Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0152

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4.5. Der statt Sachen und geschafft getruwlich ze fertigen

139

ner Botenläufe verantwortlich. 6 % der Aufträge entfielen auf Weibel und Reiter.295
Da letztere aber nicht immer verfügbar waren, wurden unter den Dienstleuten die
mobilen Stadttrompeter und Stadtpfeiffer aufgeboten, die hier immerhin 2 % aller
Nachrichten übermittelten. Gleichviele Botenläufe übernahmen auch nahe Ver-
wandte amtierender Dienstleute. Am häufigsten handelte es sich um Söhne oder
Brüder, deren Familienbande für Vertrauenswürdigkeit garantierten. Weitaus grös-
ser war jedoch der Anteil ratsnaher Personen ohne feste Funktion. Zu ihnen gehör-
ten sowohl ehemalige Dienstleute als auch Personen die auf einen Stadtposten aspi-
rierten und diesen häufig später auch erlangten. Ihr Anteil lag bei rund 12%.296
Ähnlich sah die Situation auch in Freiburg i. Ue. aus. Hier betrug der Anteil der
Läufer im selben Zeitraum 45 % der abgerechneten Botengänge zu Fuss. Die Weibel
waren für weiter 18 % der Aufträge zuständig, während die Verwandten der Dienst-
personen nur eine untergeordnete Rolle spielten. Ihnen wurden im Gegensatz zu
Solothurn nur 3 % aller Aufträge anvertraut.

4.5.5. Die Zeichen ihres Dienstes
Der wesentlichste Unterschied zwischen Amtsträgern, ratsnahen Hilfsboten und
ad-hoc-Überbringern bestand in ihrer Ausrüstung. Der offizielle Charakter von
Stadtläufern war genauso wie bei Reitern und Weibeln von amtspezifischen Zei-
chen abhängig, zu denen nebst der Amtskleidung auch eine Palette von Amtsinsig-
nien gehörte, über deren Aussehen und Beschaffenheit zu Beginn des 16. Jahrhun-
derts europaweit ähnliche Vorstellungen vorherrschten. Dazu gehörte ein Botenstab
oder -spiess, das verkleinerte, zumeist silberne Wappenschild der Auftraggeber -
die sogenannte Botenbüchse - sowie ein je nach Gelegenheit anders gearteter Be-
hälter für die transportierten Dokumente. Zu den offenbar als fakultativ empfun-
denen Ausrüstungsgegenständen offizieller Läufer müssen hingegen Geleitspapiere
oder Waffen gezählt werden.

4.5.5.i. Die Dienstkleidung
Dienstkleider gehörten zum unverzichtbaren Ausweis des Läuferamtes. Sie mar-
kierten nicht nur die Zugehörigkeit des Boten zum Verwaltungsbereich eines be-
stimmten Herren, sondern waren auch öffentlich zur Schau getragener Ausdruck
seines Herrschaftsanspruches.297 Seine Farbigkeit machte das offizielle mi-parti der
Amtsträger im 15. Jahrhundert zu einer exzellenten Projektionsfläche für allerlei re-
ale und imaginierte Rangordnungen - zwischen Fürsten und Städten aber auch
zwischen angeblich gleichrangigen Bündnispartnern.298 Diese identifikatorische

295 Dieser Mittelwert ist aus den 13 Stadtrechnungen berechnet worden, die sich im besagten Zeit-
raum erhalten haben. In absoluten Zahlen ausgedrückt wurden darin mindestens 967 Boten-
gänge zu Fuss absolviert.
296 Demnach entfielen auf Läufer 466 Botengänge. Weibel erledigten 3, Reiter 48, Trompeter /Pfeif-
fer 19, die Verwandte der Dienstleute 31, ratsnahe Personen ohne solche ohne städtische Funk-
tion übernahmen 113. Siehe auch: Anhang, Tabellen und Diagramme.
297 Mertens, Wappenrock, 1993, S. 189-204.
298 Jucker, Gesandte, 2004, S. 257ff.
 
Annotationen