothurns Territorium allerdings als Reservoir für das Söldnerwe-
13 Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. Ulf. Für Bern siehe: Endres, Nürnberg und Bern, 1990.
die Organisation der Informationsverbreitung in den Städten des Schweizer Raums
diesen Grad an Differenzierung nie erreicht hat, war selbst hier klar, wessen
Dienste - die eines Ratsgesandten, Weibels, Reiters oder Läufers - die städtischen
Räte bei der Verteilung ihrer Aufträge beanspruchen würden. Denn der Herr-
schaftsakt vollzog sich in einer vormodernen Gesellschaft durch den öffentlichen
Auftritt vor allem aber das Vorlesen der mitgebrachten Schriftstücke durch den Ge-
sandten, Weibel oder Läufer vor Ort. Informationsräume, die auf dieser Tätigkeit
von Amtsträgern beruhten, waren daher vor allem Abbild der Tätigkeit von Gre-
mien, die ihre Informationen gezielt verbreiten wollten. Allen Gremien und Herr-
schaftsträgern war jedoch bewusst, dass sich Information auch ohne und manch-
mal sogar gegen ihren Willen verbreiteten.
6.2. Nachrichtenübermittlung als Herrschaftsinstrument -
Kontakte mit dem Untertanengebiet
6.2.1. Bedeutung und Grösse der Territorien im Überblick
Die hohe Intensität und Vielfalt der Kommunikation mit dem Untertanengebiet
hatte in den Städten der westlichen Eidgenossenschaft mehrere Gründe, die alle mit
der Bedeutung des Territoriums für die einzelnen Gemeinwesen zusammenhin-
gen. In erster Linie erhöhte ein landschaftlicher Zugewinn nicht nur die eigene
Wehrkraft, sondern vergrösserte auch die Einkünfte und somit die wirtschaftliche
Stellung der Stadt, was nicht zuletzt dem ansässigen Gewerbe zugute kam, falls es
ihm gelang, sein Absatzgebiet auf die Landschaft auszuweiten. Der Aufbau einer
abhängigen Landschaft und die damit verbundenen Möglichkeiten bildeten die Ba-
sis für eine funktionierende städtische Autonomie sowie die Umsetzung von
Machtansprüchen gegenüber anderen lokalen Mächten und innerhalb übergeord-
neter Bündnisse.13 Aufgrund ihrer unterschiedlichen herrschaftsrechtlichen Bedin-
gungen sowie ihrer der geographischen Lage kamen die Vorteile der Territorial-
herrschaft in Bern, Freiburg i. Ue. und Solothurn auf unterschiedliche Weise zum
Tragen. Im Stadtstaat Bern wurde das rasch wachsende Territorium zur Grundlage
politischer Ambitionen, sowohl gegenüber seinen Nachbarn als auch in der achtör-
tigen Eidgenossenschaft und darüber hinaus. Freiburg i. Ue. gelang es trotz seinem
kleinen, jedoch verkehrsstrategisch günstig gelegenen Gebiet auch im 15. Jahrhun-
dert seine Position als Handelsstützpunkt gegenüber seinen Nachbarn Savoyen
und Bern zu behaupten. Derweil kämpfte Solothurn hartnäckig um den Aufbau
seiner Landschaft, die wegen territorialer Ansprüche des finanzkräftigeren Basel
und des mächtigeren Bern noch im 15. Jahrhundert nur auf einen verhältnismässig
schmalen Streifen zwischen Aare und Jura beschränkt blieb. Zu überregionaler
Geltung kam Solothurns Territorium allerdings als Reservoir für das Söldnerwe-
13 Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. Ulf. Für Bern siehe: Endres, Nürnberg und Bern, 1990.