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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0218

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5.6. Reise(hilfs)mittel und Infrastrukturfragen

205

sitiven Verlauf der Schlacht von Marigniano vom 13. September, die dank einer
Nachrichtenkette aus Urner und Luzerner Boten innert drei Tagen das rund 450
Kilometer entfernte Basel erreichte.201 Nicht einmal Kardinal Giulio Medici, der in
diesen Tagen im rund 300 Kilometer entfernten Bologna weilte, hatte trotz seiner
Spione vor Ort am 15. September ein genaueres Bild vom Schlachtgeschehen.202 Dass
allerdings die Nachricht von der Niederlage am 16. September die Eidgenossen erst
eine Woche nach den Geschehnissen erreichte, verdeutlicht, dass diese ausserhalb
ihrer eigenen Nachrichtennetzwerke mit ähnlichen Verzögerungen zu kämpfen
hatten, wie die Burgunder rund 42 Jahre zuvor.

5.6. Reise(hilfs)mittel und Infrastrukturfragen

5.6.1. Die Verkehrsverhältnisse auf Landstrassen
Nachrichtenübermittler nutzten alle Verkehrsträger ihrer Zeit. Im Gegensatz zum
Handelsverkehr waren sie bei der Ausführung ihrer Aufträge nicht auf hohe Stras-
senqualität angewiesen, da sie alleine und meist ohne viel Gepäck reisten. Bevor-
zugte Kommunikationswege mussten daher nicht mit Handelswegen identisch
sein, auch wenn sie in jedem Fall eng miteinander verknüpft waren. Sie konnten
etwa nach dem wirtschaftlichen Niedergang einer Region durch den Nachrichten-
verkehr zusätzliche Bedeutung erlangen, während ursprünglich vorwiegend dem
Nachrichtenverkehr dienende Strassen mit der Zeit zu Handelswegen werden
konnten.203 Allerdings kam ersteres häufiger vor. Nachrichtenboten waren deshalb
durchaus Nutzniesser bestehender Handelsinteressen und der damit zusammen-
hängenden Infrastruktur. Angesichts der Dichte und Vielfalt der Verkehrsnetze in
der spätmittelalterlichen Eidgenossenschaft standen Übermittlern für Reisen an ih-
ren Zielort meist mehrere Wegvarianten offen - was auch die unterschiedliche Rei-
sedauer auf derselben Strecke in den Freiburger Stadtrechnungen erklärt. Da sich
die Nachrichtenübermittlung zu Fuss stark auf die eigenen Territorien konzent-
rierte, waren Fussboten meistens auf dem dichteren Strassennetz im Umland ihrer
Städte unterwegs, auf welchem sich auch der grösste Teil des täglichen Berufsver-
kehrs bewegte. Charakteristisch für viele dieser Wege war ein eher schlechter Un-
terhalt sowie die parallele Führung mehrerer Trassen, deren Benutzung von den

201 Usteri, Marignano, 1974, S. 496.
202 Kardinal Giulio Medici schreibt an Lorenzo Medici am 14. September von Bologna aus, er habe
zwar etwas über Schweizer vor Mailand gehört, allerdings scheint er was die Schlacht angeht
völlig ahnungslos. Er bittet deshalb Lorenzo um Aufklärung. Erst am 15. September gegen 20
Uhr bestätigt er, etwas über den Kampf vernommen zu haben. Zur gesamten Korrespondenz
siehe: Usteri, Marignano, 1974, S. 495, Anm. 133.
203 Zur Verkehrspolitik im Westschweizer Raum siehe die umfassende Studie von: Schöpfer Pfaf-
fen, Verkehrspolitik, 2011, dies., Verkehrspolitik, 2007, S. 289-331. Hübner, chemins et pont,
2007, S. 265-273, Audetat, Verkehrsstrassen, 1921.
 
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