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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0147

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DcrNcckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
n. Freitags Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdilian in Hei-
delberg , bei Kautm. Lempp
in Masbach, Kaufm, Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Ebcrbach undbeiallcnPost-
Aemtcrn gemacht werden.

Neckar-


Freitag, dm 28. April 18^3.

Der Abonncmcntspreis betrügt
für ein Jahr i fl. 36 kr„ für
ein halbes Jahr 5ü kr. für
ein Diertcljahr 3o kr. Die
EtnrückungSgcbühi für die ge-
spaltene Zeile ad. deren Raum
biträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpcdition Aus-
kunft enheilt, 3 kr.

Vuntes aus der Leit»
Mainz. Nack der Kölnischen Zeitung hat eine
große Anzahl deutscher Adclichcn, darunter mehrere
Fürsten, ein ActiemKapital zusammcngcsckossen, um
in Texas Güter anzukaufen, auf welche sich deutsche
Auswanderer niedcrlafsen können, denen auch die Ue-
bcrsicdelung auf jede Weise erleichtert werden soll. Ob
an der Sache etwas Wahres ist bezweifeln wir um
so mehr, als dabei von Acticn die Rede ist.
München. Ein Gensd'arme hat den Teufel mit
Klauen, Hörnern und Schwanz arretirt, vermuthlich
weil seine Papiere nicht in Ordnung waren, und der
arme Kerl wird nun in voller Uniform aufden Pran-
ger gestellt, andern dummen Teufeln zum erschrecklichen
Beispiel. — Es ist der Ehemann der Hebamme in
einem nahen Dorfe, der einer Baucrnfamilie das neu-
geborne Kind holen wollte, sich aber auch mit einem
Lösegeld zufrieden gab, das ihm der allzuglänbigc
Vater anbot.
Mannigfaltigkeiten. An der neuen Festung
von Rastatt wird rüstig gearbeitet, und die Erd-
walle steigen zusehends empor. Man klagt über Man-
gel an Arbeitern; obgleich stets von Neuem in öffent-
lichen Blättern aufgefordert werde, so hätte man doch
bis jetzt nur 600 Mann anfbringen können. — Der
kleine Kronprinz von England soll sehr gute Anla-
gen zeigen, er braucht bereits 178000 Thlr. — Zn
Danzig hat cs einen Tumult gegeben, der leider
nur mit Gewalt gedämpft werden konnte. Mehrere
Kaufleute schafften daS Getraide aus den kleinen Fahr-
zeugen unmittelbar auf die Seeschiffe. Das wollten
die Leute, die bisher mit dem Messen etwas verdient
Hutten, nicht leiden, cs kam zu Angriffen und das
ganze Militär mußte ausrücken. Mehrere Menschen
wurden überritten, erschossen und verwundet. — In
Spandau soll kein Lehrer mehr unter 400 Thlr.
Gehalt angestellt werden. Dafür sollen die Lehrer
aber auch keinen Privatunterricht mehr ertheilen, son-
dern ihre Zeit und Kräfte ledigich nur den ihnen
anvcrtrauten Schulen widmen. — In Haiti ist der
Präsident der Regierung, General Boyer, durch den
Aufstand vertrieben worden, und wird sich nach Frank-
reich flüchten, wohin er bereits große Geldsummen
gesendet. Von Jamaika aus soll er seine Abdankung
erklärt haben. — Der Herzog von Süsser, der soviel
cs seine Umstände nur erlaubten, ein eifriger Verlhei-
digcr der liberalen Grundsätze und Beschützer der Künste
und Wissenschaft war, ist gestorben.
Das Stelldichein.
Ein Scherz von Paige.
(Fortsetzung.)
Meine Spionenblickc bestrichen daher das ganze
und da die Erde wie ausgcstorbcn war,

klopft' ich leis' und freudczitternd an das Pfört-
chcn. Aast unhörbar, wie das Ja! der Braut
am Altäre, klopst' cs wieder. „Sic lauscht, die
Himmlische, stc erwartet mich, ich soll glücklich
scnr! Schöpfer der Erde, warum hast tu das
Herz deiner Mcnfchen nicht dreimal größer ge-
macht, alle Wonnen, alle Entzückungen auf ein-
mal zu fühlen!" Juliane! flüstert' ich forschend
durch das Schlüsselloch, bist du'ö Justanc? nnd
wie ein schwebend herübertönendcr Aeolshauch
klang cs bebend durch das enge Schalloch: Hans!
„Sie ist's! fle ist's!" jubelt cs in der trunkenen
Seele, nnd rasch, als galt' cs das Leben, fuhr
die Hand in die Tasche nach dem Schlüssel.
„Himmel! — Teufel! — Alle Wetter — wo
steckt der Talisman?" Wo irgend nur eine
Achnlichkeit von Tasche (d. h. ein Loch) im Rock
nnd in der Weste sich zeigen wollte, tappten
meine Finger nach dem Schlüssel hin. Die Un-
geduld, der Schmerz, der Zorn über mich selbst,
das Gefühl cmer verlornen Wonne, alles dies
mußte die wunderlichsten Figuren in mein Gesicht
ziehen, was ich von seinem Zucken abnchmcn
konnte. Der unglückliche Talisman war ruhig in
der Scitcntaschc des Obcrrocks zu Hause geblieben.
„Juliane," wimmerte ich durch das Schlüsselloch
„mach aus, Juliane!" — „Hans, wo bist du?"
fragt' cs zischend. — Hier, ach hier, Julianchcn!—.
„Zögrc nicht, der Vater kommt bald wieder!" —
Ach Julchen! - „Hans!"—Ich möchte—„Komm!"
Ach Annchen! — „WaS, was, Hans?" — Ich
habe — mach auf, gutes Annchen! — „Du hast ja
den Schlüssel!" — Ach! — „Hast du ihn nicht
erhalten?"— Ja, ja! — „So komm doch Hans!"
— Es geht nicht, Julianchcn! — „Du bist ein
Narr!" — Ja! — „Geh nach Hause, Stockfisch!"
— Zürne nicht, Juliane, ich habe den Schlüssel
Vergessen! —
Die letzten Worte gingen so zerbrochen durch
den engen Kanal, daß sich die Steine hatten er-
barmen mögen. Aber Juliane, die weiche, zarte
Juliane, lachte, und mit einem spöttischen: Leb'
wohl Poet! verschwand sie in den weiten Bogen-
gängen des Gartens. „Sie ist fort, sie — ist —
fort!" ich stieß verzweifelt die Hande gegen die
Stirn und starrte sprachlos hinauf in den blauen
Acther. Das Herz wollte zerspringen. „Und
kein Ausweg? keiner? Nein, die Mauer unübcr»
steiglich, und — sie fort!"
 
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