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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0425

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Dienstag, den 19. Dezember 1843.

Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdüion in Hei-
delberg , bei Kautm. Lempp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
en Ebcrbach und bei allen Post-
Acmtern gemacht werden.

Der Abonnementspreis beträgt
für ein Jahr r fi. 36 kr, für
ein halbes Jahr ü/, kr. für
ein Vierteljahr Zo kr. Di»
EinrückungSgcbühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
betrügt r kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpcdition Aur-
kunft ertheilt, 3 kr.


Wuntes aus der Beit*
Die zweite Kammer beschäftigt sich, nach Vollendung
der Wahlprüfungeu, mit einer Motion des Abgeord-
neten v. Jtzstcin über das Zehntablösungswesen und
den Wahlen für die verschiedenen Commissionen.
Der Zustand Spaniens wird wohl noch lange kein
ruhiger sein. Das neue Ministerium unter dem Prä-
sidenten Olozaga ist bereits wieder abgesetzt, da dieser
die junge Königin auf eine brutale Weise zur Unter-
schreibung eines Erlasses, wodurch die Cortes aufge-
löst werden sollten, nöthigte. Die Königin erklärte
schriftlich durch Gonzales Bravo, welcher an der Spitze
des neuesten Ministeriums steht, wie Olozaga die Thüre
ihres Zimmers versperrt, sie am Kleide gehalten und
ihr die.Hand zur Unterschrift geführt habe. Noch ist
nichts über den Ausgang dieser Sache bekannt. Alle
diese Vorgänge sind mit Zusammenrottungen und Wi-
dersetzlichkeiten verbunden, wobei schon mehrere Men-
schenleben eingcbüßt wurden. Die Königin soll durch
ihre Mutter Christine, welche bekanntlich in Paris lebt,
den König der Franzosen um Aufstellung eines Heers
an der Gränzc ersucht haben, um im Nothsalle ein-
schreiten zu können. Jndcß steht noch der General Prim
vor dem Fort Figuenas, in welchem sich der Insur-
genten-Anführer Amettlcr fortwährend hält. In dem
seither so heftig bewegten Barcelona ist die Ruhe wie-
der hergcstcllt. Die Staatskassen sind abermals ganz
leer. Denn die 30 bis 60 Millionen Reale, welche
von der Königin Christine und einer andern erlauchten
Person, die an den Angelegenheiten der Halbinsel ein
sehr lebhaftes Interesse nimmt, vorgeschossen worden,
sind bereits erschöpft. Die Armee ist so ziemlich des-
organtsirt. Die Garnison von Madrid beläuft sich auf
höchstens 13,000 Mann; fast alle übrigen disponibeln
Truppen stehen in Catalonien und in einigen andern
Theilen des Königreichs, wo man der Ruhe noch nicht
recht trauen mag. Die Civilverwaltung ist dermaßen
verderbt, daß sie jedem zufällt, der ihr noch einige der
letzten Trümmer des öffentlichen Vermögens zuzuwen-
deu vermag.
Die Nachrichten aus Griechenland lauten etwas
beruhigender. Die Eröffnung der Nationalversammlung
ist ruhig vorübergegangeu, die Parteien bemühen sich,
Friede zu halten und der König selbst soll zufriedener
sein. Die Großmächte warten ab, was geschehen wird.
Die Deutschen dürfen sich nicht sehen lassen.
Frankreich hat jetzt zwei Könige, einen König
der Franzosen, Ludwig Philipp in Paris, und den
jungen König von Frankreich, Heinrich V. in London.
Die Besuche der Anhänger des ehemaligen französischen
Königshauses bei dem letzten Zweige desselben, dem
jungen Herzog von Bordeaur in London dauern sort
und machen Aufsehen und Eindruck. Man fangt an,
daran zu glauben, daß der letzte Zweig einmal, nach
dem nahen Tode des Königs Ludwig Philipp, frisch

grünen und die jetzt blühende Königsfamilie in Schat-
ten stellen könnte. Ohne Blut liefe das freilich nicht
ab. — Es werden förmliche Deputationen aus Frank-
reich abgeschickt, und der junge Herzog wird ungescheut
König von Frankreich genannt.
Die Eisenbahn in Irland, welche ohne Dampf, blos
mit atmosphärischer Luft befahren wird, ist am 17.
Dezbr. dem Verkehre eröffnet worden. Hauptvortheile
dieser Erfindung sind die große Schnelligkeit, und die
Möglichkeit, auch Steigungen hinanfahren zu können.
Den Erfindern Clegg und Samuda wurde die festge-
setzte Belohnung bezahlt. — Man denkt daran, dieses
Verfahren auch in Deutschland anzuwenden. — Wag-
ner in Frankfurt soll mit seinem Unternehmen so weit
gediehen sein, daß er auf die ihm versprochene Beloh-
nung Anspruch machen könnte. Obgleich seine Ma-
schine an jedem einzelnen Wagen angebracht werden
müßte, soll sie sich doch durch ihre Wohlfeilheit und
Ungefähilichkeit empfehlen.
Die Stadt Frankfurt ist gesonnen, bei dem Bundes-
tage um Aufhebung der Spielbanken in ganz Deutsch-
land einen Vorschlag zu machen.
Es ist kein Wunder, daß es in ganz Europa so un-
gewöhnlich warm ist, die große Feueresse, der Aetna,
speit einmal Feuer und Flamme. — Hie und da gibt's
Erdstöße, z. B. in Agram.
Trost für die Kaffetrinkcr und Schnupfer. In Ma-
laga ist eine Frau gestorben, die 120 Jahre alt wur-
de , sie trank bis auf den letzten Augenblick Kaffee und
schnupfte.
Mannheim, den 13. Dez. Das dritte Opfer in dem
unseligen Zwist, der sich zwischen dem Frhrn. von Göler
und Hrn. von Haber entspannen, ist bereits gefallen.
Gestern um die Mittagsstunde fand in der Nähe von
Worms abermals ein Duell auf Pistolen statt, und zwar
zwischen dem Herrn v. Sarachaga und dem Herrn von
Haber, bei welchem Herr v. Sarachaga getödtet wurde.

Der Troubadour im Schlamm.
Ein junger Soldat, mit seinem Kameraden in
einem der Bassins von Boulogne arbeitend,
war darin bis an die Knie in Schlamm gera-
then und zog aus Leibeskräften, um feinen Schieb--
karrcn frei zu machen, der noch tiefer als er
fclbst, im Morast stak. Aber alle Anstrengun-
gen waren vergebens und ganz von Schweiß t> ie-
fcnd, fluchte und tobte er, wie ein wüthender
Grenadier. Plötzlich schlagt er zufällig die Au-
gen auf und erblickt den Kaiser, der die Arbei-
ten inspicirte. Da ändert er schnell feinen Ton
und sieht flehend zum Kaiser hinauf, indem er,
fast mit einer sentimentalen Miene, den Refrain
des alten Liedes singt: „Vener, vuner ü mon
 
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