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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0139

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SS.
Freitag, dm 21. April !l!43.

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Vuntcs aus der Leit»
New-Uo rk. Die amerikanischen Gesetzgeber halten
große Dinge ans Luthers Reime:
„Wer nickt liebt Weiber, Wein und Gesang,
Bleibt ein Narr sein Leben lang."
Beim Schlüsse des Eongresscs in Washington saßen
sie mit ihren Damen pölo-melo im Capiiol, ließen
sich Wein und Ligen re präscntircii, und am Ende
sollte ein seiner schönen Stimme wegen berühmter
Depntirter auch noch ein Liedchen singen. — Wenn
es nur der Bürgermeister von Sch. erfährt, dem man
es einst gewaltig übel nahm, daß er, der früher Mu-
sikant war, seinem Gcmcindcrath hie und da auf der
Violine ausspiclte!
Berlin. Das neue Ehe- und Ehescheidungsgesetz
oder vielmehr der Entwurf dazu, soll in Folge der
gewaltigen Opposition, die cs (selbst un Staatsrath)
gegen sich halte, bedeutende Modisscationcn erlitten
haben, mit deren Berücksichtigung cs nun als ein ganz
neues den ProvinziaUandlagen vorgelegt werden wird.
Unter vielen Befürchtungen, die mau der Strenge
des Entwurfes wegen, für das eheliche Leben, mit
Reckt oder Unrecht hegte, theilcn wir die am aller-
wenigsten, daß die Erschwerung der Scheidung von
der Eingehung ehelicher Verbindungen abschreckcu
würde. Vor der Hochzeit denkt selbst der curngirtcste
Jurist, wenn er feiuc Braut liebt, und umgekehrt,
diese gewiß an nichts weniger als an die Schwierig-
keit oder Leichtigkeit der Ehescheidung. Wenn bisher
in Preußen die Scheidungen häufiger als gebührlich
vorgekommcu sind, so liegt die Ursache sicherlich in
etwas Linderem als dem für sic günstigen Gesetz. Wir
haben in Baden ja sogar freiwillige Scheidungen,
ohne Angabe eines Grundes, und demungeacbtet sind
z. B. im Oberamt Heidelberg bei einer Bevölkerung
von 56,000 Seelen, worunter mehr als Evan-
gelische, im Durchschnitt von 20 Jahren kaum mehr
als eine Scheidung im Jahre vorgekommcu.
Brüssel. Der Prozeß des Caumartin, der in
dem Zimmer der Fräulein Kathinka (deutsch Kathrine)
Heincfettcr seinen Nebenbuhler Sirey erstochen
hat, macht großen Skandal. Hahneukämpfc sind nicht
selten, aber daß Hahnen sich um eine Nachtigall um-
bringen, kommt wenigstens in Raffs Naturgeschichte
nicht vor. Fräulein Kathinka wollte noch als Jung-
frau von Orleans auftreten; man fand cs aber un-
passend, und Viele trauen ihr sogar so viel Zartgefühl
zu, daß sie nach Beendigung des Prozesses, in dem
sie als Zeugin vernommen wurde, Brüssel verlassen
wird. Ihre st um 6 st'Honneur wollte vor den Assi-
sen durchaus nicht anders als im weiten Mantel er-
scheinen: O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen!
London. Der König von Hannover wird einen
Besuch in London machen. Er ist von Berlin plötz-
lich abgcrcist.

Nordamerika. Wir Europäer können cs halten
wie wir wollen, aber in Nordamerika wird die Welt
untergeben, wie cs der Prophet Müller aus der Of-
fenbarung Johannis berechnet hat, am 24. d. M.
punkt 9 Ubr. Unsere uacl ste Nummer wird also nach
dem Weltuntergang erscheinen.
Daö Stelldichein.
Ein Scherz von Panse.
„Unter allen Tlsieren hat doch der Mensch
allein das Recht, ein Narr zu sein," dacht' ich,
von einem langweiligen Morgcnbefuche heimkeh-
rcnd; und vergaß, daß ich nach der vorletzten
Stufe der Treppe die letzte nehmen mgßtc, stol-
perte und hinab gings mit mir in der umgekehr-
ten Himmelfahrt Verdammt! murmelt' ich in
den Hut, den ich mir wieder aus einer Ecke ge-
facht hatte, und unwillkührlich fiel mir das Schick-
fal Mahomcts ein, den der Engel Gabriel drei
Mal an die Erde geworfen halte, um ihm das
Lesen beizubringcn. „Herr, du willst mit mir
etwas durchsetzen; gut, aber meine Gebeine wer-
den daran denken." Langsam und wohlbcdachtig
wie ein abzahlcndcs Hcckciwcib, atdirlen meine
Füße die Stiegen wieder, und die Summe kam
richtig heraus. Doch das Gefühl, die erste Ver-
rechnung mit einigen Nastwehcn bezahlen zu
muffen, war mit einem großen Aergcr verbunden.
Mit starken Schritten lief ich daher vom Mit-
telpunkte meines Slubcnguadrated aus in Spiralen
herum, die Kreislinie wurde immer weiter und
weiter und endigte sich auf einmal an einer
Tifchcckc. Sieh da, ein Briefchen und ein Schlüf-
felchen! Ich suchte die Aufschrift; Nichts der-
gleichen. Der Brief konnte eben so gut der
Wirthfchaslcrin als mir gelten, und noch wahr-
scheinlicher, denn stc halte in einem Tage mit
mehr Schlüsseln zu thun, als ich in meinem
Privatleben gesehen hatte. Das Siegel sprang
auf, und aus dem netten Umschläge kroch ein
halbtodtcr Schmetterling, der wahrend feiner
brieflichen Gefangenschaft auf einem Rofenblatte
gesessen hatte. „Armes, kleines Ding, ich habe
dich und deine Brüder sehr lieb; aber sage
mir, was du willst, und woher du kommst?"
Doch das Sinnbild der Unsterblichkeit schwieg
nnd kroch auf feinen Ucbcrblcibfcln von Füßen
dem Fenster zu. Jst's jemals Nacht im Leben
so war stc jetzt um mich eine totale Sonncnstn-
stcrniß. Gedankenvoll sah ich dem Schmetterlinge
 
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