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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0429

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in Mosbach, Kausm. Frank in
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in Ebcrbach und bei allen Post»
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Neckar-Bote.
Freitag, den 22. Dezember 1843.

Der Abonnemrntsprcis betrögt
für ein Jahr i st. 36 kr, für
ein halbes Jahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Di«
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worüber die Erpcdition Aus-
kunft ertheilt, 3 kr.

Vuntes aus der Leit»
Der König von Bayern hat zur Anlegung einer
Eisenbahn von Bamberg über Schweinfurt und Würz-
burg nach Frankfurt am Main seine Zustimmung ge-
geben und sein Ministerium beauftragt, sich die nöthi-
gen Pläne und Anschläge des Bahnzugö und Nivelle-
ments bald thunlichst vorlegen zu lassen.
Der chrcnwerthe Senat zu Frankfurt am Mai«
hat den Beschluß gefaßt, alle öffentlichen Hazardspiele
in einem Umfang von 12 Stunden den Bürgern und
ständigen Einwohnern von Frankfurt zu verbieten.
Am 12. Dezember starb in Berlin der vormalige
König der Niederlande, Wilhelm I. Er wurde plötz-
lich von einem Schlaganfall betroffen, sank in seinen
Lehnsessel, war aber nicht mehr zu retten. Er brachte
sein Leben auf 71 Jahre.
Das neue Jahr wird mit einem großen und gefähr-
lichen Prozeß beginnen. Am 13. Januar beginnt in
Irland der Prozeß gegen O'Counell, bei dem mehr
als gewölsulich auf dem Spiel steht.
Da der Herzog von Bordeaux in London mit je-
dem Tag mehr als Kronprätendent von Frankreich sich
zeigte und schon vorläufig den Königstitel hinnahm, hat
ihm die englische Regierung offen ihre Mißbilligung aus-
sprechen und ersuchen lassen, das Land zu verlassen.
Der Kaiser von Rußland hat den Bruder des
Obersten Kalergis, der bei der letzten Umwälzung in
Athen die Hauptrolle spielte, aus Rußland verwiesen.
Binnen 24 Stunden mußte er Petersburg verlassen, wo
er seit einer Reihe von Jahren wohnte. Er wird sich
nun in London niederlassen.
Für die mittellosen Deutschen, die noch in dem
unglücklichen Griechenland schmachten und sich sehnen,
dem Hohn und Spott eines Volkes zu entrinnen, dem
Deutschland seit mehr als 20 Jahren große Opfer ge-
bracht hat, ist im Königreich Bayern die Summe von
13,000 fl. eingekommen, die hinreichen wird, unsere
armen Landsleute flott zu machen.
Die neue Stadt Victoria, welche die Engländer
auf der chinesischen Insel Houg-Kong anlegten, soll ein
wahresiSodom sein. Alles Lumpengesindel hat sich dort
angesiedelt und begeht die ^abscheulichsten Verbrechen.
Auf Befehl des Statthalters darf von Abends 8 Uhr
an Niemand sein Haus verlassen. Obgleich der Opium-
handel sehr streng untersagt ist, wird er doch stärker
als je betrieben. Den deutschen Handelsleuten verspricht
man kein großes Glück in China, da die schlechtesten
Bezahler und die ärgsten Betrüger dort zu finden wa-
ren. Wenn dies nicht englischer Wind ist.
Außer den Beiträgen der Könige von Preußen
und Bayern kam in diesem Jahre die Summe von
73,018 Thlr. für den Dombau in Eöln ein.
Für die abgebrannten Hamburger ist noch nach-
träglich ein Wechsel von 10,600 holländischen Gul-
den aus Batavia eingetroffen. Man hat dieses Geld

durch Einsammlung auf den ostindischen Inseln Java,
Sumatra, Celebes u. s. w. znsammengebracht.
Eine der härtesten Maßregeln der neueren Zeit ist
die russische Verpflanzung der Juden. Sämmtlichr
Israeliten, die innerhalb 30 Wersten an der westlichen
Gränze von Rußland wohnen, müssen jetzt trotz aller
Bitten und Vorstellungen Haus und Hof, ihre schönen
Synagogen und die Begräbnißplätze ihrer Väter verlassen
und in das Innere von Rußland ziehen. Es sind 38
Gemeinden, wovon die kleinste 300, die größte 6000
Seelen zählt, die so ins tiefste Elend verwiesen werden.
Die Christen trauern mit ihnen und haben Alles auf-
geboten, den Beschluß aufzuheben, aber vergeblich.
Neunzehn Gemeinden haben erklärt, sie würden sich
keinen neuen Aufenthaltsort wählen, man möge sie
treiben, wohin man wolle.
Unter allen Gewerben liegt jetzt in London das
der Schneider am meisten darnieder. Man schreibt dies
allgemein den vielen Kleidermagazinen zu, die in reicher
Auswahl alte und neue Kleider wohlfeil zum Verkauf
anöbieten, wodurch die Meister nicht viel zu thun und
die Gesellen schlechten Lohn bekommen. Die Schneider
wollen nun zusammenhalten und beim Parlament auf
Entfernung der Magazine antragen.

Eine neue Art von Bärenpelz.
(Aus dem Tagebuche eines Russischen Schiffs-Capiläns.)
Mit Schrecken denke ich daran, daß ich einst
von Füchsen fast lebendig gefressen worden wäre.
Ich war damals Untcrsteuermann auf einem Schif-
fe das nach Grönland auf den Wallfifchfang fuhr.
Wir hatten dort drei Monate fchon unser Geschäft
getrieben und bereits zwölf Wallfische gefangen.
Da wir sahen, daß die Sache guten Fortgang
hatte, so hingen wir unser Schiff mit Eis-Ankern
an einen großen Eisberg und schwammen mit dem-
selben nach allen Seiten im Meere umher, wie in
einem beweglichen Hafen, indem wir mit den Scha-
luppen um unser Fahrzeug herumfuhren und Fische
fingen, wo es irgend anging. Eines Morgens wa-
ren wir an der Küfie von Grönland mit einem un-
geheuren Wallfisch an das Land gestiegen und auf
ein kleines, ganz mit Eisschollen bedecktes Vorge-
birge geklettert, um von da das Gerippe des Wali-
sisches in das Meer zu werfen, als ein auf Wache
stehender Matrose uns zuricf, daß eine große weiße
Parin mit einem jungen Baren gerade auf unfern
Berg zuschwammen, um welchen etwa eine halbe
Meile von uns die Ueberrcstc des erschlagenen Fi-
sches noch zuckten.
Da wir nichts zu thun hatten, so gingen wir
unserer fieben darauf los, nachdem wir vorher für
 
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