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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0197

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5. Die Übermittler unterwegs

che Verteilfunktion übernahm Konstanz ebenfalls, wenn Korrespondenz aus St.
Gallen, Bregenz oder Augsburg im Namen der Bodenseestädte weitergeleitet wer-
den musste, wobei hier Beziehungen sichtbar werden, die bis nach Oberschwaben
reichten.78
Wirklich sichtbar wurden Nachrichtennetze jedoch nur bei der Übermittlung
besonderer Nachrichten, die sich aufgrund ihrer herrschaftspolitischen Relevanz
durch hohe Dringlichkeit auszeichneten - am häufigsten Kriegsinformationen im
weitesten Sinne. Auch wenn die Zahl so übermittelter Nachrichten in allen Städten
gering war, dass eine Umrechnung in Prozentanteile nicht sinnvoll erscheint, war
doch ihre überregionale Wirkung weitaus grösser als jene alltäglicher Korrespon-
denz. Eine Nachrichtenkette von eindrücklicher Länge für den doch relativ kleinen
eidgenössischen Raum löste 1477 etwa der Sieg der Verbündeten über Karl den
Kühnen und sein darauf folgender Tod bei Nancy aus. Einer der schnellen Über-
mittlungswege scheint dabei über Solothurn geführt zu haben. Der erste, der hier
noch vor den eigenen Boten mit der Neuigkeit eintraf und sich ein entsprechendes
bottenbrot verdiente, war ein Läufer namens Peter, der aus Basel kam.79 Daraufhin
wurde hier Hans Walcker, ein Mitglied der Bürgerversammlung, mit dieser über-
aus wichtigen Nachricht umgehend nach Bern weitergesandt.80 Ob er der erste war,
oder nur einer unter mehreren, die mit dieser Neuigkeit eintrafen, lässt sich nicht
sagen. Verbürgt ist nur, dass der Berner Rat seinen Läufer Hans Dietrich veran-
lasste, diese Nachricht umgehend an Preiburg i. Ue. weiterzuleiten, wo dieser eben-
falls ein entsprechendes Geldgeschenk erhielt.81 Hier wurde wiederum der Läufer
Hanns Umbscheiden aufgeboten, um die gute Nachricht vom Sieg bei Nancy an
den Grafen von Gruyeres weiterzuleiten.82
So wie angenommen werden darf, dass die Nachricht wahrscheinlich ebenso
schnell über Gruyöres hinausgereicht wurde, wie sie hier eingetroffen war, muss
betont werden, dass die Route über Solothurn wohl nur eine von mehreren war, auf
denen die Meldung von offiziellen Übermittlern in den eidgenössischen Raum ge-
tragen wurde, denn die Orte der Zentral- und Innerschweiz erreichte diese Nach-
richt direkt über Basel. In spätmittelalterlichen Nachrichtennetzen fehlte meist die
Kontrolle darüber, wohin eine Information bereits gedrungen war und wohin nicht.
Es war nicht ungewöhnlich, dass Informationen über Ereignisse von vergleichbarer
Bedeutung ihre Destinatäre zu spät, gar nicht oder mehrfach erreichten.83 Dieses
Beispiel zeigt allerdings auch, dass selbst Städte mit regionaler politischer Aus-
strahlung wie Solothurn wegen ihrer geographischen Nähe zum Ereignis und dank
ihrer Einbindung in bestehende Nachrichtennetze über die nötige Infrastruktur
verfügten, um kurzfristig zu überregionalen Nachrichtenverteilern zu werden.
Grösse und Lage ihrer Territorien oder der personelle Umfang ihrer Botenwesen

gemian stett - viii s, in: StaKN, L1373 (1469), S. 32a.
78 StaKN, L1373 (1469), S.34v-38r.
79 Siehe Kap. Stadtläufer, Löhne, Wartgelder und allerlei Geschenke.
80 Item hansen walcker viii s gen bern als der hertzog von burgonn selbs umbkommen sin sollt, in: StaSO,
BB 25/22 (1476), S. 105.
81 Siehe Kap. Stadtläufer, die Zeichen ihres Dienstes, Geleitschreiben.
82 Primo a hanns umbscheiden trammis a gruyere pourter l(ett)res ou conte por ly signifier le bonnes nou-
velles de nancypour ii jours - xiiii s, in: StaFR, CT 149 (1477/1), S. 39.
83 Dazu mehr im Kap. Stafetten.
 
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