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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0059

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2. Die städtischen Akten

dene, wiederholte Festlegen eigener Verhandlungspositionen, hatte erst nachträg-
lich Einfluss auf die Stadtrechtskodifizierung. Dass sie trotzdem gelegentlich die
ältesten Nachweise für eine amtliche Nachrichtenverbreitung liefern, hängt viel-
mehr mit ihrer Funktion als Rechtsgrundlage für das städtische Gemeinwesen zu-
sammen, als dem juristischen Träger der Freiheiten und Pflichten der Bürger. Dies
zeigt sich etwa an Strassburg, Freiburg i. Ue. oder Bern, deren älteste Stadtrechte in
die Zeit zwischen 1249 und 1322 zurückreichen. In diesen Städten wurde die Be-
kanntmachung herrschaftsrelevanter Informationen durch entsprechende Amts-
träger im Stadtrecht geregelt, wozu vordergründig die Verbreitung von Ratsent-
scheidungen im städtischen Herrschaftsgebiet, allerdings auch das mehr oder
weniger diskrete Kundschaftertum gehörten. Dass damit Strukturen einhergingen,
die überwiegend der Nachrichtenübermittlung dienten, impliziert einzig das
Strassburger Stadtrecht von 1322. Nur hier wurden bereits Läuferboten genannt.51
Da viele Stadtrechte aber nicht nur den realen Rechts- und Organisationsstatus
einer Stadt wiedergeben, sondern auch blosse Wünsche der Stadtführung oder gar
rhetorische Überbleibsel, die man aus Gründen der Traditionsbildung im Text be-
liess, ist es schwierig abzuschätzen, wie stark die städtischen Nachrichtenwesen
zum Zeitpunkt der Kodifizierung wirklich ausgebildet waren. Zudem kann auf-
grund fehlender Vergleichsmöglichkeiten nicht beantwortet werden, wie verbind-
lich die darin umschriebenen Aufgabenfelder für jene Amtsträger waren, die in
dieser Frühzeit mit der Übermittlung von Informationen betraut wurden.52

2.2.2. Ordnungs-, Statuten-, Satzungs- und Ratsbücher
Formal mit den Stadtrechten verwandt, wurden in Ordnungs-, Statuten oder Sat-
zungsbüchern meistens polizeiliche Kompetenzen im öffentlichen Raum der Stadt
verzeichnet, etwa wenn es darum ging, an Gerichts- oder Markttagen Ruhe und
Ordnung zu wahren. Zudem enthielten sie die juristischen Regelungen des tägli-
chen Lebens, die von der Grösse und Ausbackart der Brote, dem Verbot an der Öf-
fentlichkeit Waffen zu tragen, bis hin zur Bestrafung von Ratsherren reichen
konnte, die zu spät zu Ratssitzungen erschienen waren.53 Darüber hinaus wurden
darin aber auch alle damit verbundenen Verfahren, insbesondere die Wahlmodali-
täten der Räte und anderer Amtsinhaber festgehalten.54 Daher reicht diese Akten-
gattung meistens in die Anfänge der städtischen Autonomiebestrebungen zurück.
51 Gachot, Louffende Boten, 1964, S. 2, Ladner, Freiburger Handfeste 1249, 1999, S. 178, dazu
ausführlicher im Kap. Botenwesen - avant la lettre.
52 Siehe dazu: Blattmann, Materialität, 1994, S. 333-354.
53 SSRQ Fribourg 6, S. 215-217.
54 Eine klare funktionale Trennung zwischen den einzelnen Aktengattungen ist nicht möglich, da
sie in jeder Stadt individuell gestaltet wurden. Vereinfachend lässt sich sagen, dass in Ord-
nungsbüchern mehrheitlich polizeirechtliche Ratsbeschlüsse erfasst wurden, welche die städti-
sche Gerichtsbarkeit betrafen, Satzungs- und Statutenbücher der Regelung alltäglicher Anlie-
gen - z.B. Marktrechliches oder Zunftregelungen - enthielten. Es sind allerdings auch
Überschneidungen mit der Aktengattung des Stadt- oder Ratsbuchs möglich, in welchen die
rechtliche Organisation und die Verfahren umschrieben wurden, siehe: Pitz, Aktenwesen, 1959,
S. 172-178, Begriffe: Satzungsbuch, Ordnungsbuch, Stadtbuch in: DRW, http: / /drw-www.adw.
uni-heidelberg.de/drw/ (10.12.2011).
 
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