Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0269

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags. Bestellungen kön-
nen bei der Expedition in Hei-
delberg , bei Kautm. Lempp
in Mosbach, Kausm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Eberbach und bei allen Post-
Acmtcrn gemacht werden.





Freitag, den 11. August 1843.

Der Nbonnemcntspreischctrügt
für ein Jahr l fl. 36 kr, für
ein halbes Jahr 5- kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Die
EinrücknngSgebühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Expedition Aus-
kunft erthcilt, 3 kr.

Buntes aus der Leit.
Der russische Kaiser ist in Betreff der serbischen Dif-
ferenz noch nicht ganz zufrieden gestellt. Er hat durch
seinen Gesandten der Pforte in russischer Sprache erklä-
ren lassen, daß wenn die beiden Minister Wutsitsch und
Petroniewistch nicht sofort aus Serbien verwiesen wür-
den, die letzte Fürstenwahl von Seiten Rußlands nicht
bestätigt werde; dagegen würden Lik,000 Russen in
Serbien einrücken, um den russischen Willen mit Gewalt
durchznsctzcn.
Da der englische Minister Peel Tag und Nacht von
Polizeiwache umgeben ist, die ihn beschützt, damit kein
Meuchelmörder sich ihm unversehens nahe, so ist daraus
das Sprüchwort entstanden: Gott beschützt die Königin,
die Polizei aber den Premierminister.
Den bäurischen Herren Ministern wird das Leben in
der Ständeversammlung zu München zu guter Letzt noch
blutsauer gemacht, so daß die beiden Minister v. Abel und
v. Seinsbeim starke Lust haben, abzudankcn. Alle Feh-
ler, die beim Eaualbau gemacht wurden, sowohl beim
Bau selbst, als auch bei der Aufnahme der nvtl -gen Gel-
der, welche das Haus Rothschild vorgestreckt hat, werden
ihnen in den Busen geschoben. (D.-Z.)

Die Wette.
sFortseßung.)
Mit einem Katzenbuckel trat der alte Filz her-
ein. „Ich bitte unterthänigst um Entschuldigung,
daß ich mir die Freiheit nehme, dem Herrn Haupt-
mann meine Aufwartung zu machen, und vielleicht
zu stören. Der Herr Capitain waren gütigst ge-
sonnen, mit mir einen kleinen Handel zu schließen,
und da komm' ich denn, mich bei Ew. Gnaden
höflichst zu erkundigen, ob es wirklich Dero voller
Ernst war?"
Ich spaße in solchen Dingen niemals, mein Herr,
und versichere Ihnen auf Parole: wollen Sic mir
Ihre göttliche Nase verkaufen, so zahle ich Ihnen
morgen dafür baar 5oo Thalcr. —
»Ich habe mir die Sache reiflich überlegt, und
da ich seht bedeutende Verluste gehabt und bei-
nahe zum armen Mann geworden bin, so will ich
auf den Handel cingehcn; jedoch unter einer Be-
dingung.«
Diese ist? —
»Kein Mensch darf etwas davon erfahren; cs
muß ganz unter uns blcibcn. Sie müssen mir
auch versprechen, die Lcichcnwärterin honett zu
bestechen, daß sie nicht plaudert, Gehen Sic das

ein, so schneiden Sic mir nach meinem Tode in
Gottcönamcn die Nase ab.«
Hier haben Sie den Handschlag, und mein
Ehrenwort darauf! — Lassen Sic sich gefälligst
nieder, ich werde sogleich in Ihrer Gegenwart den
Kaufbrief aufschcn.
Der Hauptmann setzte sich ans Pult und schrieb:
„Ich Endesuntcrschricbcner bekenne hiermit, daß
ich Dato an den Herrn Hauptmann v. A. meine
Nase für 5oo Thalcr — sage fünfhundert Tha-
ler in Spcz. — verkauft, und sic ihm als förm-
liches Eigcnthum zugcsichcrt habe, dergestalt: daß
er damit schalten und walten kann, wie er will,
jedoch unbeschadet von Dero Gesundheit, Schön-
heit, und was zu diesen beiden gehört, indem ich
mir den Nießbrauch derselben bis an meinen Tod
ausdrücklich ausbedungcn habe, nach welchem aber
demselben das Recht zustcht. Ich entsage zu
Gunsten dieses Reverses allen Einwürfen, wie sie
lauten und heißen mögen, insonderheit auch dem,
als gelte eine allgemeine Verzichtlcistung auf die-
selbe nicht, wenn nicht jedem Einwande besonders
und namentlich entsagt worden ist. Urkundlich
habe ich meinen Namen wohlbcdachtig nnd eigen-
händig unterschrieben, und mit meinem Petschaft
besiegelt." Der Kaufmann las cs schmunzelnd durch,
lachte innerlich über den Thoren, steckte das Schrei-
ben sorgfältig ein und empfahl sich auf glückliches
Wiedersehen. Unser Hauptmann lachte noch mehr,
trank auf den glücklichen Gewinn seiner Wette
heute schon ein paar Flaschen Champagner und
borgte sich die 5oc> Thalcr zusammen, da er nicht
so viel baares Geld vorrathig hatte. Den Mor-
gen darauf geschah der Austausch. Der Filz erhielt
sein Geld, der Hauptmann den unterschriebenen
und besiegelten Nevers. Am Mittag war der Wild-
fang bei mir, und versicherte hoch und thcuer, daß
cr das Verderben des alten Filzes in der Tasche
trage. Ich forschte neugierig.
„Laß mich gewähren, Herr Bruder. An vier
Wochen wirft Du hoffentlich Alles erfahren, und
das Geld an die Armcnanstalt abliefcrn können."
Er sprach's — und fort war cr.
Keine vierzehn Tage gingen vorüber, da fiel
eine heftige Kälte ein. Ein furchtbar schneidender
Orkan tobte. Es war ein eisiger Dczcmbcrmorgen,
da trat der Hauptmann, tief in seinen Mantel ge-
hüllt, in das Zimmer des alten Kaufmanns. Die-
ser sah' ihn erstaunt an: „Was führt Sie denn
 
Annotationen