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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

DOI Kapitel:
Nro. 43 - Nro. 46 (3. Juni - 13. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0193

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Buntes aus der Zeit.

Eine Allkrböchſte Kaklinetsordre des Königs von |

Preuſſen vom 50.. April in Sachen der Chriſtfkatho-
lifken hat eine allgemein freudige Seuſation hervorge-
bracht. Es iſt darin das hohe Inutereſſe ausgespro-
chen, welches der Staat an der chriſtkatholiſchen Be-
wegung nehme und nebmen müsse; es iſt ferner darin
auf den annoch ſchwankenden Zuſtand der meiſten erſt
in der Entwickelung begriffenen Gemeinden hiengewie-
sen; es wird darauf geſchloſſen, daß die chriſtkatholi-
ſche Angelegenheit noch nicht ſprucbreif ſey , und da-
rum den königl. Behörden jedes hemmende oder för-
dernde Einſcbreiten mit Recht unterſagt.

Der ehemalige ruſſiſche Geſandte am köuigl. Grich.
Hofe Geh. Ralh Katakast, welcher bekanntlich bei der
am 153. September 1845 in Athen ſtattgehabten Re-
gierungs-Reform von dieser Stelle abberufen undans-
ser Dienſt gesetzt wurde, iſt nun in Folge höchſten Be-
fehls wieder ins Miniſterium des Auswärtigen ange-

ſtellt worden und ſoll näcthſtens wieder zu einer aus-

wärtigen Miſſion berufen merden.

Die chineſiſche Regierung befindet ſich in großer
Geldverlegenheit , das Deficit beträgt im vorigen Jahr
etwa 13 Millionen Pfund Sterling , bloß die großen
Beiträge der reicheren Chineſen , die dafür mit Orden
und Beförderungen belohnt werden, setzen die Regie-
rung in den Stand die nöthigſten Ausgaben bestreiten
zu können.

Frankreich und England haben sich in Luzern für
die Rettung des Dr. Steiger verwendet, und sich au-
geboten , denselben zur Deportation in ein auſsereuro-
päiſches Land zu äbernehmen. Die Luzerner Regierung
ſoll jedoch dieſe Anträge abgelehnt und ſich mit dem
Ersuchen zur Uebernahme Steigers an die öſtereicbi-
ſche Regierung gewandt haben. Es iſt zu hoffen, daß
Oesterreich dem Gesuche willfahren werde, da von Lu-
zern aus erklärt worden, daß es im entgegengeſetzten
Fall ſich genöthigt sehen würde, Steiger erschießen zu
laſſen, um ihn für Luzern unschädlich zu machen.

l



Der Grieche Siwinis,
in ruſſiſchen Dienften.
(Fortsetzung. )

War der alte Billionär nicht ein Grieche?
Hätte nicht er, ja bei Gott! Er allein ſein wim-
merndes Volk vom Verderben retten., dic küafz
tige Auferſlehung, die Bluthe seines Volkes mit
einem Male herbeiführen können ~ durch das ein-
fachfte Mittel von der Welt , deſſen Beſitz. ihn

faſt erdrüctte kz

Hätten ihn nicht die ſtonmenPrieſter.,
deren Mitte er lebte, zu solchem Werk der Un-
flerblichkeit ermahnen, ihm mit einem Beiſpiele

N e ck a r-U
. Je .
Dienstag) den 10. Juni 1 845.



Die Einrückungsgebühr für die
arſpaltene Zeile oder derin
Raum beträgt 2 kr. Bei Un-
zeigen, worüber die Erpedition
Auskunft ertheilt, 3 kr.



u t e.

vorangehen, - die Meſſe fur das Heil ihrer
Glaubensbruüder unentgeldlich leſen können? –
Wahrlich dieſe Fragen ſtören uns im Feort-

gange unserer Erzählung und wir würden das

Mißfallen des Lesers befürchten, wenn ſie nicht
die Sache der Menſchheit beträfe, fur die sein
Herz ſo warm und kräftig ergluht ~ als das unsere.
Das Kloſter ~ ; ja, das leidige Kloſter
ubte hier den chriſllichen Einfluß auf das weis
<he Gemüth des Billionärs. Hat doch ,,die Kirs
che ganze Länder schon aufgefreſſen; ‘“ wie ſollte
ſie nicht einige Billionen an Gold, Perlen und
Juwelen noch obendrein vertragen können?
Daß die Prieſter den Billionär nicht bewogen,
hervorzutreten zur Reltung seines Volkes, seis
nen Namen einzugraben in den Felsen der Ge-.

.

.ſchichte, auf daß er leuchte in Brillantfeuer bis

in die fernſten, späteſlen Zeiten; daß das Klos
ſker ihn nicht zum Werke getrieben; erklären
wir uns uur allzuleicht ~ aber unerklärlich bleibt
uns das Hrrz des Alten:

Sollte ihm denn niemals etwas Menſchliches
begegnet sein? Sollte er niemals eine Anwand-
lung ~ eine leiſe Anregung gespürt haben die
den Gedanken erwecken konnte , der doch so nahe
lag ? ~ :

Vermuthlich niemals; denn er lebte in Ruß-
land. – Was die Ruſſen , deren erſte Pflicht es
gewesen, ihren bedrängten Glaubensbrudern mit
Rath und That beizutreten ~ für die Sache der
Menschheit gethan; wird die Nachwelt uns ertfk
enthüllen. – Es liegt keinem Zweifel unterwor-

fen, daß ſie den Schweizern und andern frems

den Nationen hochbegeiſtert und racheglühend vors
angegangen , als ihr Glaube in. der Person des
Patriarchen geschändet worden. ~ Es iſt ganz in
der Ordnung daß die Großen und Reichen eifrig
und raſtlos um die Rettung ihrer gefährdeten
Glaubensbrüder bemüht , in allcr Eile einige
„Seelen (©“ wenn auch nur um einen Spottpreis,
mehr verkauft, und den Ertrag ſchleunigſt in
die Unterſtützungscaſse der Griechenvereine ihres
Landes gesandt haben. ~ Rußland hat insofern
die frößte Aehnlichkeit mit Japan, als es ſchwie-
rig iſt irgend eine getreue Darſtellung des In-
nern zu erlangen. Deſſen ungeachtet wird aber
die Ehre der Nation glänzend aus dem tiefen
Schleier der Gegenwart hervorblicken, ob anch
w.r dieſe Rechtfertigung der faft fanatischen
Glaubensbrüder det Griechen vielleicht nicht er-
leben.

(Fortſegung folgt.)
 
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