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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0140

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4.5. Der statt Sachen und geschafft getruwlich ze fertigen

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4.5. Der statt Sachen und geschäfft getruwlich ze fertigen - die
Stadtläufer, Hauptträger eidgenössischer Nachrichtenübermittlung

4.5.1. Die eidgenössischen Läufer im Vergleich
Zu den erstaunlichsten Eigenarten der Nachrichtenwesen im eidgenössischen
Raum gehörte die zu Beginn des 16. Jahrhunderts ausserordentlich starke Präsenz
von Fussboten. Dies galt sowohl im alltäglichen Nachrichtenverkehr, als auch in
den logistisch anspruchsvolleren Krisenzeiten. Noch zur Zeit der Kappeier Kriege
zu Beginn der 1530er Jahre unterhielten die Berner angeblich eine Fussbotenstafette
zwischen Wynigen und Bern.225 Eine derartige Popularität genossen Stadtläufer im
mittel- und oberdeutschen Raum ausgangs 15. Jahrhundert bereits nicht mehr.
Durch den teilweise ausgeprägten Einfluss adeliger Vorbilder oder der stets auf Ge-
schwindigkeit bedachten Kaufleute hatten ihnen die repräsentativeren und schnel-
leren Stadtreiter buchstäblich den Rang abgelaufen. Am stärksten war diese Ten-
denz in den grossen Reichsstädten. In Frankfurt, das oft Ziel- und Aufenthaltsort
des Reichsoberhauptes war, fand eine spezifische Differenzierung statt: Speziali-
sierte berittene Boten waren nur für den Nachrichtenverkehr mit Kaiser oder König
zuständig.226 In Nürnberg waren es die durch den Handel geförderten, berittenen
Ordinarii-Boten, die mit ihren festen Botenkursen zwischen der Stadt und Venedig
nach 1484 zum Vorbild der kaiserlichen Post wurden.227 Zur selben Zeit sind wohl
noch Fussboten nachweisbar. Ihr Einsatz beschränkte sich aber auf den politisch
weniger exponierten, nahräumlichen Bereich. Tatsächlich scheint die politische
und wirtschaftliche Ausstrahlung einer Stadt für den Einsatz von Läufern entschei-
dend gewesen zu sein, wobei Städtebündnissen besonderes Gewicht zukam. Alle
seit dem 13. Jahrhundert entstandenen Bündnissysteme, der Schwäbische und Rhei-
nische Städtebund, der Bodenseebund oder auch die Vereinigung der Städte in der
Wetterau wären ohne Einsatz von Läufern undenkbar gewesen. Ihre politische
Ausstrahlung war oft begrenzt, ihre Foren zumeist locker organisiert, weshalb sich
die nach 1450 zunehmend strukturierten Schweizer Verhältnisse vermutlich am
ehesten mit den Nachrichtenmechanismen der Hansestädte vergleichen lassen. Der
hansische Raum wurde in überschaubare, wirtschaftlich und politisch verfloch-
tene Drittel eingeteilt, die untereinander enge Kontakte pflegten. Diese waren nicht
mit den lockeren Informationskreisen im Süden des Reiches vergleichbar, die 1416
angesichts der Hussitengefahr erstmals auf einem Nürnberger Reichstag angespro-

225 Müller, Fischersche Post, 1917, S. 24.
226 Zum Frankfurter Botenwesen siehe: Monnet, Courriers et messages, 2004, S. 281-308, ders.,
Jalons, 2002, S. 151-174, ders., Rue, 2001, S. 70-90, ders., Diplomatie, 2000, S. 73-101.
227 Zu Nürnberg als Nachrichtenzentrum siehe: Polivka, Nürnberg, 1998, S. 165-179, Rübsamen,
Briefeingangsregister, 1997, Sporhan-Krempel, Nachrichtenzentrum, 1968, Sessler, Botenwe-
sen, 1947, Behringer, Thurn und Taxis, 1990.
 
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