Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0223

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
210

5. Die Übermittler unterwegs

5.6.3. Übermittler und Wirtshäuser
Die umfassenden Unterkunfts- und Dienstleistungsmöglichkeiten, die von Wirts-
häusern angeboten wurden, nahmen Nachrichtenübermittler nur selten wahr.
Auch wenn die Wirtshausdichte etwa im westlichen Teil des Schweizer Mittellan-
des besonders hoch war, hatten diese noch im 15. Jahrhundert nur für Ratsgesandte
Bedeutung.225 Insbesondere städtische Gasthäuser spielten für die Verhandlungen
zwischen Gesandtschaften häufig eine wichtige Rolle.226 Ausserhalb der Städte wa-
ren sie erst im Zeitalter fester Postlinien für Nachrichtenübermittler bedeutsam.
An den Hauptrouten wurden sie Etappenort der Postreiter.227 Da die meisten Boten-
gänge zu Fuss im Spätmittelalter auf einen Tag angelegt waren, nutzten die Über-
mittler überwiegend Verpflegungs- und Unterkunftsmöglichkeiten an den Zielor-
ten.228 Die Verköstigung auswärtiger Übermittler beruhte in Städten, die über keine
direkt an das Ratshaus angrenzende Wirtsstube verfügten, zumeist auf Abmachun-
gen zwischen ansässigen Gastwirten und dem Rat, die letzterem periodisch Rech-
nungen stellten. Auch diese Zehrgelder wurden jedoch nicht jedem Boten ausge-
geben und müssen daher eher als Gratifikation für besondere Dienste verstanden
werden. In den Solothurner Rechnungsquellen betrug die Höhe der Zehrgelder für
Fussboten im 15. Jahrhundert 3 bis 4 Schilling Solothurner Währung, was sehr
wahrscheinlich ein Nachtmahl und eine Übernachtung mit einschloss. Solches
wurde 1438 etwa einem Boten des Herren von Grünenberg zuteil.229 Ein Reiter, der
dem Solothurner Rat im selben Jahr einen Brief aus Euzern gebracht hatte, erhielt
hingegen eine Übernachtung im Wert von 7 Schilling, worin auch Pferdefutter und
die Unterbringung des Reittieres enthalten waren.230 Ratsgesandte, die auf gleiche
Weise unterwegs waren, erhielten zumeist acht und mehr Schilling am Tag.231
Bei längeren Aufenthalten sowie bei Reisen, die mehr als eine Übernachtung
erforderten, mussten sich Übermittler mit Wartegeldern begnügten, die im Gegen-
satz zu den Ausgaben mancher Gesandtschaften verhältnismässig bescheiden wa-
ren.232 So wurden dem Konstanzer Zuboten Hans Räm, der 1443 auf einem Nacht-
gang nach Überlingen wegen Abwesenheit des Bürgermeisters unvorhergesehen

225 Kümin, Wirtshaus, 2007, S. 339f.
226 Siehe dazu etwa: Rüther, Integration, 2009, S. 12, Kümin, Friede, 2005, S. 131-139, zu weiteren
Funktionen des Gasthauses als öffentlichem Ort vgl. Peyer, Gastfreundschaft, 1987, S. 246-254.
227 Kümin, Wirtshaus, 2007, S. 339.
228 »Botenhäuser«, wie sie in Lüneburg (1334), Köln (1460) oder Nürnberg (Haus Zur guldnen Gans,
Ende 15. Jh.) belegt sind, hat es in eidgenössischen Städten offensichtlich nicht gegeben, siehe:
Monnet, Rue, S. 72.
229 Item her Wilhelms von grünemberg hott hatt verzert iiii s, in: StaSO, BB 25/1 (1438), S. 40., Als mögli-
che Referenz für die Höhe der Übernachtungsgelder siehe auch: Bartlome, Die Rechnungsbü-
cher, 1988, S. 91f.
230 Item ein hott von lutzern bracht i briefverzart vii s, in: StaSO, BB 25/1 (1438), S. 40.
231 Ein Gesandter aus Aarau erhielt 1454 etwa 10 Schilling. 1471 / 73 wurden ein Ratsgesandter aus
Baden sogar für 15 Schilling und 4 Pfennig Solothurner Währung verköstigt, siehe: StaSO, BB
25/8 (1454), S. 87, BB 25/20 (1471/73), S. 194.
232 Für die Höhe der Wartegelder siehe auch Kap. Stadtläufer, Löhne, Wartegelder und allerlei Ge-
schenke.
 
Annotationen