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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0247

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234 6. Zwischen Konflikt und Konsens - die Dimensionen der Nachrichtenübermittlung

weiter: Diesmal mit angeblich überrissenenbernischen Forderungen, die den Wein-
zoll in Nidau betrafen.112
Da die Streitigkeiten um rechtliche Belange immer häufiger schriftlich festge-
halten wurden, dominierten sie nach 1470 nicht nur die Solothurner Korrespondenz
mit Bern, sondern auch die Tätigkeit der Solothurner Übermittler. Exemplarisch da-
für sind etwa die Abrechnungen für Botendienste von 1479. Von den 34 in diesem
Jahr nach Bern ausgeführten Botengängen, bei denen es unter anderem um Pensi-
onszahlungen, eine gemeinsame Gesandtschaft zum Herzog von Lothringen und
die Einberufung eines Tages zwischen beiden Städten sowie Luzern und Zürich
ging, betraf mehr als ein Drittel der abgerechneten Nachrichten den nachbarschaft-
lichen Kleinkrieg: Dazu gehörten in diesem Jahr insbesondere ein Zwischenfall mit
Solothurner Eigenleuten in der bernischen Herrschaft Wangen an der Aare und
Deitingen, wo sich Solothurn und Bern zwar bis 1520 die niedere Gerichtsbarkeit
teilten, während Bern die Blutgerichtsbarkeit alleine innehatte.113 Diese Rechtslage
war für den hiesigen Propst Legitimation genug, um am jährlichen Schwurtag die
Hälfte der Einwohnerschaft des Ortes zu Bern schwören lassen. Zudem verbreitete
sich das Gerücht, Bern wolle auch die andere Hälfte zum Schwur zwingen, tags oder
nachts.114 Damit reagierten die Berner jedoch nur auf eine frühere Provokation: Die
Solothurner hatten nämlich ihr Hoheitszeichen auf den Brunnenstock des Grenzor-
tes Safenwil gepflanzt, obschon ihre Gerichtsrechte dort bereits 1460 durch Verkauf
an Bern erloschen waren.115 Da sich die Fronten zwischen Bern und Solothurn zuse-
hends verhärteten, wurden Biel, Freiburg i. Ue. sowie der Markgraf Rudolf von
Hochberg zu Vermittlungsdiensten angefragt, worauf es zu einer Aussprache in
Bern kam. Die Lage in Safenwil blieb aber gespannt, weshalb der Stadtreiter Marx
Bannwart zum Markgrafen nach Bern ausgeschickt wurde, um sich über den Stand
der Verhandlungen zu informieren.116 Als Zeichen des guten Willens wandte sich
der Solothurner Rat auch an die Berner Kollegen. Über den Stadtläufer Henman
Zeiss liess er ihnen den Vorschlag unterbreiten, all sacken zzviischen beiden stetten in
riiiv stan zelassen bis die eigenen Gesandten zurückgekehrt seien und berichten
konnten.117 Der Streit war da aber noch lange nicht beigelegt. Noch 1480 wurde Hen-
man Zeiss mindestens fünf Mal in der besagten Streitsache nach Bern gesandt.
Auch wenn diese Episode für die Beziehungen zwischen Bern und Solothurn
marginal blieb, bestimmten vergleichbare Konflikte die Tätigkeit der Solothurner
Übermittler bis über die Reformation hinaus. Allein zwischen 1480 und 1499 betra-

112 StaSO, Missivenbuch 4, S. 51, Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. 131.
113 StaSO, BB 25/23 (1479), S. 113, zu Wangen an der Aare siehe auch: Gerber, Gott ist Burger, 2001,
S. 455-459, BB 25/23 (1479), S. 105, zu Deitingen siehe: Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. 197f.
114 StaSO, Missivenbuch 4, S. 218, 253. Zudem befahl der bernische Vogt von Wangen an der Aare
dem Amman von Deitingen unter Androhung der beachtlichen Busse von 10 Pfund, vier Mann
für den Kriegszug nach Bellinzona zu stellen, siehe: StaSO Missivenbuch 4, S. 293, Amiet, Terri-
torialpolitik, 1928, S. 131.
115 StaSO, Missivenbuch 4, S. 191, Amiet, Territorialpolitik, 1928, S. 131.
116 Ite marx banmvart für ii tag ze ross gen bern zu minen Herren dem margraffen von beider stette irrung
zuegen i lib iiii s, in: StaSO, BB 25/23 (1479), S. 114.
117 Item zeissen viii s gen bern all sacken zzviischen beiden stetten in riizv stan zelassen bis zukumpft miner
Herren botten iiii s zvartgeld, in: StaSO, BB 25/23 (1479), S. 114.
 
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