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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0245

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Der Neckar-Note erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags. Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdition in Hei-
delberg , bei ätauft». Lcmpp
in Mosbach, Kausm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
in Eberbach und bciallenPost-
Acmtcrn gemacht werden.





»d'O. AK.
Freitag, dm 21. Juli 1843.

Der AbonnementSpreis betragt
A für ein Jahr l st. 36 kr, für
f». ctn halbes Jahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr 3e> kr. Die
Einrückungsgebühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt L kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpedition Aus-
kunft enhcilt, 3 kr.

Buntes m;s der Lett»
Da vom 1. Juli an in Preußen das neue Ober-
Censurge richt eingetreten ist und daher mehre Ver-
ordnungen nunmehr Gcsetzkraft erhalten mußten, so ist
eine neue königl. Verordnung vom 36. Juni über die
Presse und Censur bekannt gemacht worden. Es muß
ehrend anerkannt werden, daß dadurch mehre beengende
Bestimmungen aufgehoben, manche erfreuliche Einrich-
tung getroffen und den Schriftstellern und Verlegern
mehr Erleichterung gewährt wird. Nur einige wenige
Punkte könnten Zweifel erregen.
Preußen. Die neueste königl. Censur-Verord-
nung enthält manche treffliche Bestimmung. Wenn
z. V. eine Schrift mit Censur gedruckt worden ist und
nachher cvnfiscirt wird, so ist der Staat zur Entschä-
digung verpflichtet. Da sich aber der Staat an den Censor
halten kann, so ist das Amt eines kgl. preuß. Censors
ein gefährliches, und gehören solvente Leute dazu. —
Drucksachen, die unter Autorität der Academieen oder
einer inländischen Universität erscheinen, sind censurfrei,
weil sich's da von selbst versteht u. s. w. — Nur bei
Mittheilung von Staats-Actenstücken kann der Censor
die Namhaftmachung des Einsenders verlangen. -—
Viel besser als bisher ist das Eigenthumsrecht des Her-
ausgebers und Redactenrs einer Zeitschrift gesichert. —
Wer Censurstriche bekommt, darf sich's nicht merken
lassen und muß, wie anderwärts, die Censurlücken still
nm Ballast ausfüllcn.
An der türkischen Pforte, die auf keinen festen
Pfeilern rühr, wird fortwährend gerüttelt und es wird
keine Ruhe sein, bis sie zusammenstürzr. Am meisten
machen jetzt dem Sultan die Perser zu schaffen, die ihn
so ärgern und chikaniren, daß ihm nichts übrig bleibt,
als zu den Waffen zu greifen.
Mehemed Ali hat wegen seines hohen Alters und
weil sein Sohn Ibrahim, sein Nachfolger, ein kranker
Mann sei, in seinem Enkel Albos einen Gehülfcn sick
erwählt, der ihn bei seinen Lebzeiten in allen Regenten-
angelegenheiten vertreten soll.
In der Schweiz soll dem Gründer des Männerge-
sangsdaselbst, dem gemüthlichen vielfach verdienten Haus
Nägeli von Zürch ein Denkmal errichtet werden. Ein
gutes Denkmal sind die sich immer vermehrenden Lieder-
tafeln und Männerchöre. (D.-Z.)
Der Lommiö.
^vant. — konstant. — chprös.
In der guten alten Zeit, als dem Commis,
rvie allen anderen ehrlichen Leuten der Zopf noch
hw.Lcn über den Rockkragen baumelte, als er, nach
überstandenen Lehrjahren, in denen die dürrge-
zahlte Hand des gezopsten Principals, des ehr-
baren Kauf- und Handelsherrn mitunter feine

Wangen gar arg gestreichelt hatte, hoch oben lo-
girte in einem weißen Kämmerlein neben dem
Tabaksbodcn, da waren noch andere Zeiten, als
heute; da hieß der Commis noch »Kaufmanns-
diener«, und stand früh um halb fünf auf,
klopfte mit einem Haselstock den Gewölbrcck aus,
reinigte Stiefeln und Physiognomie, band ein wei-
ßes Halstuch um die Gurgel und stürzte die Treppe
hinunter um den Laden zu offnen und zu ordnen.
Er speiste des Mittags im Hintcrstübchcn des Ge-
wölbes, allwo er durch ein kleines Fenster'lein in
der Stubenthüre die herrlichste und vollkommenste
Aussicht auf den ganzen Laden genoß, und bevor
er einen Bissen in den Mund fchob, hatte er schon
2mal seine Blicke in den Laden geschoben; sowie
die Kliugelthüre draußen geöffnet wurde, stürzte
er hinaus, ohne erst hinuntcrzukaucn, um den an-
gekommenen Kunden eiligst und freundlichst zu
bedienen, sich mit ihm zu unterhalten, angenehm
und höflich, ob auch das Rindfleisch mit dcnGrüup-
chen Nro. 3 hinten in der Schreibstube eiskalt
wurde. Des Abends wenn die Käufer fparfamer
kamen, fabricirtc Signor Dütcn, und es geschah
manchmal, daß bei dieser Beschäftigung das müde
Haupt des Kaufmannsdieners schlaftrunken
in den Topf mit Kleister nickte, der dem edlen
Haupte zur Pommade wurde. Ja, der Kauf-
mannsdiencr von ehedem konnte wohl müde sein,
nach des Tages Last und Hitze, er konnte mit
Ehren hinnickcn mit dem Kopfe in die Kleister-
schüssel, denn er war auf den Beinen, von früh
bis ur dir tpatc Nacht hinein; er konnte mit Recht
des Abends um halb zehn ein schiefes Maul zie-
hen, hatte er doch den lieben langen Tag ein freund-
liches Gesicht gezeigt.
Am Sonntag erschien unjer Freund im blauen
Krack mit blanken Knöpfen und in frischgcwasche-
uen Nankinhosen, wenn cs Sommer war; der Frack
war von feinem Tuch gefertigt, wie man fchr deut-
lich an den Faden erkennen konnte, die offenkun-
dig da lagen zur Ansicht jedermanns, wie die
deutfchc Treue. Er hatte aber diesen, seinen ihm
eigenthümlich zugehörenden und bezahlten blauen
Krack mit blanken Knöpfen nicht nur dcßwcgcn an,
weil es Sonntag war, sondern weil er Sonntags
fein sittfam und ehrbar mit dem goldschnittigcn
Gesangbuch unter dem Arme in die Kirche stie-
felte und nach der Kirche jeden Sonntag mit an
der Tafel des Priwcipals, unten qncer, speiste. Des
Abends packte er den Sonntag wieder fein sauber-
 
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