Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

DOI Kapitel:
Nro. 34 - Nro. 42 (2. Mai - 30. Mai)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0171

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Reckar - Bote erſcheint U V
wöchentlich zweimal, Dienſtags W f
u. Freitags. Der Abonnements-
preis beträgt für ein Jahr 1 fl.
36 kr., für ein halbes Jahr 54
kr., für ein Vierteljahr 30 kr.



e ck a r-

V 0. 10.

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bet An-
zrigen, worüber die Erpedition
Auskunſt ertheilt, 3 kr.



Freitag, den 23. Mai 1 845.





Buntes aus der Zeit.

Am 10. Mai hat in Freiburg Prof. Dr. Schreiber
ſeine Vorlesungen über Ethik in seiner Wohnung vor
nahe an 40 Studierenden eröffnet. Damit iſt der Ver-
ſuch des Prorectors, iùn wegen ſeines. Uebertritts zur
deutſch-katholisſchen Kirche an der akademiſchen Wirk-
ſamkeit zu hindern, als geſscbeitert zu betrachten. ~
Auch dem bekannten Prof. Regenbrecht in Breslau hat
man aus gleicher Urſache Hinderniſſe in den Weg ge-
legt, doch hofft man, daß auch hier die Angriffe nutz-
los ſein werden. Man erklärt sich übrigens hieraus,

wohl auch aus Familienverhältniſſsen, daß Regenbrecht

in letzterer Zeit weniger im Vordergrund der Bewegung
geſtanden.

Die Vorarbeiten auf der Bauſtelle von Neufelsberg
ſind nunmehr so weit vorgerückt, daß dieſer Tage mit
der Ausſteckung des neuen Dorfs begonnen werden kann.

Für Pr. Steigers Begnadigung werden in Luzern
Petitionen vorbereitet; die Stimmung iſt faſt allgemein
für ihn. Daher hofft man, daß wenn das Urtheil auch
vom Obergericht beſtätigt wird, der große Rath seine
Zuſtimmung einem Sctbritte verſagen wird, der eben
ſo unklug als unmenſchlich sein würde.

Am 181. ds. wurde zu Wien die öſterreichiſche Ge-
werbeausſtelluung in Gegenwart des Kaisers und ſämmt-
licher Erzherzöge feierlich eröffnet.



Der Grieche Siwinis,
in ruſſiſchen Hienſten.

Von H arro Hc arring. *

bt . Q

dei Geif! “stzezgt;; U. wenn es ſich fee
nur in einem Gauner = Genie Ur Lorient.

Wir bieten aus den bundigsten Quellen eine Mit-
theilung dar, deren Stoff ſich jeglichem Großen
gleichſtelt, das einst einen Thron, einen Galgen
D oder sonst cine Stufe der Erhellichkeit einnahm.

Es iſt leider ein Grieche, der durch ſein ausges
zeichnetes Talent sich unserer Anschauung preiss-
gegeben. Boshaste Einseitigkeit könnte sich gar
leicht veranlaßt fuhlen, das Einzelne, welches uns
hier als Prachtwerk der durchtriebenen Verſchla-z
genheit aufſtößt ~ der Nation zur Laſt legen zu
wollen, die seit Tahrhunderten bis auf die Gegen-
wart der Bürden bereits zur Genüge trägt. ~ An-
dererseits aber läßt ſich ein großartiger Zug des
Nationalcharakters durchaus nicht in unserm Hel-
den verkennen, dessen kühner Geiſt nur durch die
Laune des Zufalls von einer ehrenvollen Bahn ab-
gehalten, auf der er ſich gewiß mit gleicher Verwes-
genheit und Kraft hervorgethan und seinen Namen



* Splitter und Balken. Hof , 1832.



in die glorreiche Geſchichte seines Volkes eingeschrie-
ben haben würde.

Was wir hier mittheilen, find allerdings nur
Fragmente eines Menſchenlebens, aber als Bruch-
ſtücke gewiß um ſo wichtiger, da durchaus nichts
hinzugefügt worden iſt, was zur Rundung des
Ganz en wohl leicht zu erſinnen gewesen wäre.

Glaubwi urdige Manner, die mit dem talentvol-
len Sprößling der Helienen in genauen Dienſtver-
hâltniſsen gelebt und Gelegenheit fanden, ihn auf-
merksam zu bcobachten, bieten uns ursprünglich,
was diese Blätter enthalten.

Siwinis war kleiner Statur, stark bebaut mit
Anlage zur Corpulenz , die auf den beſten Wegen
der Entwickelung begriffen war.

Obwohl seine Beine besonders kurz waren, tha-
ten ſie dennoch ſciner Gewandtheit keinen Eintrag.
Sein Haar verläugnete die Nationalität nicht, es
war glänz end ſchwarz und ward nicht ſelten_ von
den Schönen und minder Schönen bewundert. Seine
dunkeln, feurigen Augen leuchteten geiſtvoll aus
dem gelblich bleichen Antlitze hervor, welches letz-
tere, kaum merklich durch die Blatternarkeg b
zeichnet, im Einzelnen, wie im Ganzen,, ++ den
Griechen verrieth. in auſſa ilender Zug des freund-
lichen Lächelns umſchwebte seine Lippen, wo er er-
ſchien. Dieser ſo anziehende menfchliche Ausdruck
blicb unaus löſchlich mit seinem Wesen vereinigt.
Niemand sah je eine Umwandlung ſeiner Züge,
wenn irgend ein heftiger Eindruck dieselbe erwarten
ließ. Er hatte seine Miene in der Gewalt.

_ lFortsegung folgt.)

Am Grabe
der ſo fruhe verblichenen Iungfrau
Sophie Bohrmann.

O ſanfte Dulderin dieſes Lebens,
Dein Frühling lieh Dir wenig Freude;
Du kämpfteſt lange + und doch vergebens,
, Du wardſſt so früh des Todes Bente.

Jungfrau ruhe ſanft; an Deiner Hülle
Trauern Deine Eltern –~ mancher Freund.
Doch, es war des guten Gottes Wille,
Mit den Engeln hat er Dich vereint.

Schmerz und Thränen nur ſind uns geblieben,
Scbon deckt die Erde Dein kühles Grab.
Was uns theuer, was wir ſchätzen, lieben,
Reißt der Tod mit kalter Hand hinab.

Doch getroſt ~ ſte iſt ins Reich der Götter,
Töne nur, du Glocke dumpf und hobl:
Frei von dieses Lebens Sturm und Wetter
Dert iſt die Jungfrau — ihr iſt wohl.
Eberbach, im Mai 1848.


 
Annotationen