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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0135

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Der Neckar-Zote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Fieilags Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdiiion in Hei-
delberg , bei Kann». Lcmnp
in Mosbach, Kaust». Frank in
Adelsheim, Abraham ^tumpff
in Eberbach unbbmabcn'^ost-
Acmtcrn gemacht weiden.


SF.
Dienstag, den 18. April 18-13.

Der AbonncmcntSpreis betragt
für ein Jahr i fl. 36 kr„ für
cm halbes Jahr ü/, kr. für
ein Btcrteljahr 3o kr. Die
EinrüchnngSgebühi für die ge-
spaltene Zetle od. deren Nanin
beträgt 2 kr. Be'l Anzeigen,
worüber die Erpcdition Aus-
kunft eeihcilt, 3 kr.

Die Gerichtö-Siegcl.
(Lchlnß).
Es ist gut sagte Ncgnard halb leise! zu seinen
Genossen, „noch cinc Nacht des Hungers für jene
beiden Aristokraten, dann schiele ich sc nach Nan-
tes." Hierauf trennten sich die Personen, die von
so verschiedenen Gedanken bewegt wurden. Als die
Uhr auf dem Kirchthurm zu Eouquct cilf schlug,
unterbrach Jannequin die Stille. Der Himmel
war mit Wolken bedeckt, aber der Wind wehte
immer noch in derselben günstigen Richtung. Der
Marquis war cingcset lasen. 2n dem Zimmer der
Republikaner Hörle man die Wächter schnarchen.
„Romgät thnt seine Pflicht, dachte Janneguin
„ich werde die meinige thun." Er nahm ein Paar
Pistolen unter dem Bett des Marquis hervor, und
ging auf bloßen Füßen hinaus, um der Gräfin und
ihrem Sohne anzudcutcn, daß sie sich bereit hal-
ten müßten, öffnete alle Führen und erleichterte
aus diese Weise die Flucht. Um halb zwölf Uhr
wcchtc er den Marquis, brach die Siegel an der
Kabinettsthür ab und ließ die Gefangenen heraus;
„Letzt fort, um Gottes Barmherzigkeit Willen!
Keine Sekunde ich zu verlieren." — Sic gingen.
Draussen an der kleinen Hintcrpsorte des
Schlosses trafen sie mit der Gräfin und Ru-
dolf zusammen. Obgleich die beiden jungen Männ-
er, von Hunger gequält sich kaum aufrecht zu
erhalten vermochten, gingen sie doch, so schnell
es ihnen möglich war, der Küche zu; Jannequin
sah sie wie Schatten am Schlosse vorübergleitcn
und hinter dem Felsen von Bcnaguct verschwin-
den. „Jetzt gilt's vor allen Dingen Zeit zu ge-
winnen! vier bis fünf Stunden weiter und sic sind
gerettet!" Er öffnete leise die Thür, die in das
Zimmer der Republikaner führte. Romgät faß
aufrecht im Bette in horchender Stellung. Ob-
gleich betrunken, hatte er sich doch bemüht wach
zu, bleien; und hatte ein Geräusch vernommen.
„Romgät!" siüchcrtc Jannequin ihm zu, indem
er sich nahe an das Lager desselben hcranwagtc,
das dieser mit seinem Gefährten cinnahm. Rom-
gät; erstaunt, den Fischer vor sich zu sehen, der
von dem Mond, der in diesem Augenblicke hinter
den Wolken hcrvortrat, hell beleuchtet wurde, s
wollte eben Ncqnard rufen, als er die Mündung
eines Pistols auf feiner Stirne fühlte. „Wenn «
du dich rührst, wenn du nur cincn Laut von dir S
gibst, so hast du die Kugel in deinem Gehirn." e

Der Trunkene, zitternd vor Furcht, sank auf
das Lager zurück und rührte sich Nicht; er schlief
bald darauf wieder ein; Jannequin zog sich zurück
bis an die Thür. Als die ersten Strahlen des
neuen Morgens die Spitzen des Schlosses erhell-
ten, erwachte Ncgnard. „Hast du für mich ge-
wacht, Prichon?" fragte er, indem er sich streckte
und die Augen ricb. ,Hetzt ist cs Zeit zu fliehen!"
dachte Jannequin, eilte der Thürc zu, warf sich
auf das vorhin gesattelte Pferd und verschwand
im Walde Als Ncgnard von seinen Gefährten
keine Antwort erhielt, sprang er, Boses ahnend,
auf; fein Zorn war gränzenlos, als er Kammer
und Stube leer faud. Er ließ sogleich aus dcm
unfern gelegenen Lccmarin cinc Abthcilung Gcns--
d'armcn holen und durchstreifte das Gehölz und die
Küste, drei Tage lang, mit dcr Wuth einer Hyäne.
Aber alle feine Anstrengungen waren Vergebens,
denn das von Peter geführte Fahrzeug erreichte
nach einer kurzen. Fahrt den Hasen von Plymouth,
und der hcldcnwüthigc Jannequin erreichte, ohne
Unfall, das Hauptquartier der Vandee-Armcc.
Luntcs aus der Weit.
Konstantinoq> el. Der Nictarbole hat zwar bis
jetzt dort keinen eigenen Corrcspondeuten, obgleich das
österreichiscbe Briefporto herabgesetzt worden ist. Dem-
nngcacl'tet kommt ibm hie und da doch etwas zu Oh-
ren. Die Rubrik heißt da gewöhnlich „orientali-
sche Angelegenheiten," auf deutsch Concurs
über die Gantmasse des Groß türken. Da
kommen denn verschiedene Speziatrubriken vor, der
Vladika vom Montenegro, Serbien, Michael Obreno-
witscb, Kara Georgiewiksch, Moldau, Wallaches,
Ghyka Und Philippcskv, Mehcmed Ali, der Libanon,
Drusen und Maroniten, Perser n. s. w. Rußland ist
der Ganlmassecurator, Oestreich der Contradic-
tor. Kurz, der Concurs ist noch nicht erledigt, und
der geneigte Leser, der da weiß daß er nach Kano-
nischem Recht entschieden werden soll und mnßswird
sich wohl noch bis zum Jahr 1UZ5 gedulden müssen,
in welchem Jahr die Türken zugleich mit dem vicr-
hundertsähri'gen Jubiläum der Eroberung Konstanti-
nopels ihren Kehraus zu halten gedenken. Könnten
wir doch die drei großen Advokaten des Hauses Oest-
reich, Johann Sobicsky, unser» Prinz Louis von
Baden, und den Prinzen Engen, „den edlen Rit-
ter" aus dem Boden heranfbescbwören! Frankreich
und England spielen dabei die Rolle des weiland
berühmten Sradtdirektors N. in N., der beiden Par-
teien nach einander Recht gab, vnd auf den Einwurf
seines Johann, daß hoch nur eine Recht haben
könne, antwortete: jetzt hast du auch Recht. Ss
 
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