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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0417

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
n. Freitags Bestellungen kön-
nen bei der Expedition in Hei-
delberg , bei Kaufm. Lcmpp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
,n Eberbach und bei allen Post-
Acmtcrn gemacht werden.

Neckar-Bote.
SS.
Dienstag, den 12. Dezember 1848.

Der Abonnement-Preis beträgt
für ein Jahr i st. 36 kr, für
ein halbes Jahr 5/, kr. für
ein Dicrteljahr 3o kr. Di«
Einrückungsgcbühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt r kr. Bei Anzeigen,
worüber die Expedition Aus-
kunft erthcilt, 3 kr.

Vuntes aus der Leit*
Der Proceß gegen O'Connell ist bis in den er-
sten Monat des neuen Jahrs aufgeschoben worden, da
man den gemachten Einreden O'Eonnells nachzugeben
gezwungen war, wodurch die englische Regierung bei
den Irländern nicht eben an Crcdit gewonnen hat.
Nach einem heftigen Gefecht bei Malah in Afrika
fand man unter den Tobten einen Mann, der gerade
so aussieht wie Abd-El-Kader. Daß der Emir am
Kampfe Antheil genommen hatte, wußte man, ob er
wirklich gefallen ist, wird sich bald auSweisen.
Der Professor der Medicin an der Universität Zürich,
vr. Karl Pfcufer aus Bamberg, hat den Ruf an die
Universität Heidelberg angenommen
Auch im Königreich Preußen fängt man an, dem
Branntweintenfel mit Gesetzen zu Leibe zu gehen. Man
sieht der Veröffentlichung eines Gesetzes über die Trink-
schulden entgegen. Sie sollen künftig eben so wenig
als die Spielschulden klagbar sein.
Bei den Ausgrabungen zu dem Bau der Eisenbahn
zwischen Augsburg und Donauwörth ist man auf
eine Reihe von zwanzig Grabstätten gestoßen, welche in
den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung den Rö-
mern, Gelten und Germanen angehört haben sollen.
Man fand darin außer Waffen und Münzen zwei schön
gearbeitete Ketten von Bronze, eine Menge Korallen,
welche die Tobten um den Hals trugen, und noch an-
dere Sachen.
Die Nachkommen des Dichters Göthe wollen des-
sen Haus und hinterlassene Kunstschätze der deutschen
Nation nicht um 60,000 Thlr. ablassen, sondern lieber
die vorhandenen Sammlungen einzeln veräußern, weil
sie hoffen, daß viele reiche Engländer herbeikommen und
mehr bieten werden. Göthe hinterließ ein baares Ver-
mögen von 100,000 Thlr., und für die letzte Ausgabe
seiner Werke zahlte die Cotta'sche Buchhandlung 96,000
Thlr. Man ist allgemein über die schmutzige Gewinn-
sucht der Erben empört. ' (D.Z.)

Das Diadem.
(Fortsetzung und Schluß.)
In unserer Soiree wogte und wallte das halbe
vornehme "Paris durch die schön geschmückten Sale.
Der Thurstcher ruft den Namen des Marquis und
der Marquise; die Damen richten sich neugierig
ans, und werfen noch einmal einen Blick in den
Spiegel, in welchem sie dem eitlen, selbstgefälligen
Antlitze der Dandp's begegnen, die sich eben noch
einmal mustern, und in ihren Kösifcn den unfehl-
baren Pia« rckapitulircn, auf welche Weise sie eine
der schönsten und geistreichsten Damen der Residenz
an ihren Siegeswagen fesseln wollen. Sogar die

alteren Herren putzen mit ihrem seidenen Taschen-
tuche die Glaser ihrer Lorgnetten, denn es sind ja
zwei Wunderwerke zu sehen, der schlaue Marquis
und die schöne Marquise.
Das Paar tritt herein, eine ganze Mischung
von Charakterzügen in ihren Mienen: Sie, Grazie,
Anmuth, Spott und Freundlichkeit; Er, Ernst,
Gemessenheit, Würde, überall die Hände druckend,
überall zunickend, und doch Niemand besonders aus-
zeichnend. Die Klange des Musard'schen Orchesters
tönen von dem anstoßenden Saale herüber; ein
schön geschmückter Stutzer nimmt die Marquise aus
dem Arme ihres Gatten und führt sie zur Franemise.
Der Marquis lächelt gleichgültig; aber die Mar-
quise ist doch nicht gleichgültig, denn ihre Blicke
fliehen verstohlen von einem Ende des Saales zum
andern, um Jemand zu suchen, und sie sucht so
ängstlich, daß sie dabei ihre Bckanntinncn übersieht,
die sie mit freundlichen Blicken begrüßen.
Sie sieht heute nicht gut aus, sagte die Comtessc
L. zu ihrer Nachbarin.
Sic scheint Rouge aufgelegt zu haben, entgeg-
nete jene. — Aber betrachten Sie nur das köstliche
Diadem in ihren Haaren!
Das ist von Thurgot, ich sah cs noch vor wenig
Tagen in seinem Laden, ergänzte die alte, immer
noch jugendlich geschmückte Herzogin von G.
Sie hat immer die neuesten Stoffe und den schön-
sten Schmuck, nahm wieder die Comteste das Wort,
der Marquis muß sehr galant sein.
Wer weiß, meinte die Herzogin. Ich habe ge-
hört, der Marquis wäre sehr sparsam, und gebe
nur das Nöthige. Vielleicht bekommt sie von ihren
Verwandten kostbare Geschenke.
Verwandte? entgegnete schnippisch die Comteffe,
etwa der reiche Banquier auf der Chaussee d'Antin?
der hat selbst Frau und Töchter. Aber man munkelt
etwas. Der junge Graf, der Geheimschreiber des
Präfekten —
Was! schrieen die beiden andern Damen wie aus
einer Kehle-
Der Tanz war eben geendet, und Floronce
schwebte am Arme ihres Tänzers vom Saale wie-
der herein.
Die Herzogin und die übrigen Damen sprangen
von ihren Stühlen auf, um sie zu begrüßen.
Wie gcht's, Marquise? Sie sehen heute wieder
herrlich aus. Was die Agraffe Sic so gut laßt!
uns das herrliche Diadem in Ihren Haaren!
Die Marquise lächelte vergnügt, wenn auch et-
 
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