Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0202

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5.3. Ein ganz normaler Funktionsablauf

189

zwischen schnellen Postdiensten, die nur Schriftgut überbrachten und dem städti-
schen Dienstpersonal, welches auch repräsentative Aufgaben hatte, scheint jedoch
stattgefunden zu haben. In der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft bildete sich das
Amt des Standesläufers heraus, eine Abwandlung des Städteboten, zu dessen Auf-
gaben sowohl das Korrespondenzwesen als auch diplomatische Aufträge gehörten.112
Spätmittelalterliche Übermittlung bestand in der Kombination verschiedenster Mög-
lichkeiten. Sie reichte von der direkten Weitergabe von Nachrichten zwischen zwei
Korrespondenten, über das Weiterleiten von Nachrichten Dritter an weitere Empfän-
ger und die Mitbenutzung der Übermittler verbündeter Mächte, bis hin zu den vielen
Formen der Botenstafetten. Die Vielfalt dieser Möglichkeiten war es letztlich, welche
die so entstandenen lockeren Nachrichtennetze effizient und erstaunlich erfolgreich
machte-egal ob Einzelaufträge, Reihenbriefe oder besonders dringende Neuigkeiten
über Nachrichtenketten verbreitet wurden. Allerdings hatte auch dieses offene Sys-
tem seine Grenzen. Sie wurden von den politischen Möglichkeiten der Städte be-
stimmt und waren im Falle von Botenstafetten vor allem finanzieller Art. Zudem
führte die Bevorzugung gut erschlossener Verkehrsräume und das Meiden geogra-
phischer Hindernisse wie etwa des Gebirges zu einer unregelmässig schnellen Ver-
breitung von Nachrichten.113 Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der Einsatz von
Botenstafetten durch die Berner auch als Versuch zu sehen, den funktionierende
Nachrichtenaustausch mit dem eigenen Umland, auch in Kriegszeiten und bei der
Überwindung von zwei Alpenketten zu gewährleisten.114

5.3. Ein ganz normaler Funktionsablauf

Bevor wir uns den formalen Einflüssen zuwenden, die auf die vormoderne Nach-
richtenübermittlung einwirkten, soll nochmals verdeutlicht werden, welche Sta-
dien eine Nachricht durchlaufen hat, bevor sie - hoffentlich - ihren Empfänger er-
reichte. Sieht man davon ab, dass Boten einen Teil ihrer Aufträge während einer
auswärtigen Gesandtschaft oder in der Feldkanzlei eines Heereslagers entgegen-
nahmen, gingen die meisten Übermittlungsaufträge auf Sitzungen der städtischen
Räte zurück. Im 15. Jahrhundert war die Sitzungshäufigkeit des Rats in den meisten
Städten - in Friedenszeiten - an bestimmte Tage gebunden. In Solothurn wurden
Wirte in einer Satzung von 1490 angehalten, Abrechnungen für ins Rathaus gelie-
ferte Speisen uff den mentag und den fryttag zu verlangen, da dies die rats tag seien
und der Rat dann Gäste zu bewirten habe.115 Auch der Berner Rat trat in den 1470er

den zu lassen. Ferner enthält die besagte Satzung auch Anweisungen für den Fall, dass der
Fäufer während der Ausführung seines Auftrages erkranken sollte, siehe: SSRQ Bern 5, S. 115f.,
Anm. 2.
112 Siehe Kap. Epilog, Botenwesen als Vorläufer von Postdiensten?
113 Hübner, Cito quam fas, 2010, S. 88.
114 Siehe Kap. Sicherheit der Übermittlung - Krieg gegen Boten und Briefe.
115 SSRQ Solothurn 2, S. 88.
 
Annotationen