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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

DOI Kapitel:
Nro. 1 - Nro. 9 (3. Januar - 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0033

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Der Reckar Bote erſcheint
wöchentlich zweimal , Dienſtags
u. Freitags Der ? bonnements-
preis verrägt für ein Jahr 1 fle.
36 kr., für ein halbes Jahr 54
kr., für ein Vierteljayr Zo kr.

Dienſtag, den 28.

Neckar-Bote.

Aro. s.

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
Q jzeigen, worüber die Expedition
.. Auskunft ertheilt, 3 kr.

Januar 1 845.





HYPuntes aus der Seit.

_ Se. königliche Hoheit der Großherzog hat ſich der
Wittwe und der Kinder des Staatsraths Eichrodt mit
der Herzensgüte angenommen , die wir an Seinen Hand-
lungen zu sehen längſt gewohnt snd. Gleicbzeitig mit
dem aus Staatsmitteln ihr verliehenen Gnadengehalt
wurde ſie durch die Nachricht erfreut, daß Se. k. Hob.
der Großherzog ihren beiden älteſten Söhnen, wovon
der Eine dem Militär sich midmet, der Andere die
Rechtswiſsenſchaft ſtudirt, wahrhaft fürſtliche Unterſtü-
zungen hat zukommen laſſen.

Der Regierungsrath von Zürich hat als vorörtliche
Behörde ausgeſprocten, daß die Aufnahme oder Dul-
dung von geiſtlichen Orden in einzelnen Kantonen nur
dann eine Einmiſchung der Eidgenuoſsenſschaft veranlaſ-
ſen köune, wenn dem Orden Unternehmungen gegen
die Staatsverfaſſung nachgewieſen werden. Es ſei ge-
genwärtig kein Grund vorhanden, gegen die Jeſuiten
einzuſchreiten, doch wird der Stand Luzern freundlichst
erſucht, ſeine Berufung derselben zurückzunehmen.

Mehrere Baſeler Gläubiger der Luzerner Angeklag-
ten haben gegen die Maßregel protesſtirt, wodurch den
Letzteren das Verfügungsrecht über ihr Vermögen ent-
ogen wird. ] :

: Die Felſen über Felsberg haben ſich mehr gesenkt
und der Einſturz scheint näher, als man bisher be-
fürchte.

Die Anklage gegen den Scbriftſteller Karl Heinzen,
die ursprünglich auf unehrerbietigen Tadel der Landes-
geſelze und Majeſtätsbeleidigung lautete, geht nun in
ihrem zweiten Theile durch den Ausspruch des Appel-
lationsgerichtes nur auf verletzte Ehrfurcht gegen den
Landesherrn. |

Den preußiſchen Provinziallandtagen werden mehrere
Petitionen von großer Bedentung vorliegen. So ſind
von Köln und Bielefeld ſolche eingegeben worden, wel-
che die Organiſirung der Reicbsſtände, die Einfübrung
der Preßfreiheit, Oeffentlichkeit und Mündlicbkeir im
Criminalverfahren und Geſchworene, Lehrfreiheit, Ab-
schaffung des eximirten Gerichtsſtandes der Spielban-
ken und Lotterien n. s. w. zum Gegenſtande haben.

Die Errichtung einer Univerſität in Münſter iſt von
L 11'Gtetess der öffentlichen Beſprechung in den
Zeitungen.

Biſchof Arnoldi iſt auf einer Reiſe in Köln,, Bonn
und Aachen feſtlich empfangen worden. In Bonn wurde
ihm ein Fackelzug gebracht, an dem ſich Bürger und
Studirende in großer Anzahl betheiligt hatten, in Ag-
chen war Illumination und ebeufalls Fackelzug.

. HYus Karge meldet man, daß der dortige in großer

Achtung gestandene, seit 54 Jahren im Amt gewesene
Rabbiner Moſes Landsberg am 7. d. M. mitten in
einer Predigt, gleich nach den Worten, die er aus
dem Buch Hiob anführte: „Nackt ging ich aus der
Mutter Leib und nackt werde ich in den Schooß der
Erde zurückkehren« leblos hinſank. Am Tage des Lei-
chenzuges waren alle Kaufmannsläden in Karge ge-



ſchloſſen.

Die Maßregeln gegen das Einſchmuggeln verbotener
Bücter nach Rufland sind dahin erleichtert worden (d.
h. den Gränzaufſehern), daß dieselben befugt ſind, alle
Schriften, die in einer Sprnche geschrieben ſind, wel-
che sie nicht verſtehen, als verbotene Bücher zurückzu-
weiſen oder zu vernicbten. ;

Die Kölniſche Zeitung ſchreibt: Von geſchätzter Hand
wird uns das folgende, wohl eben ſo seltene als merk-
würdige Jägerglück berichtet, deſſen volle Wahrheit
man uns verbürgt. B. aus R. erlegte jüngſt bei ei-
nem Treibjagen im Hochſcheidter Revier mit 5 Dop-
pelſchüſſen 4 Hirſche und 2 Rebböcke, nämlich auf
dem Stande zwei Hirſche und zwei Rehe, dann wie-
der zwei Rehe...



Die Mainzer Narrhalla führt unter der Rubrik «Na-
turgeſschichte« unter anderen auch auf : den Commis vo--
Yyageur, gummi elastieum (Blumenbach). Auf der gan-
zen Erde und menſcbhenleeren Inseln zerſtreut, überall
zu Hauſe, nur nicbt zu Hauſe, reiſt selten in drin-
genden, meiſtens in zudringlichen Geschäften und macht

Beſucbhe ohne eingeladen zu werden , weißt nie die Zäh-

ne, ſelbſt wenn man ibm die Thür weiſt, und kann
Cottelets, Befsteaks und Grobbeiten hinunterſchlucken,

] ohne ſich den Magen zu verderben. Was er Muſter-

haftes bei ſich hat, trägt er gern zur Schaun, und wenn
er gereizt wird, macht er Bunmots. Daß von dieſer
Ordnung die Beſcheidenheit erfunden worden, iſt nicht
leicht zu vermuthen. Diplomat (homo pliklicus (Curier)
hat eine ſcharfe Zunge und beqſitzt 1n der Regel einen
ſ[tarken Willen, Widerwillen gegen die Wahrheit zu
haben. Wenn ihm die Welt zu eng wird, erweitert
er sein Gewissen und Geſichtskreis und wendet sogar
löbliche Mittel an, wenn ſie ihm zum Zwecke verhel-
fen, nährt ſich von diplomatischen Diners, und trägt
seine Orden mit Geduld, reist oft im Auftrage, Herr-
ſcherhäuſer und Völker enger aneinander zu fesſſeln r.

. Hofrath; davon iſt nicht viel zu ſagen. + Opern-

ſängerz; glaubt an die Unſterblichkeit der Kehle, läßt
ſich den guten Ton und den feinen Takt noch beſſer be-
zahlen als der Diplomat und hört gewöhnlich mehr auf

| seine eigene Stimme, als auf die Stimme der Billig-

keit. Den Theaterdirektoren iſt er noch theurer als
deim Publikum, und am theuerſten dann, wenn er ohne
Abſchied zu nehmen auf einem andern Breterwelttheil
ſein Glück und das Publikum verſucht. Was den weib-
lichen Theil in dieſer Ordnung, die Sängerinnen näm-
lich, betrifft, ſo ſind dieſe zum Schnupfen sehr geneigt.
D Papierſpekulant, homo papyreus speculans (Curier].

| In Frankfurt und Bonames zu Hauſe, nährt sich von

Differenzen und glücklichen Eonjunkturen, leidet oft an
Schwindel und verrichtet seine tägliche Andacht in der

Börſe; er liebt die Kunſt reich zu werden und iſt nicht .

selten fähig , ſich zahlungsunfähig zu erklären; »la bourse
ou la vie« iſt ſeine Looſung, und spekulative Wiſſen-
ſchaften ſein Element; die Behauptung, daß er ein
Herz habe, beruht entweder auf einer Verläumdung ,
oder auf einem Irrthum.


 
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