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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0273

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Der Neckar-Bo te erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags. Bestellungen kön-
ne» bei der Erpcdition in Hei-
delberg , bei Äaufm. vcmpp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Ebcrbach und belasten Post-
Acmtcrn gemacht werden.

Dienstag, den 15. August 1843.


Der AbonnemcntSprciL betrögt
für ein Jahr i si. 36 kr, für
cm halbes Jahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Die
Einrückungsgcbühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
betragt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die .Expedition Aus-
kunft crthcilt, 3 kr.

Rurttes aus der Lett.
In Evln hat man am 31. Juli und in Würzburg
an der Leiste am 1. August die ersten reifen Trauben ge-
funden.
Ein hoher und seltener Gast fuhr in diesen Tagen auf
der Eisenbahn von Basel nach Straßburg. Er
kommt auS Afrika, und ist Willens mit seinem Führer
nach Berlin zu reisen. Er ist von so hoher Statur, daß
kein Wagen und kein Zimmer hoch genug ist, ihn unter-
zubringen. Er trägt ein orientalisches langes Gewand
von Wolle, das deutsche Elima will ihm aber nicht recht
behagen. Obgleich größer als der größte Riese, ist er
doch erst SO Monate alt. Sein Name ist Giraffe.
Mit den Stutzern in Berlin hat cs Saphir in einer
seiner Vorlesungen ganz und gar verschüttet. Als er
auf die Mode zu reden kam, und gerade ein hübsche
Anzahl solcher eleganten Hcrrlein vor ihm saß, redete
er sie mit den Worten an: Meine Herren! Buffon hat
einmal gesagt, der Affe unterscheide sich dadurch von
dem Menschen, daß er keine Waden habe und im Ge-
sicht behaart sei / heutzutage aber hat dieser Unterschied
größtcntheils aufgehvrt.
Bei einer Auktion in Paris wurden die Karten der
verstorbenen Kartenschlagerin Lenvrmand um 3000
Franks verkauft. (D.-Z.)

Die Wette.
(Schluß.)
„Mein Allervortrefflichstcr, ich bitte um Got-
teswillcn, hören Sie auf; ich armer geschlagener
Mann habe so viele bedeutende auswärtige Han-
delsverbindungen in alter Herren Landern. Sie
werden doch nicht so barbarisch sein und einen alten
ehrwürdigen Greis öffentlich an Pranger stellen.
Was würden die Menschen raisonnircn, wenn sic
lasen: der Kauf- und Handelsherr Pi. hat seine
Nase verkauft!"
Der Angstschweiß rann in großen Tropfen dem
alten Sünder von der Stirn; er ging außer sich im
Zimmer aus und, nieder, rieb sich die Hande bald
wund — er konnte keinen Ausweg ersinnen. Endlich
trat er dem Hauptmann, der sich unendlich an sei-
ner Angst weidete, naher, und stöhnte leise: „Allgü-
tigster, so wollen wir lieber den ganzen Handel wie-
der aufhpbcn (mit einem schweren Seufzer) und ich
will Ihnen die 5oo Thaler zurückzahlen."
Dieser fuhr heftig auf: „Donner nnd's Welter!

Herr, halten Sie mich für ein Kind? Ihre ganze
Figur ist nicht 8 Groschen werth, aber Ihre Nase
ist mir nicht um tausend Thaler feil."
„Mein göttlichster Herr Hauptmann, lassen
Sie sich zureden; ich gebe Ihnen noch io Thaler in
den Reukauf."
Alle Teufel! haben Sic den Verstand verloren?
— Mir, einem Kavalier, solchen Antrag!
„Bitte tausendmal um Vergebung — habe mich
versprochen; ich wollte sagen 5o Thaler."
So soll Sic doch gleich — wollen Sie mich in die
Classc der alten Wucherer werfen? Glauben Sie,
daß so eine Lumperei mich reizen soll? —
„Nun ich will noch ein klebriges thun und et-
was zulcgcn."
Vor Gericht werden wir uns sprechen, sagte der
Hauptmann kalt, und nahm seinen Hut.
»Ich bitte Sie um Alles, Gnädigster,« kreischte
der Alte schweißtriefend, und suchte ihm den Hut
zu entreißen, »bleiben Sic, wir wollen uns ja ver-
ständigen. Erzeigen Sic mir armen bürgerlichen
Mann die hohe Ehre, sich bei mir tticdcrzulasscn,
ich will Ihnen einen Vorschlag thun: heute muß
ich noch ausgchen, es stehl mein ganzes Vermögen
dabei auf dem Spiele, aber von morgen an ver-
spreche ich zu Hause zu bleiben.«
Die Kälte muß schon nachthcilig auf ihr Ge-
hirn gewirkt haben. Heute kann ja die Nase am
ersten zum Teufel gehen. Es bleibt dabei, wir
sprechen uns vor Gericht und in allen öffentlichen
Blättern.
Der Alte kam außer sich; er bat, sichte, wollte
gern die hundert voll machen, der Hauptmann
blieb unerbittlich und — stand schon an der Thür.
Da wurde der Geängstigte völlig kopflos, und
legte ein 5o Thaler über das andere zu, daß er
bereits bis aus 700 gestiegen war.
Beinahe hätte der Hauptmann in diesem Au-
genblick sein ganzes Spiel verdorben, und dem Al-
ten gerade ins Gesicht gelacht.
Er konnte nicht mehr an sich halten, riß daher
schnell die Thür auf und stürzte nach der Treppe.
Der Kaufmann ihm nach — hält ihn fest am
Mantel, fällt aus die Knie und bittet mit wei-
nerlicher Stimme um GottcLwillen, tausend Tha-
ler anzuuchmcn.
»Nun wohlan, es sei! aber ich bringe Ihnen
ein großes Opfer,« sagte der Hauptmann kalt,
nahm das Geld, welches der Alte ächzend auf-
zählte, in Empfang — und ging.
 
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