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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0117

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweima!, Dienstags
u. Freitags Bestettun.,en kön-
nen bei der Erpednion in He>-
delderg, bei .^acitm. ttcmpp
in Mosbach, -Mngm. ^ratik ,ti
Adelsbeit» und bk! altrn Pog-
Acmtcrn gemacht werden.

Neckar-Bote,
ÄS'.
Dienstag, den 4. April !N43.

Der.abonnrmentsprcis betragt
für ein ^abr i st. 36 kr., für
ein halbes Jahr 6s, kr., für
ein Dicrtrljahr 3o kr. Die
E-NI uckunasgcbühi für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt 2 kr. De, Anzeigen,
worüber die Expedition Aut-
Umsl erlhcctt, 3 kr.


Die Gerichts-Siegel.
(Fortsetzung.)
Einen Augenblick später sagte Rudolph zu sei-
ner Mutier: „Sic sind da!" Die Tbürc der
Kabincttes ging auf und die Familie war vcr
einigt. Nichts glich der Bewegung, worin sich
die Personen, einander so unentbehrlich, kci
Gefahr gegenüber befanden. Nachdem die ersten
Umarmungen vorüber waren, erzählte der Gras
daß sie bis zum Dorfe Trinite von Neitcrn ver-
folgt worden, und daß sie ihren Verfolgern nur
dadurch cnlkommcn waren, daß sic sich in den
Wald geflüchtet hatten, woselbst sic auch den
gcheimnißvollsten Scklnpfwink l kannten. Sie
hatten den treuen Fischer eine Viertelstunde von
dem See Treourgat gesunden. Als sic das Schloß
erreichten, Müssten sic durch eine Hintenhin
hinein, wozu der Fischer einen Schlüstcl mitge-
nommen hatte. Dennoch hatten sic unter den
obwaltenden Umstanden ihren Feinden in die
Hände laufen mästen, wenn Rudolph nicht ge-
wesen wäre. Rudolph halte sic gerettet. Mil
freudcfunkclnden Äugen drückte die Mutter den
Sohn an die Brust. — „Aber was werden wir
jetzt beginnen meine Söhne?" fragte der alte Mar-
quis. „Ihr könnt Nicht in diesem Kabinette bleiben,
denn in jedem Augenblick kann der Eommistar wie-
der cintretcn; auch kann er leicht vor seiner Adreist
noch jedes Zimmer durchsuchen. Und wan wird er
abrcisen? Eine unfreiwillige Bewegung von un-
serer Seite kann sein Mißtrauen erwecken. Bedenkt,
daß während der Nacht nur eine dünne Wand ihn
von euch trennt uner eueren leisesten Alhcmzug
h'orcn muß. Darum reiset wieder ab." —Die
Gräfin erbleichte: „0 mein Gott! Wohin sollen sic
zichn ? Ist etz nicht ein Wunder, daß sie unversehrt
Werber gelangt sind? Und jetzt, da jener Fürch-
terliche unten ist, sollten sic noch einmal an dem
Hause vorüber eilen, damit man sie höre und sehe?"
„Wohl wahr, mein Vater!" sprach der Graf
„Und wenn wir wirklich unbemerkt die Treppe hin-
unter gelangen, die Blauen streifen in der Gegend
umher; wir werden während der Nacht, ohne zu
schlafen, in jenem Kabincte bleiben." — Während

sic noch mit einander bcrathfchlagtcn, fuhr die Grä-
fin plötzlich erschreckt auf. ,,Still wes sie. Ach
och c den schleichenden Tritt eines Mannes aut dem
Korridor. Man kommt." D>c Thüre öffnete sich;
die ganze Familie, bleich vor Schrecken, sah dorthin,
e-.ne Figur erschien, cs war der treue Fischer. —
„Ich bins!" flüsterte er. „Verbergt euch schnell,
ecr Blaue ist unten auf der Treppe. Der Schurke
hat mich überrennen wollen, aber der Trunkenbold
ist in sc!ir eigenes Netz gefallen. Ich muß euch
aoäi sagen, daß er ein großes Stück Wachs und ein
Stück Kupfer bei sich führt; ich weiß nickt was er
eamit zu macken gedenkt, aber seid auf euerer
Hut!" Da polterte Regnard die Treppe her-
auf,- ein schmutziges Lied vor sich hiutrallernd.
Ser Fischer eilte ihm entgegen. — „Da bist du
ja, Teufel von einem Seemann!" schrie der be-
trunkene Commistär. „Habe ich dir nicht gesagt,
raß du mir zw-, von meinen Leuten boten sollst?
Nimm diese Kerze und bring die Kerle schnell
hierher " Janncquin hatte nicht übel Luft, den
ungeschliffenen Gesellen mit einem Mcsterstlch Zu
Boden zu werfen, aber er bedachte, daß diese
übereilte That die Lage seiner Herrschaft nur
verschlimmern würde, und bezwang den gerechten
Unwillen. Doch konnte er nicht unterlassen, mit
seiner derben Faust die dürre Hand des Com-
mistärs zu fasten, und ihm dieselbe so sehr zu
schütteln, daß ihm alle Knochen bebten. „Willst
du Mick loslasten du Schurke!" schrie jener „Laß
mich los oder du kommst auf die Guillotine." —-
Unterdessen licsjcücr davon und kam bald daraufmit
den verlangten beiden Leuten zurück. Als der
Fischer das Zimmer wieder betrat, erschien der
Commistär Regnard ganz verändert, sein Rausch
war, wie ein leichter Nebel verschwunden, sein
Gang fest und sicher, seine Stimme klar und
hell, die Rothe des Gesichts verflog, und cs weis
sich diejenige Bläste, die, um sich so anszudiückcn,
auf dem Gesicht des Nicktcrs, noch ehe dieser den
Mund öffnet, das Totcöurlhcil des Angeklagten
verkündet. Er warf einen Blick um fick her, der
oeullich von dem Haste Kund gab. der in seinem
Innern loderte. „Bist du allein, Bürger?" fragte
er den Maqruis. „Ja ich bin allein," antwor-
 
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