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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0229

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Dcr Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags. Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdilion in Hei-
delberg , bei Kausm. Lcmpp
in Mosbach, Kausm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Eberbach undbciallenPost-
Acmtcrn gemacht werden.




Freitag, dm 7. Juli I L43.

Der Abonnenicntspreis betragt
für ein Jahr i st. 36 kr, für
cm halbes Hahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr 3c> kr. Die
Einrückungsgebühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt L kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpcdition Aus-
kunft enheilt, 3 kr.

NunLes aus der Lett»
Heidelberg, den 5. Juli. Diesen Morgen ver-
sammelte sich der hiesige große Viirgcransscbuß, nm
sich über die von vielen Bürgern gewünschte Besol-
dungserhöhung der hiesigen Bürgermeister zu berathrn.
Da nun aber der Gemeinderath und kleine Bürgcraus-
schuß gesetzlich scbvn über ein halbes Jahr ergänzt
scyn sollte', bis jetzt aber noch nicht ergänzt ist, und
die alten Mitglieder noch funktioniren und bei der
heutigen Berathung anwesend sind, so wurde mit
allen gegen Eine Stimme beschlossen, die Sitzung
über den erwähnten Gegenstand sowohl, als über die
Vorfrage, ob der große Ausschuß — wie er jetzt be-
steht — einen gültigen Beschluß fassen könne oder
nicht, zu vertagen. — Wenn nun, nachdem der Ge-
meinderath und kleine Bürgcrausschuß ergänzt ist, und
die letztere Frage vom großen Ausschuß verneint wer-
den sollte — was sicher der Fall seyn wird, so fragt
es sich, ob nicht alsdann auch alle Beschlüsse, die der
Gemeinderath und kleine Bürgerausschuß seit einem
halben Jahre gefaßt hat, von einem jeden hiesigen
Bürger für null und nichtig erklärt werden können?
Ein hiesiger Bürger.
Vergeltung.
Es war spät in einer Frühlingsnacht, etwa zwei
Stunden nach Mitternacht, als die Bewohner einer
kleinen einsamen Hütte am Rande eines großen
Gemeindcangcrs unweit Warnham noch wachten
und mit unruhigen Blicken aus den kleinen Fen-
stern in die Nacht hinausschautcn, welche die Welt
bedeckte: Ein einziges Licht stand auf dein schlichten
Zische in der Mitte des des Gemaches und bei dem
Scheine desselben sah man an einem Fenster eine
zartgcbildete weibliche Gestalt, die noch immer
Spuren großer Schönheit zeigte, obgleich tiefe Run-
zeln auf den Wangen und das auf der Stirne
gcfiochtenc weiße Haar vcrriethcn, daß viele Lahre
vergangen waren, feit sie in der vollen Blüthe
ihrer Reize gewesen war. Hinter ihr stand eine
anocre Gestalt, ihr so ähnlich, doch mit allen Rei-
zen geschmückt, welche die Zeit der andern geraubt
hatte, mit frisch blühenden Wangen, mit einer
heiteren glatten Stirne, daß sie für ein lebendiges
Abbild der Schönheit, in welcher jene zwanzig Lahre
früher geglanzt haben mochte, gelten konnte.
An einem anderen Fenster stand eine etwas un-
zierliche Dicnstmagd, die in ihrem schlotterigen
Anzüge ein schroffer Gegensatz der beiden anderen
Gestalten war, die reinliche'aber schlichte weiße
Kleider, nach der Sitte des siebzehnten Jahrhun-
derts trugen, wiewohl Armuth, oder Einfachheit

des Geschmacks oder auch Nachgiebigkeit gegen die
strcngzüchtige Sitte der Zeit, alle äußeren Zier-
rathcn entfernt hatte.
Die Nacht war dunkel und traurig. Der Mond
war untcrgcgangen, die Wolken verhüllten fast
jeden Stern und warfen einen grauen Schatten
über das unebene Moor, das sich einige Stunden
weit ausdchnte. Matte Lichtstreifcn am Himmels-
rande schieden die Dunkelheit des Himmels von
der Dunkelheit der Erde und bezeichneten dieGränze
ker Aussicht, und dahin waren alle Blicke gerichtet.
Alle schienen einen bcsondern Punkt am dunklen
Himmel ängstlich zu beobachten, während zuwei-
len hellrothe Flammcnblitzc, plötzlich und schnell
verschwindend, in die Nacht fuhren und ein ent-
fernter vorübergehender Donner ihnen folgte.
Niemand sprach, fo lange jene Blitze leuchteten,
aber dieses Schweigen selbst schien die unruhige
Bekümmcrniß zu verrathen, welche die Bewohner
über die Ereignisse fühlten, von welchen sie eine
so unsichere und unbefriedigende Kunde erhielten.
Nach einigen Minuten hörte das Leuchten auf,
der Donner verstummte und die ältere Frau,
von dem Fenster sich entfernend, sprach mit leiser
Ltunme: .,Es ist vorbei. Gottes Wille ist jetzt
geschehen."
Die jüngere antwortete nicht, aber ihre schönen
Hanke faltend, erhob sie ihre Augen zu dem dunk-
len Himmel, während ihre schwellenden süßen Lip-
pen ein stilles Gebet zu dem nie geschlossenen Ohre
ansscndcte, das die leisesten Herzcnsrcgungcn so
deutlich vernimmt als den lautesten Ruf.
2m nächsten Augenblick hörte man raschen Huf-
schlag auf demWegezanfänglichden dumpfen schweren
Tritt flüchtiger Rosse auf feuchtem Boden, dann
immer naher, dann hinaus über das Moor, laut
schallend auf der steinigen Landstraße, dann dicht an
der Hütte und endlich in der Ferne verhallend.
Sie fliehen, sprach das Mädchen. O Blutter,
sie fliehen! La, finstre Mächte der Luft müssen
diesen blutdürstigen Schwärmern Beistand leisten.
Sic fliehen! Hört ihr nicht, wie die Pferde
sprengen?
Nein, nein Margarethe, erwiderte die Mutter,
cs können ja die Rundköpsc") sein, die fliehen.
Goring und seine Leute sind zwar hier vorbeige-
zogen, aber wir können nicht wissen, welche Rich-

Spottname, den die Königsfreunde den Republikanern
gaben.
 
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