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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0159

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Der Rkckar-Dote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags Bestellungen kön-
nen bei der Erpedition i» Hei-
delberg, be, .«autm. Lempp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
AdclSbeim, -Abraham stumpf
in C-berbach undbciallcnPost-
Acmtcrn gemacht werden.

Neckar-Bote.
Dienstag, den 9. Mai

Der?lbonnementsprei» beträgt
für ein Jahr l st. 36 kr, für
ein halbes Jahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr kr. Die
C'inrückunqsgebüh, für dir ge»
spaltciik Zeile ad. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpedition Auj-
kuufi rrtheilt, 3 kr.

Die Nacht des Schreckens.
Don Eebaldo.
Ich lebte mehrere Jahre als Portraitmalcr in
Prag, und war so glücklich, bei den angesehensten
Fanülicn Zutritt und Beschäftigung zu finden.
Ueberhäuste Arbeit und anbaltenkes Sitzen batte
mir die furchtbarste Hypochondrie zugczogcn. Die
Aerzte ricthcn eine Außrcije. Es that mir web',
Bestellungen aufgcbcn zu müssen, die in jede,
Hinsicht so schmcichclbaft und belohnend für micb
waren, und eine Zcillanq cinerKunsl zu entsagen,
an welcher ich mit unendlicher Liebe hing. Doch
die Nothwcndigkeit befahl, die Natur verlangte
ihre Rechte, und die Wanderung durch einen
Theil Böhmens wurde beschlossen. eichen waren
alle Vorkehrungen dazu getrosten und der ^.ag
bestimmt, an wclcbem ich meinen Stab ergreifen
wollte, als ich ein sehr gefälliges Schrc.bcn von
dem Graf S. — erhielt, welcher mich cinlud,
nach seinem, >5 Meilen von Prag entfernten
Nittersitz zu kommen, um ihn nebst feiner Familie
zu malen. Nichts konnte wohl erwünschter sein.
Der erste Reiseplan ward ausgcgebcn und der
entgegengesetzte Weg nach dein Orte meiner Be-
stimmung angctreten. Mein Nanzchen aus dem
Rüchen, meinen treuen Pudel au der Seite, pil-
gerte ich heiler und weblgemuth Zum Thore hin-
aus. Die schöne milde Frühlingslust wirkte wobl-
thatig auf den armen Kranken. Ich fühlte mich
bei ziemlich ftarkeuTagemärfchen leicht und gesund.
Nur in einsamen Wirthshäusern und Nachtguar-
ticrcu eilte das alte Ucbcl zuweilen furcht-
bar zurück, und die erhitzte Phantasie verscheuchte
Schlaf und Ruhe. Ohne bcmcrkcnswcrlhc Aben-
teuer hatte ich das Gebiet des Grafen erreicht. Die
Gegend war äußerst romantifch. Durch malcrifcbc
Felsen schlachten, liebliche Tannenwälder schlängelte
sich mein Pfad. Der wonnevollste Maitag machte
mich empfänglicher sür Naturschönhciten, welche in
üppigster Fülle das Auge ergötzten,, und durch die
mannigfaltigste Zusammenstellung Staunen und
Bewunderung erregten. Aber wie soll ich die Ge-
fühle schildern, welche mich plötzlich wunderbar cr-
Hristen, als ich beim Herauslrctcn aus dichter
Waldung das alte noch ganz erhaltene Rittcrschloß,
Wohnsitz des Grafen, schweigend und drohend
mit seinen grauen Thürmeu und Mauern auf schrof-
fen Felsen vor mir sah! Mau muß Selbst Maker
Md so cinenlhuastasttscher Verehrer alterthümlrchcr

Gegenstands als ich, sein, um meine Empfindungen
bcurtheilen zu können. In sccligcn Träumereien
wmf ich mich auf den grünen Rasen und ergriff die
Bleifcdcr. Meine Augen schweiften unstäl umher,
mcine Hand zitterte bei feder neuen Scbcnkeit,
welche sich mir entfaltete — und doch glaubte ich
nie fo wahr, so gelungen gezeichnet zu haben. Da
mahnte das Lauten desAbendglöchchensvcm Schlos-
se, auch die bereits zur Rüste gehende Sonne zum
Aufbruch, und der Wanderer erreichte Mit klopfen-
den Herzen das Schloßthor.
Schwarz gekleidete Diener empfingen und führten
mich zum Kastellan. Trüb und lranernd trat der
alte Mann dem Fremden entgegen und fragte nach
seinem Begehr. Ich cikiärte ihm die Ursache
meines Hierseins. „Es thut mir leid, mein Herr,"
erwicderte er düster, „aber Sie kommen heute in
ein Trauerhaus." — „Trauethaue?" entgegnete
ich betroffen. — „Ja, mein Herr, unsere Eomlcssr
eine blühende Jungsrau Von achtzehn Fahren, ist
nach kurzem Krankenlager verschieden und vor einer
Stunde ,n der gräflichen Gruft beigcsetzt worden.
Sie werden dem Herrn Grasen daher heute wohl
schwerlich Ihre Aufwartung machen können. Doch
belieben Sie in dies Zimmer cinzükreten, es soll
gleich für ihre Bequemlichkeit gesorgt weiden." Ich
war im Begriff, mich wieder zu empfehlen und ein
benachbartes Wirthshaus auszusuchtn. Der alte
Mann licß cs aber dmchaus Nicht geschehen, und
jagte: dies würde ihm die größte klngclegenhkit
verursachen. Hülsrcich nahm er mir sogleich Hut
und Ränzchcn ab, und nach einer Pwrtclsiundc war
ich in dem großen, durch die reichsten und altgolhi-
fchen Verzierungen ausgeschmückien Zimmer mit
allen möglichen Erfrischungen nur zu reichlich ver-
sorgt. Es wäre unbescheiden gewesen, den wort-
armen Kastellan über die Kamilienverhältnisse aus-
zusragcn, soviel erfuhr ich aber, daß die Vcstorbene
von besonderer Herzensgütc und Schönheit, der
Liebling des Vaters, die einzige Tochter und an-
gebetete Braut eines kürzlich aus geendetem Feld-
zuge zurückgckchrten Majors sei. ' Nur zu bald
überließ man den Angckommenen einer Einsamkeit
welche für arme qqypochondrifien, IN einem
Tiaucrhaufe, unmöglich e> frenl.ch sein kann. DaS
Zimmer ward durch zwei Wachskerzen erleuchtet,
und nicht in der besten Laune warf ich mich in
einen hohen Lehnstuhl. Die Ermüdung der Reiße
wirkte jedoch diesmal so wohlthäsig, daß ich dalld
 
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