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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0058

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2.2. Die Akten der Verfassungs- und Verwaltungsentwicklung

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2.2. Die Akten der Verfassungs- und Verwaltungsentwicklung

Diese Quellen beleuchten den Entwicklungstand der städtischen Autonomie und
Administration, verfolgen aber auch die Genese eines Amtes und allfällige Verän-
derungen der Stellung seiner Inhaber in der Ämterhierarchie. Für die Positionie-
rung städtischer Nachrichtenwesen sind Stadtrechte, Rats- bzw. Satzungsbücher
sowie Ordnungsbücher und Ämterlisten am aussagekräftigsten. Rechtsverbind-
lichkeiten und Normatives stand hier im Vordergrund, nicht die unmittelbare Dar-
stellung alltäglicher Funktionsabläufe, wie sie die Stadtrechnungen wiedergeben.
Gleichzeitig machen solche Quellen die Strukturen des städtischen Nachrichtenwe-
sens überhaupt erst sichtbar: Die Zuständigkeiten, Privilegierungen und Verbote,
die Ausstattung und Gratifikationen, welche Fussboten und Reitern von ihrer
Stadtführung zugestanden wurden, aber auch Konflikte, wie etwa jene um bessere
Bezahlung der zumeist kärglich entlohnten Aufträge.
Der wichtigste Unterschied zu den Rechnungsquellen liegt in der formalen
Vielfalt, ausserdem im Umfang und der Ausführlichkeit der Verschriftlichung - zu-
mal gewisse Akten in manchen Städten nicht geführt wurden, oder nicht geführt
werden mussten. Hinter der gleichen Bezeichnung kann sich ferner ein anderer In-
halt verbergen, mit den entsprechenden Konsequenzen für den Aussagewert der
Quelle. Während es im 15. Jahrhundert im Reichsgebiet praktisch keine Stadt gab,
die aufgrund der finanziellen Belastung, die Aussenkontakte verursachten, in ih-
ren Stadtrechnungen nicht zumindest Fisten für Fäuferdienste einrichtete, wurden
solche in Stadtrechten nur am Rande angesprochen. Als Zeugnisse der rechtlich-
administrativen Handlungsfähigkeit des Rates sind Satzungs- oder Ordnungsbü-
cher ergiebiger. Doch auch diese enthalten nicht immer Einträge zu Gesandtschafts-
oder Botenwesen. Sogar Eidbücher und Ratslisten erwähnen zuweilen weder Boten
noch Fäufer, obschon solche zeitgleich in den Stadtrechnungen auftauchen. Auf-
schlussreich sind hingegen Eidbücher. Da sie häufig neu verfasst oder erweitert
wurden, lässt sich an ihnen nicht nur der Schritt von der mündlichen Regelung zur
schriftlichen Normierung der am Nachrichtenwesen beteiligten Ämter nachvoll-
ziehen, sondern auch der Wandel der zeremoniellen, administrativen und juristi-
schen Aspekte, die mit dieser Übermittlung zusammenhingen.

2.2.1. Stadtrechte
Stadtrechte gehörten bislang zu den wenig beachteten Quellen in der Botenfor-
schung, gerade weil Aussenkontakte und insbesondere Gesandtschaften in der
Frühzeit der Städte nur wenige Regelungen brauchten. Noch im 13. Jahrhundert
handelte es sich dabei meistens um wenig formalisierte Begegnungen zwischen
den Exponenten der politischen Eliten, die in ihren Verhandlungen selten private
Interessen von städtischen Anliegen trennten.50 Dieses an Einzelpersonen gebun-

50 Zur Übersicht siehe: Kintzinger, messageries, 2008, S. 191-230.
 
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