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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0309

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Der Neckar - Bo te erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstag»
u. Freitag». Bestellungen kön-
nen bei der Expedition in Hei-
delberg , bei Kauftn. Lcmpp
in Mosbach, seanfm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Ebcrbach und belastenPost-
Acmtcrn gemacht werden.

Neckar-Bote.
Freitag, den 15. September Z843.

Der Abonnrmcnt»prei» beträgt
für ein Jahr i fl. 36 kr, für
ein halbe» Jahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Die
EinrücknngSgcbühr für dir ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpedition Aus-
kunft crtheilt, 3 kr.

Vuntes aus der Lett»
Auf ihrer Lustreise zur See kam die Königin von
England auch nach Southampton und stieg dort an
das Land. Am Landungsplatz hatte man Teppiche aus-
gebreitet, damit die Königin vom Schiff bis zum Wagen
trockenen Fußes gehe. Durck die Ebbe aber war gerade
beim Aussteigen noch eine Strecke unbedeckt. Der Bür-
germeister der Stadt wußte sich aber gleich zu helfen, er
zog scknell seinen Amtsrock aus, befahl seinen Eollegen
ein Gleiches zu thun, und so kam die Königin trocken
und glücklich an's Land.
Espartero bat bei dem Senate der freien Stadt
Hamburg anfrageu lassen, ob er kommen dürfe. Viel-
leicht könnten ihn die in Lübeck brauchen.
Der Kaiser von Rußland scheint nun doch noch
nach Berlin zu kommen, seinen Schwiegersohn, den
Herzog von Lcuchtenberg mitzubringen, um daselbst eine
Zusammenkunft mit dessen Schwager, dem Kronprinzen
von Schweden zu haben und von da nach Hannover
zum Mannöver zu gehen.
In Frankfurt an der Oder hat der König von
Preußen eine Heerschau über 30,000 Mann abge-
haltcn, welcher auch der Prinz Earl von Bayern, der
Schwager des Königs, beiwohnte. Bei einem Feld-
gottesdienste wurden mehrere neue Fahnen geweiht.
Wer einst nach dessen Tode bas Leben des jetzigen
Königs von Frankreich beschreibt, wird ein besonderes
Kapitel mit der Ueberschrift: Rettung aus Lebens-
gefahr, anlegcn müssen, und es wird ein großes wer-
den, ohne daß der Held, wie sein berühmter Vorfahrer,
. durch Krieg und Schlachten ging. Mitten im Frieden
wie viel Kngeln zielten auf Ludwig Philipps Brust?
Und zu den alten Fährlichkeitcn zu Wasser und zu Lande
jetzt wieder das Feuer, das Nachts im Schlösse zu Eu
auskam; und als er galant wie ein achter Franzos, von
diesem Schlosse der Königin von England nach Treport
entgegeufährt, werden die Vorderpferde scheu und stür-
zen in den Eanal. Philipp heißt auf deutsch «Pferde-
freund.« Ihm wie seiner Familie scheinen die Pferde
feind zu sein, und fast geht's ihm auch mit seinem
Volke, wie mit den Pferden. — An seinen Lebensret-
tungen aber mag der Leser immer dankbaren Antheil
nehmen. Denn wie bei einem plötzlichen Tode die vom
Haupte dieses Königs fallende Krone Frankreich und
die Nachbarlande durchzucken würde, kann heut noch
kein Sterblicher mit Gewißheit sagen.
Weil's jetzt so unruhig in Italien ist, hat der alte
Vesuv nicht Zurückbleiben wollen. Er tobt und donnert
in seinem Hause Tag und Nacht; neue Oeffnungcn
haben sich aufgethan, aus denen der Rauch zu Zeiten
in dichter Menge herausqualmt.
In der Umgegend von New-Orleans in Nord-
amerika wüthet das gelbe Fieber und rafft besonders
viele Deutsche, die sich dort befinden, dahin. In Phi-
ladelphia hat eine Ueberschwemmung großen Scha-

den angerichtet, mehrere Brücken cingerissen und Hau-
ser zerstört. Was die Wasserfluth verschonte, zerstörte
ein gewaltiger Sturmwind, so daß man überall auf
Trümmer stößt.
Durch eine weggeworfcne brennende Cigarre gerieth
im Garten des Palais Royal zu Paris der Reifrock
einer Dame in Brand, ohne daß sie es merkte. Zum
Glück war ein Bassin ganz nahe, wo man das Feuer
löschen konnte. (D.Z.)

Die Hinrichtung.
Ein Nachtstück, aus der Wirklichkeit entlehnt.
Uebcr der Stadt lag ein Oktober-Morgen schauer-
lich und düster, wie die Begebenheit, welcher er
heute leuchten sollte. Trotz dem aber, daß cs kühl
und neblich und gar früh am Tage war, strömte
eine ungeheure Anzahl von Menschen nach dem
Marktplatze, um das Schauspiel einer Hinrichtung
zn sehen, die mit dem siebenten Glockenschlage an
dem Musikus Adolf Sporn wegen einer sechs Mo-
nate vorher an zwei Personen begangenen Mord-
that vollzogen werden sollte.
Der Gasthof zum goldncn Löwen, gerade an dem
Marktplatze und der Blutbühne gegenüber gelegen,
wimmelte von Gasten, theils fremden, die auf der
Herbftreise hier zurückgeblieben, theils Leuten aus
der Nachbarschaft, welche gekommen waren, ihrer
Schaulust das herbe, schauerliche Gefühl des grellen
Eindruckes zum Opfer zu bringen.
Alle Fenster des ganzen Marktes waren ver-
miethct, auf den Thürmcn, Dächern, Schornstei-
nen saßen Menschen, obgleich es noch eine volle
Stunde bis zum Beginn der Erccution Zeit hatte.
2n einer Stube des zweiten Stockwerkes von dem
eben genannten Gasthofe saßen am warmen Ka-
mine, bei der noch dampfenden Punschterrine, drei
junge Deutsche, die, gerade aus Italien rückkehrend,
hier einige Tage zurückgeblieben waren. Sie hat-
ten vergangene Nacht einen Maskenball, den man
zum Besten der Armen gab — mitgcmacht, waren
um vier Uhr von da nach Hause gekommen, setzten
sich, angeklcidet wie sie waren, um den Tisch, und
da sic von der morgigen Hinrichtung gehört hatten,
so waren sie bald entschlossen, die wenigen Stun-
den bis dahin bei ihren Pfeifen und dem dampfen-
den Tranke wachend hinzubringen, Schöne Erin-
nerungen ihres Nciselebens riefen sie sich ins Gc-
dachtniß, gedachten des herrlichen Italiens und der
Schweizer Gletscher, wo sic noch vor wenigen Mo-
naten gewandelt, und es verstoß ihnen, ehe sic stets s
 
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