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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0119

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4. Die Akteure aus dem städtischen Dienstpersonal

In anderen Städten, etwa Luzern oder Freiburg i. Ue., blieb Gesandtenbeglei-
tung bis ins frühe 16. Jahrhundert Sache der Weibel, seltener der Läufer, denen in
diesem Fall ein Pferd gestellt wurde.92 In der niederen Stadtverwaltung von Frei-
burg i. Ue. sind im ganzen 15. Jahrhundert keine offiziellen chevaucheurs oder che-
vaucheurs d'escurie belegt, dafür soutiers, die diese Aufgabe übernahmen.93 Noch um
1503 zeigt sich diese Amttradition im Läufereid, der auch von den erstmals erwähn-
ten Reiter geschworen wurde.94 Auch in Luzern wurde ein eigenes Reiteramt nicht
gebraucht. In einer Satzung vom 20. August 1432 macht der Luzerner Rat deutlich,
dass hier die Begleitung von Ratsgesandten zu den Aufgaben der Stadtweibel ge-
hörte.95

4.3.2. Der »Reiter« als Begriffsproblem
Trotz der langen Phase der Institutionswerdung dieses Dienstamtes - die beinahe
überall auf Kostengründe zurückzuführen ist - darf nicht vergessen werden, dass
die Bezeichnung »Reiter« für einen berittenen Überbringer vielerorts lange vor sei-
ner erster schriftlicher Erwähnung verbreitet war. Wie im Fall der Läufer und Wei-
bel blieb der Begriff auch später ohne weitere Differenzierungen in Gebrauch. Dies
führt in der heutigen Forschung zu Unklarheiten: Denn unter der Bezeichnung ry-
ter, rittend botte, uberreiter oder botte konnten nicht nur diverse Ratsgesandte und
niedere Amtsträger subsumiert werden, sondern auch Bürger, die aufgrund ihrer
Bürgerpflichten zu Übermittlerdiensten herangezogen wurden.96 Da solcherlei bei
den Stadtbewohnern nicht gerade beliebt war, fand es gelegentlich auch Nieder-
schlag in den Stadtsatzungen. Dies zeigt der Vermerk über unwillige hotten aus dem
Schaffhauser Stadtbuch von 1385, welcher sich nicht auf Ratsboten oder anderweiti-
ges Stadtpersonal bezieht, sondern auf das Widerstreben der Bürger. Die Verweige-
rung der Übernahme von Reiterdiensten wurde deshalb auch mit dem verhältnis-
mässig hohen Bussgeld von ain phunt phennig schaffhuser muntz belegt.97
Die Konstanzer Reiterordnungen des 15. Jahrhunderts geben über die zu Rei-
terdiensten Verpflichteten differenzierter Auskunft.98 Begrifflich wurde hier klar
zwischen einfachen, spontan aufgebotenen ritenden hotten, den soldnern, welche als
Äquivalent zu den Stadtreitern bzw. Weibeln eidgenössischer Städte angesehen
werden können, und den als mutz hotten bezeichneten Ratsgesandten unterschie-

geritten mit einer missifgan bern nachtz i lib iiii s, S. 117, Item aber ist er von gemain (Eidgenossen-
schaft) her uff geritten minen Herrn Warnung zu thun i tag und i nacht tut ii lib V s, S. 120.
92 Siehe Kap. Übermittler unterwegs, Reise(hilfs)mittel und Infrastrukturfragen.
93 Vgl. Kap. Weibel, Entstehung, Amtsbegriff und Zuständigkeiten.
94 Vgl. StaFR, Livre auxiliaire 114, Eidbuch 3 (1503 - bis Ende ancien regime). Der ryternn unnd
louffendenn botten eyd, fol. 36/2
95 Item von der weiblen wegen haben wir uns erkent, dz si mit nieman soellent ritten an urloub. Und wenn
jr deheiner rit mit unsren botten, der sol dar umb sinen wuchenlon nit verloren han. [...], in: SSRQ Lu-
zern 2, Nr. 185, S. 155.
96 Siehe Kap. Botenwesen - avant la lettre.
97 Umb botten, die nit varen went von gemainer statte wegen, so man in es je gehütet, In: Stadtbuch 1385,
SSRQ Schaffhausen 2, Nr. 25, S. 16, Vgl. auch Kap. Botenwesen - avant la lettre.
98 StaKN, B18, Ratsbücher (1451-1458), fol. Ir, Ordnung wie dz [...] riten sond, und wz man inen sold
git, ritende boten der stadt (2. Juli 1442) und B111, Ratsbücher (1459-1467), fol. Ir.
 
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