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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (7) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.42479#0409

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstag»
u. Freitag» Bestellungen kön-
ne» bei der Expedition in Hei-
delberg, bei Kaulm. Lcmpp
in Mo»bach, Kau sm. Frank in
Adclöbcim, Abraham Stumpf
,n Ederbach und bei allen Post-
Acmtcrn gemacht werden.


A', «. S5.
Dienstag, den 5. Dezember 1843.

Der Abonncment»prci» beträgt'
für ein Jahr i fi. 36 kr, für
ein Halde» Jahr 5ä kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Di«
Einrückung»gcbühr für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Expedition Aut»
kunft erthcilt, 3 kr.

Em Zug aus Kalergi's Leben.
Die neueste griechische Revolution, durch welche
das Volk der Hellenen, von einer Anzahl kühner,
ehrgeiziger Glückssoldaten geleitet, eine Verfassung
stch erzwang, hat Kalergi's Namen zu einem hi-
storischen gemacht. Unsere Leser werden es uns
danken, wenn wir ihnen eine Anekdote aus dem Le-
ben dieses kühnen Parteigängers mitthcilcn, die sei-
nen Charakter auf ganz besonders sprechende Weise
schildert. Kalergi galt vor einigen Jahren für ei-
nen der eifrigsten Anhänger der russischen Politik,
und genoß das unumschränkte Vertrauen des Präsi-
denten Capo d'Jstrias. Der bekannte französische
Schriftsteller Bory St. Vincent, der mit Kalergi
persönlich bekannt ist, verbürgt nachstehenden Zug
aus Kalergi's Leben:
„Kalergi, der sich schon als Jüngling unter den
Kapitanis im Unabhängigkeitskriege durch Schlau-
heit und Tapferkeit ausgezeichnet hatte, war na-
mentlich durch die Eine Kriegsthat gefeiert worden,
die ich hier erzählen will, und die zu der Zeit, als
ich Kalergi als Adjutanten des Präsidenten bei des-
sen Reise nach Modon daselbst zum erstenmal sah,
noch in Aller Munde lebte. Er hatte im Frühjahr
>8^5 in Nauplia eine Bande Kretcnser versam-
melt und sich mit ihnen nach ihrer Heimatinscl ein-
geschisst, um die Sphakioten, die Bergbewohner von
Kandia, welche in ihren Sitten und Bräuchen viele
Aehnlichkeit mit den wilden Maynotten haben, in
ihrer Empörung gegen die türkische Herrschaft zu
unterstützen; unterwegs hatte er noch das Fort Gra-
bussa, das auf steilem, allseits vom Meer umgebe-
nen Felsrnkegel gelegen, seither für uneinnehmbar
gegolten hatte, eingenommen und besetzt, und die
ganze ziemlich starke türkische Besatzung über die
Klinge springen lassen. Er focht hierauf in der un-
glücklichen Schlacht mit, worin der tapfere Held
Karaiskakis den Tod fand, und welche die Griechen
unter den Mauern von Athen ebenso sehr durch die
Großsprecherei und Fanfaronnerie des Admirals
Cochrane als durch die Unerfahrenheit des englischen
"Generals Church verloren; in diesem Gefecht ward
er mit den Massen in der Hand gefangen genom-
men, und verdankte sein Leben nur seiner Kühnheit
und Geistesgegenwart. Die Krieger nämlich, denen
er in die Hände gefallen war, gehörten zu jenen
albanesifchcn Parteigängern, die den Krieg aufei-
Lene Kaust betreiben und keine andere Belohnung
für die Gefahren, denen sic trotzen, erhalten als den

Ertrag der Plünderung, die man ihnen gestattet;
sie brachten ihren Gefangenen daher vor Refchid-
Pascha, der in diesem Augenblick den Gefangenen
und Todtcn die Köpfe abschlagcn ließ, um von den
wohlerhaltensten derselben eine Sendung nach Kon-
stantinopel zu machen. Kalergi sah nicht sobald die
entsetzlichen Vorbereitungen zum Einsalzen der ab-
geschlagenen Köpfe, als er— bekannt mit dem Cha-
rakter der Albanesen — sich an den Häuptling der
Bande, in deren Gewalt er gefallen war, wandte.
„Guter Freund!" sagte er, „ich bin der Bruder
des reichen Kalergi in Nauplia, den Du wenigstens
dem Namen nach kennen mnßst, und der Dir, wenn
Du mir das Leben lässest, gerne tausend TalariS
als Löfegeld für mich bezahlen wird!"
Dieser Vorschlag ging bei den geldgierigen Ar-
nauten nicht verloren, und als Einer aus der Bande
versicherte, daß er den reichen Kalergi wirklich kenne
und geneigt halte, diese Summe als Lösegeld zu
bezahlen, ließ sich der Kapitani zu einer Unter-
handlung herbei.
„Wie sollen wir aber unser Geld erheben, wenn
Dein Bruder je einwilligt, Dich auszulösen?"
„Gehe selbst und hole das Geld!" entgegnete Ka-
lcrgi, „ich verlasse mich auf Deine Ehrlichkeit und
bleibe ja inzwischen als Geißel bei den Deinigen;
geschieht Dir ein Unglück oder bringst Du nicht die
tausend Talari zurück, so bin ich ja noch immer da,
um von Euch geköpft oder gepfählt zu werden."
Man ward nun bald Handels eins. Dimitri Ka-
lcrgi schrieb einen Brief an seinen altern Bruder,
und ein Reiter ging damit alsbald nach Nauplia
ab, wo dieser wohnte. Inzwischen hatte der Serias-
kcr von der Gefangennehmung eines tapfern feind-
lichen Häuptlings gehört, ließ ihn vor sich bringen
und b fahl, nach einem kurzen Verhör, daß man
auch ihm den Kopf abschlage; allein die Krieger,
welch; ihren Gefangenen als bereits gewonnenes
Geld betrachteten, widersetzten sich dagegen, falls
man rn- r nicht alsbald tausend Talari ausbezahle.
Reschs-Pascha drohte, aber die Arnautcn blieben
unerschütterlich, und da er es für gefährlich halten
mußte, '-eser wilden zügellosen Soldateska.,Anlaß
zur UnzP'riedenheit zu geben, sah der türkische Heer-
fühs.e . h genöthigt, gelindere Saiten aufzuziehcn
und e? zte, da er bereits in seinem Berichte an
den A- ßycrrn die Anzahl der Gefangenen, deren
Kö; als Beweisstücke folgten, auf tausend
i ang. Heu, könne er sich doch unmöglich mit 999
 
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