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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0195

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5. Die Übermittler unterwegs

5.2.3. Indirekte Nachrichtenübermittlung und Nachrichtennetze
Abrechnungen für fremde Boten verweisen nicht nur auf direkte Kontakte zwi-
schen den Städten eines Raumes, sondern auch auf lockere überregionale Informa-
tionsstrukturen.67 Formal zeichneten sich diese sowohl durch einfache Weiterlei-
tung von Informationen aus, die man von Dritten übermittelt erhalten hatte, als
auch durch ständig benutzte Nachrichtenlinien. Letztere funktionierten häufig
nach einem einfachen Prinzip, wobei der Bote der Stadt B eine Nachricht nach A
brachte, die seine Auftraggeber ihrerseits von einem Boten der Stadt C erhalten hat-
ten. Da solche Informationsketten zumeist ausserhalb von C begannen, musste
auch A keineswegs Endpunkt der Nachricht sein. Die geographische Verteilung
solcher Nachrichtenverbindungen war zudem nur selten zufällig. Viele bewegten
sich innerhalb der Herrschaftsräume auf bekannten Routen.68 Besonders bedeut-
same, meist nicht alltägliche Nachrichten wie etwa die Wahlen eines römischen Kö-
nigs, das Ableben weltlicher und kirchlicher Fürsten, der Ausbruch von Kriegen
oder Seuchen verbreiteten sich allerdings häufig auf diffuse Weise über die Gren-
zen politischer Räume hinaus.69 Diese unterschiedlichen, einander häufig überla-
gernden Übermittlungsweisen machten spätmittelalterliche Nachrichtennetze zu
sehr flexiblen, daher auch schwer zu charakterisierenden Gebilden, so dass sowohl
ihre Bedeutung als auch ihre Reichweite von Fall zu Fall neu eingeschätzt werden
müssen. Praktisch gesehen konnte jede Stadtführung aufgrund eingegangener
Meldungen auf diese Weise Informationen verbreiten. Wie weit anschliessend die
Nachrichten getragen wurden, hing vom Übermittler und vom politischen Willen
des Empfängers ab, der selber entscheiden musste, ob und an wen sich allenfalls die
Weitergabe der übermittelten Information lohnte. Nachrichtennetze lassen sich
demnach am ehesten an bestimmten Ereignissen festmachen.70 Die Verteilung der
Nachrichten erfolgte dabei über Kanäle die man durchaus als gewohnheitsbasiert
bezeichnen kann; sei es dass sie auf Bündnissen oder auf persönlichen Beziehun-
gen zwischen einzelnen Räten beruhten.
Die einfachste Form indirekter Übermittlung zwischen Städten eines Raumes
bestand in der Ausnützung übermittlungstechnischer Synergien. Dies lief meist auf
eine Mitbenutzung der Übermittler des Verbündeten hinaus, wenn diese verfügbar
waren und das gleiche Ziel hatten. Dass es dabei nicht um dringliche Nachrichten
ging, liegt auf der Hand. Für Bern und Freiburg i. Ue. wird solches etwa aus den
Freiburger Rechnungsquellen des 15. Jahrhunderts ersichtlich. So etwa im Fall des
Freiburger Läufers Rolet Rieschi, der 1441 nach Bern entsandt wurde, wo er auf
Bitte des Berner Rates einen weiteren Brief für den Bischof von Basel mitnahm, den
er ihm zusammen mit der Freiburger Korrespondenz in Delemont überreichte.71
Auch der Freiburger Cristan Kolli wurde noch 1499 mit brieffin beyder stetten nanien
67 Monnet, Rue, 2001, S. 81-85, Hübner, Innovationen, 2001, S. 324.
68 Für das gleiche Phänomen siehe auch: Jörg, Kommunikative Kontakte, 2005, S. 79-89.
69 Vgl. Kap. Raumwirkung und Informationspolitik, Schaffer, Geschwindigkeit, 1985, S. 102f.
70 Seggern zeigt die unterschiedlich schnelle Verbreitung solcher Nachrichten etwa an der Hoch-
zeit Karls macht Kühnen mit Margaretha von York (1468) und an der misslungenen Königskrö-
nung Karls in Trier (1473), siehe: Seggern, Herrschermedien, 2003, S. 273-277,312-329.
71 Item a Rueschi trammis a berna et dix berna a telsperg ala requesta de cellours de berna porteir une l(ett)
re vert monss levesque de bala per vii jours - xlix s, in: StaFR, CT 78 (1441/11), S. 23.
 
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