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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

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Nro. 34 - Nro. 42 (2. Mai - 30. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0155

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Der Reckar » Böte erſcheint N ;
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Jo. 26.

preis beträgt für ein Jahr i fl.
36 kr., für eim halbes Jahr 54
kr., für ein Vierteljahr 30 kr.

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Ber An-
zeigen, worüber die Expedition
Auskunft ertheilt, 3 kr.

i Freitag, den 9. Mai 1 845.





Buntes aus der Seit.

Da keine Vereinigung der Staaten Würtemberg und
Baden wegen des Eiſenbahnbaues zu Stande kommen
will, ſo bat sich nunmehr eine Geſeliſchaft entschlossen,
den Bau bis Pforzheim zu übernehmen. Das erfor-
derliche Kapital iſt ſchon gezeichnet, und ſobald die Ge-
sellschaft die Regierungsgenehmigung erhalten wird, sol-
len die Arbeiten beginuen.

Die Arbeiten an der würtembergiſchen Staatseiſen-
bahn ſchreiten raſch vorwärts. Der Tunnel unter dem
Roſenſtein bei Kannſtatt soll seiner Vollendung nahe
sein, da man denselben von beiden Endpunkten zu glei-
cher Zeit kräftig betrieben hat. Jedoch ſoll ſich leider,
wie das Gerücht sagt, der fatale Unſtand ereignet ha-
ben, daß die Vereinigung nicht im Mittelpunkte zu-
sammentiiſft, sondern beide Theile neben einander kom-
men. Es iſt übrigens kaum glaublich, daß den sehr
erfahrenen Ingenieuren, welche bei der würtembergi-
ſchen Bahn angestellt sind, etwas dergleichen zuſtoßen
sollte: ! i
Am 5. Mai ſtund Dr. Robert Steiger in Luzern vor
dem Kriminalgericht, und wurde zum Tode riittelſt
Erſchießens verurtheilt. Nach seinem Vertheidiger, Dr.
Kasimir Pryſfer, sprach er selvſt höchſt rührend, so
daß alle Anweſenden tief ergriffen waren uud viele
Thränen floſſen. Diesen Eindruck beeilte sich indeß der
. Ankläger, Fürſprech Hegi, durch eine leidenſchaftliche
Rede zu zerſtören. '

Am 2. ds. ſtarb zu Bamberg der Ayppellationsge-
richtspräſident, Fürſt v. Wrede, durch seine Dienit-
führung als Regierungspräſident allen bairiſchen Pfäl-
zern bekannt und werth. .

Dem Naubmörder Eppſteiner in Munchen iſt das
Todesurtheil publicirt worden, und am 5. ds. Mets.
hatte die Vollſtreckung ſtatt.

Eberbach am Neckar.

Wennu, wie es jeider nur allzu häufig vorkommt, die
vielen öſfentlichen Blätter die für das Interesse des Vol-
kes in die Schranken treten, über das starke Zunehmen
des Pauperismus klagen, ſo erfüllt dies gewiß jedes
Gemüth, das nicht mit dem Panzer der Gefùhllosigkeit
überzogen iſt, mit tiefem Schmerz, beſonders da die
Klagen faſt immer den Stempel der Wahrheit tragen.
Bedenkt man nun, welche Uebel der Pauperismus in
ſeinem zahlreichen Gefolge führt, so mag man wohl
zuweilen nicht ungegründete Besorguiſſe für die Zukunft
hegen, da theilweise ſchon die Gegenwart den Schlüſſel
dazu reicht. Rechnen wir z. B. die Vorfälle die ſich
seit L oder 3 Jahren in unserer Stadt Eberbach zu-
getragen haben, und was finden wir ? Einbruch und
Di.bſtahl, und zwar ſeit den letzten drei Jahren mehr
als in den vorher verfloſſenen drei Decennien. Viel-
leicit trifft den Verfaſſer dieses der Vorwurf, durch
Veröffentlichung solcher Vorfälle den guten Rufe unserer
Stadt nach Außen zu ſchaden, doch kann ſich derſelbe
leicht beruhigen bei dem Gedanken, daß er noch Colle-
gen habe, die in weit verwerflicherer Weiſe ein Glei-
ches hun. Doch zur Sache:



In vergangener Woche ward hier bei einem armen
Israeliten, Vater von 7 Kindern, zu denen ſich bald
das 8. gesellen wird, ein Einbruch verübt und ihm in
verschiedenen Objekten an Werth 500 fl. entwendet,
eine Summe, die dem Armen beinahe ſein ganzes Ver-
mögen ausmacht. Es trifft diesen Mann keineswegs
der Vorwurf der leichtſinnigen Erpoſſtion der gestohlenen
Waare, denn dieſelbe war im dritten Stocke seines Hau-

ſes aufbewahrt, weshalb sch die frechen Diebe einen

großen Leiter bedienten, um zum Ziele zu gelangen.

In der That wiederholt ſich der Diebſtahl mit Ein-
bruch auf eine allzuhäufige Art in unſerer Stadt, und
mancher Begüterte mag wohl mit Recht bang haben vor
einem ſolchen nächtlichen Beſuche, zumal da die Diebe auf
eine merkwürdig raffinirte Art zu Werke gehen. Daß eine
Bande hier oder in der Umgegend beſtehe, mag wohl außer
Zweifel sein, daß aber noch nicht die geringſte Spur davon
entdeckt wurde, dies bleibt immerhin merkwürdig und läßt
den vielleicht nicht unrichtigen Schluß anwenden, daß die
Thäter ihre Nachſpäher au Feinheit übertreffen mögen.
Schon seit 5 Jahren her wird bei den verschiedenen Wei-
herbeſitzern abwechslungsweiſe ein Forellendiebſtahl ver-
ubt, der wahrhaft empörend iſt, zumal da es ſcheint, als
werde ein förmlicher en gros-Haudel mit dieſer geſtohle-
nen Waare getrieben; nehmen wir ferner den Diebſtahl
imit Einbruch bei Herrn Kaufmann L. , Herrn Holzhändler
K., Hrn. Reſtaurateur B., Hrn. Gaſtwirth W. rc. und
inan wird gewiß ſtaunen, daß das Treiben ſolcher un-
ſaubern Gäſte bis jetzt noch nicht an das Tageslicht ge-
langen konnte! & ]

Daß die Noth diesen Diebſtahl hervorruft, mag im-
merhin noch in Zweifel gesetzt werden, denn ſo groß die
Armuth 1n der als reich geltenden Stadt auch iſt, ſo fin-
det sich doch für Den der gerne arbeitet, Verdienſt genug,
un leben zu können; aucb sorgt die Stadt mic großer Frei-
jebigkeit für die Unterhaltung der Armen. Anceborne
Neigung zum Steblen, Sittenverfall, Hang zum Wohl-
leben, Arbeitsscheu und wie dergleichen Krebsſchaden der
Menuſchheit heißen mögen, scheinen eher die Gründe dg-
zu zu sein. Wird dieser Zuſtand enden, wird er bleiben
wie er iſt, oder wird er ſich verſchlimmern ? Das ſind
Fragen, die zu verſchiedenen Meinungen führen.

Wir ſeten nicht den entfernteſten Zweifel in das raſt-
loſe Bemühen unjerer Behörde, den Faden dieſes Kuäuels

mit kräftiger Hand zu faſſen, können jedoch nicht genug

bedauern, day es bisher noch nicht gelungen iſtz daß es
endlich einmal an den Tag kommen wird, dafür bürgt
ein altes Sprichwort, immerhin aber wird es zu ſpät
ſein. Das für die Sicherheit wachende Perſonal iſt aus
ſehr thätigen Leuten zuſammengesetzt (dafür haben wir
Beweise in Menge], man kann es der Polizei nicht zu-
muthen, Tag und Nacht die Stadt zu durchſtreifen, es
ſinden sich deshalb freie Augenblicke genug, in welchen
die Diebe ungejſtört ihr Weſen treiben können. Der
Nachtwächter bläst die Stunden und begibt sich alsdann
auf das Wachtzimmer, nach ihm erſcheint die ſogenannte
Patrouille und macht die Runde um die Stadt. Ver-
weilen wir einen Augenblick bei dieſer Patruoille.

(SgUuß folgt.) z
 
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