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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0227

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6. Zwischen Konflikt und Konsens - die
Dimensionen der Nachrichtenübermittlung
6.1. Botenwesen zwischen Raumpräsenz und Informationspolitik

Nachrichtenübermittlung über Boten war im Gebiet der Eidgenossenschaft auf
nahräumliche Wirkung ausgerichtet. Dazu gehörte einerseits die Information und
Verwaltung eines Stadtgebietes, andererseits der Austausch mit Allianzpartnern,
wobei die intensivsten Bindungen unter den Herrschaftspartnern eines Raumes be-
standen. Dies war keine Besonderheit: Selbst in Städten wie Frankfurt lagen die
Ziele der zwischen 1381 und 1541 erfassten Botengänge überwiegend im nahe gele-
genen Mainz, in Hanau, der Wetterau und der Landgrafschaft Hessen.1 Ähnliches
galt auch für Orte wie Augsburg, Nürnberg sowie die Hanse.2 Diese starke Konzen-
tration auf den stadtnahen Herrschaftsbereich war Folge der aussenpolitischen
Handlungsfreiheit der Städte, deren Spielraum im Vergleich zu jenem des Adels auf
militärisches und finanzielles Potenzial beschränkt blieb.3 Politische Präsenz über
den städtische Nahraum hinaus konnten die meisten von ihnen Orte nur über Städ-
tebündnisse erlangen. Gerade im 15. Jahrhundert hing der Erfolg solcher Zusam-
menschlüsse aber davon ab, ob es gelang die einzelnen Mitglieder auf wirtschaft-
licher, vor allem aber militärischer Ebene zu koordinieren. Die Anrufung
gemeinsamer politscher Ziele in den Bündnissen, die auf der Gleichheit aller Mit-
glieder beruhte, entsprach häufig eher ideellen Vorstellungen als der herrschaftli-
chen Realität.4 Die Unterschiede zwischen den Beteiligen drückten sich auch über
die Informationsverbreitung aus. Letzteres widerspiegelt sich nicht nur in ihrer di-
plomatischen Zusammenarbeit sondern etwa auch in der Reihenfolge, in welcher
sie einander informiert haben: Dass Freiburg und Solothurn zwischen dem ausge-
henden 14. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts stets unter den ersten waren, die
der Berner Rat durch seine Übermittler unterweisen liess, zeigt zweierlei: Zum Ei-
nen war sich die Stadt ihrer territorialen Vorreiterrolle im besagten Raum bewusst.5
1 Monnet, Aussenbeziehungen, 2000, S. 214.
2 Zur Organisation des Botenverkehrs im holländischen Raum, siehe: Seggern, Herrschermedien,
2003, S. 115-178, Zu Leiden, Haarlem und Mecheln, S. 218-226, zu den kommunikativen Struk-
turen zwischen den Hansestädten siehe etwa: Münger, Hanse und Eidgenossenschaft, 2001,
S. 5-48, Henn, Innerhansische Kommunikation, 1993, S. 255-268, Puhle, Botenwesen der Hanse,
1991, S. 43-56, North, Kommunikation und Raumbildung, 2002, S. 507-525, ders., Nachrichten-
übermittlung, 1991, S. 8-16.
3 Zu den unterschiedlichen Verteidigungsstrategien spätmittelalterlicher Städte siehe: Monnet,
Aussenbeziehungen, 2000, S. 209.
4 Siehe dazu etwa: Schmid, Liebe Brüder, 2009, S. 85-111, Christ, Bündnisse, 2001, S. 139-161.
5 Trotz der Konkurrenz zwischen Bern, Freiburg und Solothurn, gehörten beide zwischen 1375
und 1527 zu den häufigsten Zielen der Berner Nachrichtenboten: Im Zeitraum 1375-1384 wurde
Freiburg 131, Solothurn 231 mal aufgesucht. Aufgrund des Alten Zürichkrieges wurde Basel in
den Jahren 1430-1454 mit 113 Botengängen zum Hauptziel der Berner Informationsverbreitung.
 
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