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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0135

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4. Die Akteure aus dem städtischen Dienstpersonal

über die neuesten Entwicklungen im Zusammenhang mit Peter von Hagenbach ze-
berichten.196 Andererseits holten sie aber auch mündliche Informationen ein, wie
etwa Hans Mörli, der 1477 ebenfalls nach Bern geritten war, um sich über eine ge-
plante Gesandtschaft zum französischen König zu erkundigen.197 Dass dies mitun-
ter im Graubereich zwischen offizieller Einvernahme und inoffizieller, an Spionage
grenzender Informationsbeschaffung geschah, deuten Verben wie zeerfarn, zebese-
chen oder zeerkunden an, die bei solchen Aufträgen immer wieder in den Rech-
nungsquellen gebraucht werden.198 Kundschafteraufträge solcher Art tauchen meis-
tens in kriegerischem Kontext auf. Am harmlosesten war vermutlich noch die
Aufgabe von Conrad von Ried, der 1474 nach Biel ging, um zeerfarn, wie die dorti-
gen Kontingente nachts im Tremelberg vorangekommen waren.199 Einen etwas hö-
heren Grad an Diskretion darf im Fall von Hans Mörli vermutet werden, der 1479
nach Burgdorf ritt, um zebesechen, ob die Berner und Freiburger ihre zusätzlichen
Fähnlein bereits nach Bellinzona losgeschickt hatten, damit die Solothurner Stadt-
führung reagieren konnte.200 Eine vergleichbar diskrete Aufgabe oblag 20 Jahre spä-
ter auch dem Reiter Urs Sylberisen, der vor der Schlacht von Dörnach nach Liestal
geritten war, um zeerkunden, wie weit die feindlichen Truppen vorgestossen waren
und ob sie bereits Möutier erreicht hatten.201 Diese, in keiner anderen Stadt so breit
abgestützte Partizipation niederer Amtsträger - vor allem der Weibel und Reiter -
an obrigkeitlichen Handlungsabläufen war in Solothurn Produkt der flacheren so-
zialen Hierarchie zwischen den niedrigsten und den höchsten Amtsinhabern. Letz-
teres widerspiegelt die spezifische Verfassungslage der Stadt.

4.4. An der Grenze zwischen Gesandten und Reitern - Bendict Fry,
der Solothurner »Gemeinmann«

In Solothurn waren nicht nur die Kompetenzgrenzen zwischen unvereidigten Bür-
gern und Stadtreitern fliessend, sondern teilweise auch jene zwischen Reitern und
Gesandten der Obrigkeit. Bereits in den frühen 1450er Jahren wurden Mitglieder
derselben Familie mehrfach in beiden Funktionen eingesetzt: Der eine als niederer
Amtsinhaber, der andere als Bote oder Ratsgesandter. So zum Beispiel die Familie
Fröuwin: Während Cunrat Fröuwin zwischen 1450 und 1453 als Weibel tätig war.

196 Item conrat von ried viplap gen bern sy zeberichten von hagenbachs wegen, in: StaSO, BB 25/21 (1474),
S. 111.
197 Item mörlin xii s gen bern sich zerkunen als man zum Hing wollt, in: StaSO, BB 25/22 (1477), S. 108.
198 Siehe dazu Kap. Übermittler als Kundschafter, Geheimboten und Spione.
199 Item conrat von ried x s gen biel zeerfarn wie sy es im tremelberg nachtz geschafft hand, in: StaSO, BB
25/21 (1474), S. 114.
200 Item hensli mörli i Ib iiiis gen burgdorff zebesechen ob miner herren von bern undfryburg mit ir vennli in
den zusatzgen beiletz zugen, in: StaSO, BB 25/23 (1479), S. 114.
201 Item urs silberysen yst gerittem gan liestal sich zeerkunden ob dye vyend zu (Munster) sigen oder nitt
mit einem nachtritt xxx s und den tag xv s dut in ein summ ii lib v s, in: StaSO, BB 25/40, (1498/99),
S. 118.
 
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