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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0237

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags. Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdition in Hei-
delberg , bei Kausm. Lempp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Ebcrbach und bei allen Posi-
Aemtern gemacht werden.

Neckar-Bot
SS.
Freitag, dm 14. Juli 1843.


Der Abonncmcntspreis betragt
für ein Jahr i fl. 36 kr, für
ein halbes Jahr,5ü kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Die
EinrückungSgcbühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Expedition Aus-
kunft erthcilt, 3 kr.

Vergeltung.
(Fortsetzung.)
Der Mann ging mit festem und ruhigem
Schritte, mit dem entblößten Schwerte in der
Hand, und machte keine Bemerkung über den
Auftritt, in weichem er «ine Hauptrolle gespielt
hatte. Wahrend er aber durch das Gemach ging,
sah er stch vorsichtig nach Hcrrick um, und sobald
er hinaus war, schien er ruhiger zu fein und
wartete an der Hausthürc, bis der Knecht das
Pferd vorführte. Er warf einen nicht unfreundli-
chen Blick auf Heinrich Lislc, und sprach nach einer
Pause mit leiser Stimme: „Ich möchte gern, wie-
wohl wir arme verblendete Kreaturen sind und nicht
sehen, was zu unserem Bcßten dient, ein Wort des
Dankes für diese leibliche Sicherheit sagen, sollte
sich auch bezweifeln lassen >—"
Dank ist unnöthig, siel Heinrich ein, der eine
lange Rede erwartete, unnöthig für eine Sicher-
heit, die ungern gewahrt ward. Ich sage Dir
offen, hatte nicht das Versprechen der Edelfrau
Dich geschützt, ich würde gern mit eigener Hand
Dich aufhangen geholfen haben, und wenn wir
uns wieder von Angesicht zu Angesicht sehen, schei-
den wir nicht, bis einer von uns sein Blut auf
dem Platze zurückgclasscn hat.
So sei es, wenn Gott es will, erwiderte der
Fremde, und ich bitte den Herrn, er wolle mir
Kraft geben, daß ich nicht lässig gefunden werde,
das mir angewiesene Merk zu thun.
Das bist Du noch nie gewesen, wenn es auch
das Werk des Bösen war, antwortete Heinrich, und
setzte hinzu: Ich kenne Dich, wiewohl niemand an-
ders Dich hier kennt, sonst wäre cs Dir schlimmer
ergangen, trotz allen Versprechungen?
Du kennst mich? sprach der Fremde, ohne große
Ucberraschung zu vcrrathen. Nun, dann hast Du
die beßte That in Israel gethan, und ich will
hoffen, daß trotz deiner jetzigen Böswilligkeit der
Tag der Gnade für Dich noch kommen werde.
Lebe wohl!
Mit diesen Worten fetzte er den Fuß in den
Steigbügel, stieg etwas schwerfällig auf und ritt
über das Moor.
Fahre verflossen und der Vortheck, den der Ge-
neral Goring über Eromwcll's Heer errungen hatte,
wurde vergessen über den glänzenden Siegen, die
der Feldherr des Parlaments gewann, bis er endlich

zur Herrschaft über ein Reich emporsticg. Er
hatte alles seinem Willen unterworfen und herrschte
mächtiger als ein König.
Hcrrick und Liele hatten indcß bis zuletzt für
die Sache des Königs gefochten, und ihr Eifer war
unter dem Drucke des Mißgeschickes nur kräftiger
geworden. Während der Glückswechsel des Bür-
gerkrieges war der Tag der Verbindung zwischen
Heinrich und Margarethe fünfmal festgesetzt wor-
den und fünfmal hatte ein unerwarteter Unglücks-
fall die Vollziehung wieder vereitelt. Margarethens
Mutter, deren Hilfsmittel und Hoffnungen immer
mehr erschöpft wurden, sehnte sich ihre Tochter mit
einem verständigen, entschlossenen und wohlhaben-
den Manne zu verbinden, und Herrick, den eine
Ahnung seines bevorstehenden Schicksals ergriffen
hatte, dankte Gott nach jeder Schlacht, daß er da-
von gekommen war, um die Hand seiner Schwester
seinem Freunde geben zu kennen.
Die Vermahlung wurde noch einmal aufge-
schobcn, als der Ruf zu der unglücklichen Schlacht
bei Worcester*) erscholl, in welcher Hcrrick fiel.
Heinrich entkam, und brachte der traurcnden Mar-
garethe den letzten Wunsch ihres Bruders, daß cke
ohne Aufschub mit ihrem verlobten Beschützer sich
verbinden möchte. Es war eine traurige Hochzeit;
kein fröhliches Geläute, kein lachendes Brautgefolge
verkündigte die Verbindung der Liebenden, und
ehe der Hochzeittag vorüber war, wurde Heinrich
als Gefangener nach London geführt. Sein Ver-
hör ward einige Zeit verzögert, aber so bald es
statt fand, war sein Schicksal entschieden. Es be-
durfte keiner Beweise für seine Treue gegen den
König und das Henkerbeil erwartete ihn. Nur
noch eine Frist von drei Tagen war ihm vergönnt.
Margarethe, die ihn besuchen durste, hing, von
Schmerz überwältigt, an seiner Brust. Ihre Mut-
ter betrachtete eine Weile mit schmerzlichem Ge-
fühle fein schönes Gesicht, das die Spuren harter
Beschwerden und Bekümmernisse und langer Ge-
fangenschaft zeigte, und sich bei dem Anblicke der
Verzweiflung feiner Gattin noch mehr verdüsterte,
bis sie plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, sich erhob,
und das Gcfängniß verließ.
(Schluß folgt.)

*) Cromwell gewann sie r65i gegen Karl's I. Sohn, der
mit einem schottischen Heere in England einsiel.
 
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