Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0064

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2.2. Die Akten der Verfassungs- und Verwaltungsentwicklung

51

2.2.4. Ämterbücher, Ratslisten, Osterbücher und Burgerrodel
Jährlich angelegte Listen, die einerseits die Namen aller Kleinen Räte und der Mit-
glieder der Bürgerversammlung enthalten, andererseits aber auch alle vereidigten,
städtischen Amtsträger aufzählen, entstanden zur gleichen Zeit wie Eidbücher.
Während bereits die Rats- oder Stadtbücher des 14. Jahrhunderts gelegentlich Lis-
ten mit den Namen von Ratsmitgliedern enthielten, wurde die regelmässige Erfas-
sung von niederen Amtsträgern in den meisten Städten erst zwischen 1400 und
1450 vorgenommen. Der Hauptgrund war zunächst rein finanzieller Art: Die noto-
risch überschuldeten Städte versuchten auf diese Weise den Überblick über alle Be-
züger finanzieller und materieller Leistungen zu wahren. Ein frühes Beispiel dieser
Absicht zeigt sich etwa an Basel, wo das älteste Lohnverzeichnis der Amtleute be-
reits 1357 im Roten Buch angelegt wurde.79 Eine vergleichbare Nähe dieser Ratslis-
ten zu den Akten der Finanzverwaltung lässt sich auch im Fall von Solothurn nach-
weisen; hier waren die Verzeichnisse der städtischen Amtleute bis zur Einführung
separater Akten in den 1490er Jahren Bestandteil der Stadtrechnungen.80 Wie sich
den Ämterbüchern aus dem eidgenössischen Westen und Luzerns entnehmen lässt,
wurden allerdings nicht nur vollamtliche Nutzniesser städtischer Dienstleistungen
erfasst: Die Berner Burgerrodel der 1430er Jahre enthalten einerseits die regulär ver-
eidigten und damit lohnpflichtigen Amtsträger, andererseits auch solche, die kein
Anrecht auf das vierteljährliche Fastengeld hatten, jedoch bereits zum regelmässig
eingesetzten, jedoch minimal regulierten städtischen Dienstpersonal gehört ha-
ben.81 Angaben zu materiellen Vergütungen, wie Kleidung, Getreide oder Wein, wie
man sie aus den Lohnlisten der Finanzverwaltung kennt, werden darin allerdings
nicht gemacht. Darüber hinaus sind Ratslisten aber auch Zeugnisse für die Verfesti-
gung bestehender Verwaltungsstrukturen, zumal sie die Namen aller Personen
nennen, die in den Augen der Stadtführung als besonderes vertrauenswert angese-
hen wurden. Manch eine Beziehung zwischen Räten, Verwaltung und Bürgerschaft
wird auf diese Weise offenbar.
Ihre Interpretierbarkeit hat aber auch klare Grenzen: Während in Bern, Frei-
burg im Uechtland, Luzern und Solothurn offenbar ein Konsens darüber herrschte,
dass in Ämter- bzw. Osterbüchern der Name und die jeweilige Funktion der betref-
fenden Personen aufgeführt wird, liessen sich in anderen Städten aus der Erfassung
von Amtsträgern und Zugewandten keineswegs so deutliche Schlüsse ziehen. Das
Beispiel der städtischen Läufer ist hierfür typisch: Sowohl der älteste Berner Bur-
gerrodel von 1435 als auch sein Freiburger Gegenstück, das Besatzungsbuch von
1448 erwähnen neben Weibeln und Reitern auch Stadtläufer, was ein Hinweis auf
die entsprechend differenzierte Organisation seines Nachrichtenwesens ist.82 Glei-
ches lässt sich über die Solothurner Ämterlisten des ausgehenden 15. Jahrhunderts
79 Bernoulli, Lohnverzeichnisse, 1916, S. 294f.
80 Bereits die älteste erhaltene Rechnung von 1438 enthält die Löhne aller regulär vereidigter Amt-
leute vom Stadtschreiber bis zu den Weibeln und Pfeiffern; StaSO BB 25/1 (1438), S. 40-42.
81 Zu dieser Gruppe gehörten in den 1440er Jahren etwa die städtischen Pfänder, die zunächst nur
pro Auftrag entlohnt wurden, siehe dazu: StaBE, B XIII 482a, Burgerrodel (1435, 1436, 1438,
1440).
82 StaBE, B XIII 482a, Burgerrodel (1435, 1436, 1438, 1440), Besatzungsbuch 1 (1448-1475), 1448:
S. 53.
 
Annotationen