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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0242

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6.3. Im Netz gegenseitiger Abhängigkeiten - Kontakte zu den nächsten Verbündeten 229

6.3. Im Netz gegenseitiger Abhängigkeiten - Kontakte zu den
nächsten Verbündeten

Stellt man die Häufigkeit der Nachrichtenkontakte zwischen den städtischen Herr-
schaftsträgern im Westschweizer Raum jener zu den Orten in der eigenen Land-
schaft gegenüber, so fällt auf, dass sie sich auf wenige Zentren verteilten. Dafür war
die Intensität des Nachrichtenaustausches umso höher. Schon seit dem ausgehen-
den 14. Jahrhundert konzentrierte sich das Berner Nachrichtenwesen auf die beiden
grössten Nachbarstädte Solothurn und Freiburg i. Ue. So taucht Solothurn bereits in
den 1370er und 1380er Jahren 257 Mal auf den Berner Abrechnungslisten für Boten-
dienste zu Fuss auf, was auf die territorialen Umwälzungen im westlichen Mittel-
land zurückzuführen ist. Gleiches galt auch für Freiburg i. Ue., welches im selben
Zeitraum mindestens 131 Mal in den Berner Rechnungsquellen genannt wird. Ab-
gesehen von den 1440er Jahren, als aufgrund des Alten Zürichkrieges kurzfristig
Basel zum häufigsten Ziel Berner Übermittler wurde, blieb der Nachrichtenaus-
tausch mit beiden Städten auch im 15. Jahrhundert ähnlich intensiv - und das trotz
mehrerer, zum Teil gewichtiger Konflikte. Er nahm im ersten Drittel des 16. Jahr-
hunderts sogar noch zu.84 In den 33 erhaltenen Halbjahresrechnungen aus dem
Zeitraum von 1503 bis 1527, taucht Solothurn 406 Mal, Freiburg i. Ue. sogar 517 mal
als Ziel auf - was rund einem Briefwechsel pro Woche entsprach.85
Auch in Solothurn standen die Kontakte zu Bern im gesamten 15. Jahrhundert
an erster Stelle, noch vor jenen zum ebenso bedeutenden Basel. Allein im Untersu-
chungszeitraum zwischen 1438 und 1500 bezogen sich mindestens 601 Botengänge
auf dieses Ziel.86 Eine ähnlich starke Ausrichtung auf Bern lässt sich trotz des eher
sporadischen Einsatzes von Übermittlern auch in Freiburg i. Ue. nachweisen. Zwi-
schen 1430 und 1527 wurde es in den Botenrechnungen 380 Mal als Ziel genannt.
Ebenfalls häufig, nämlich rund 112 Mal waren Freiburger Boten nach Solothurn un-
terwegs, während Solothurner Übermittler ihrerseits 74 Mal direkten Nachrichten-
kontakt mit der Führung der Saanestadt hatten. Dieser Nachrichtenaustausch wäre
allerdings kaum so regelmässig geblieben, wenn die Städte nicht zahlreiche Rechts-
vereinbarungen verbunden hätten. Regelmässige Kontakte waren Zeichen dieser
gegenseitigen Bindungen, die zwischen den Städten nicht nur bis ins 13. Jahrhun-
dert, sondern auch periodisch erneuert wurden - was für die Wahrung des nach-
barschaftlichen status quo unabdingbar war: Geregelt wurde so die Verwaltung ge-
84 Zwischen 1430 und 1454 war Basel mit 113 das bedeutendste Ziel Berner Boten. Dies hing weni-
ger mit den üblichen finanziellen Verbindungen zwischen beiden Städten zusammen, als mit
den Geschehnissen, die zur Schlacht bei St. Jakob an der Birs führten. Auf den entscheidenden
Zeitraum zwischen 1443 und 1445 entfielen allein 45 Botengänge. Siehe auch: Stettler, Eidge-
nossenschaft, 2004, S. 152-167, Berger, Zürichkrieg, 1978, S. 115-133.
85 Zwischen 1375 und 1384 war Solothurn 257 mal, Freiburg 131 mal, zwischen 1430 und 1454 war
Solothurn 76 mal, Freiburg 80 mal, zwischen 1503 und 1527 war Solothurn 406 mal, Freiburg 517
mal Ziel Berner Übermittler.
86 Der berücksichtigte Zeitraum verteilt sich auf die Jahre 1438-1450, 1470-1485/86 sowie
1499/1500. Im diesen Jahren wurde Basel 228 mal als Botenziel abgerechnet.
 
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