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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0122

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4.3. Der Statt Botten getrüwlichen zu dienen

109

mässer Reittiere Ratsherren dazu bewogen haben, nach Möglichkeit eigene Pferde
zu benutzen, was sich in vielen eidgenössischen Städten noch bis 1470 am verhält-
nismässig grosszügigen gewährten Reitgeld beobachten lässt.110
Doch Marställe dienten nicht nur dem berittenen Botenwesen sondern auch
der gesicherten Versorgung mit Pferden für Kriegsdienste.111 Dann war der Bedarf
bisweilen beachtlich. Wie etwa das Beispiel Göttingen in den 1420er Jahren zeigt,
kamen die meisten, vom Rat gekauften Pferde den hiesigen Stadtsoldaten - Sold-
nern - zu, die wie ihre Konstanzer Kollegen sowohl in der zivilen Nachrichtenüber-
mittlung als auch in kriegerischen Angelegenheiten tätig waren.112 Ein Teil brachte
wie die sozial höher gestellten Ratsboten eigene Pferde in den Stadtdienst ein, die
sie der Stadt verkaufen, abkaufen oder verpfänden konnten. Andere ritten stadtei-
gene Tiere.
Gleiches lässt sich auch für die berittenen Boten in den Städten des eidgenös-
sisch-oberdeutschen Raumes beobachten. Auch hier ist allerdings nicht klar, ob Rei-
ter häufiger eigene Tiere in den Stadtdienst mitbrachten oder diese von der Stadt
ausliehen. Die Berner Eide machten jedenfalls keinen Unterschied zwischen priva-
ten Pferden oder solchen aus dem städtischen Marstall. Irenn pferden guoten rat ze
tun mussten sich die künftigen Stadtreiter in beiden Fällen verpflichten.113 Auch ein
privates Pferd hatte aus Repräsentationsgründen gleich gepflegt zu sein wie die
städtischen. Da alle Zwischenfälle, die in Zusammenhang mit Stadtaufträgen stan-
den, aus dem Stadtseckel bezahlt werden mussten, wurden Reiter dazu angehalten
ihr Reittier nitt zu wüsten noch zu iiberryten, ausser es würde ausdrücklich von ihnen
verlangt. Ebenso war es verboten, das eigene Pferd ohne Ratserlaubnis zu vertu-
schen.114 Damit wollte sich der Rat die Verfügbarkeit möglichst vieler Pferde sichern
und einem unkontrollierten Pferdehandel zuvorkommen.115 Zudem haftete der Rat
auch für alle anderen Ausrüstungsgegenstände der Reiter. So wurde dem Berner
Reiter Ludwig Krummenacher Ende 1446 zwei Gulden und drei Schilling für den
Sattel ausbezahlt, den ein pfiffer in miner herren dienst verloren hatte.116
Über den Wert der Pferde, die die Berner Reiter in Nachrichten- und Gesandt-
schaftswesen benutzten, lassen sich mangels Quellen keine allgemeinen Aussagen
machen. Einblick gewährt ein Eintrag in der zweiten Halbjahresrechnung von 1449.
Darin wird dem Stadtreiter Lienlin 25 Berner Gulden für ein Pferd bezahlt, das in

110 Siehe dazu etwa die umfassende Listen mit Usserzehrungen in: Welti, Stadtrechnungen 15. Jahr-
hundert, 1904.
111 Neitzert, Pferdebedarf, 1983, S. 369-380.
112 Mehr dazu in Kap. Weibel, Nachrichtenübermittlung in Kriegszeiten, Frieden, Nachrichtenwe-
sen, 1996, S. 54, Neitzert, Pferdebedarf, 1983, S. 373.
113 StaBE, A1629, Nüw Eidbuch, 1481, Eid der Stadtreiter, Version I, S. VIII.
114 [...] Und ouch ir selbs pfärd süber zu hallten und die nitt zu wüsten noch zu iiberryten an not oder besun-
der geheijss und ouch die selben pfärd an gunst eins rats nitt zu vertuschen [...], in: StaBE, AI 629, Nüw
Eidbuch, 1481, Der Ryter eid, Version II, S. X.
115 Barbara Studer (siehe: Studer Immenhauser, Verwaltung, 2006, S. 66) deutet vertuschen als
Austausch von Reittieren an bestehenden Pferdewechselstationen. Da Nachweise für die Exis-
tenz derselben in den Rechnungen der untersuchten Städte im eidgenössischen Raum fehlen,
ist diese Lesart wenig wahrscheinlich.
116 Denne Krummenacher umb einen sattel, verlor ime ein pfiffer in miner herren dienst, kost - ii Ib iii s,
Welti, Stadtrechnungen 15. Jahrhundert, 1904, S. 214b.
 
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