Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0103

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Die Akteure aus dem städtischen
Dienstpersonal
4.1. So dick es notturfft ist truwlichen zu dienen: Weibel und
Ratsknechte - die städtischen Allrounder.

4.1.1. Entstehung, Amtsbegriff und Zuständigkeiten
Während sich die Ämter des Reiters oder Läufers vielerorts erst im 14. Jahrhundert
entwickelt haben, lässt sich das Amt des Weibels häufig schon in der administrati-
ven Frühzeit der Städte fassen. Auf Grund seines Alters umfasste es eine Vielzahl
von Aufgabenbereichen, welche seine Inhaber zu den eigentlichen Allroundern des
niederen Dienstpersonals machte. Zunächst einmal bestand ihre Tätigkeit aus der
Aufrechterhaltung der inneren und äusseren Sicherheit. Dazu gehörten sowohl
ordnungspolizeiliche Aufträge am Gericht und im öffentlichen Raum der Stadt, als
auch das Verkünden von Ratsbeschlüssen und sonstigen Bekanntmachungen in
Stadt und Umland. Zudem waren Weibel häufig im Namen der städtischen Finanz-
verwaltung unterwegs, sei es in Fragen der Rechnungslegung oder beim Einziehen
von Pfandgeldern. Dass ein Teil ihrer in der Stadt wahrgenommenen Aufgaben sie
für den Aussendienst prädestinierte, erklärt ihr regelmässiges Auftauchen auf den
Abrechnungslisten für Botendienste. Am häufigsten wurden sie hier als Gesand-
tenbegleiter und Eskorte für die Gäste der Stadtführung genannt. Doch auch einfa-
che berittene Kurierdienste oder gar heimliche Kundschaften bei der Vorbereitung
von Verhandlungen im Namen einzelner Ratsherren oder der gesamten Obrigkeit
gehörten zu ihren wiederholt belegten Aufgaben.1
Trotz ihres umfangreichen Aufgabenkanons in beinahe jedem öffentlichen Le-
bensbereich der spätmittelalterlichen Stadt, wurde Weibeln seitens der Forschung
bisher kaum Beachtung geschenkt. Dies hängt einerseits mit der starken
Fokussierung auf höheres Amtspersonal zusammen, dessen Bedeutung sich dank
des zahlreicher vorhandenen Quellenmaterials besser erschliessen lässt. Anderer-
seits ist das geringe Interesse auch im vorherrschenden ämtergeschichtlichen For-
schungsansatz begründet, der die niederen Stadtämter vor allem aus der Perspek-
tive normativer Quellen wie der Amtseide betrachtet, ohne etwa sozialen
Netzwerken oder persönlichen Spezialisierungen einzelner Amtsträger den nöti-
gen Raum zuzugestehen.2 Die verwirrende Breite der Zuständigkeiten von Weibeln,
wie sie sich in den Rechnungsquellen manifestiert, macht deren Zuordnung zu ei-
nem einzigen Amt eher problematisch. Dies beginnt schon bei der Bezeichnung:
1 Siehe Kap. Übermittler als Kundschafter, Geheimboten und Spione.
2 Eine der wenigen Studien, die sich diesem Thema widmet ist Heinig, Türhüter und Herolde,
1993, S. 355-375.
 
Annotationen