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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

DOI Kapitel:
Nro. 43 - Nro. 46 (3. Juni - 13. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0199

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Der Reckar . Bote erſcheint
vuöchentlich zweimal , Dienstags
u. Freitags. Der Atonnementbe
preis beträgt für ein Jahr i fl.
36 kr., sür em halbes Jahr “h
kr., für cin Vicrteljahr 30 kr.

Neckar-Botec.

ro. 4.6.

Die EinrückunqgÄühr für die
ar ſpaltene Zeiler oder deren
Raum berrägk 2 kr. Bei An-
zriqen, worüber dic Erpedition

Auskunft ertheilt, 3 kr.

Freitag, den 13. Juni 1 845.





Buntes aus der Zeit.

In Hamburg iſt vor Kurzem ein Betrug ruchbar
geworden, der von einem dortigen angeſehenen Hauſe

mit einer von demſelben im vorigen Jahre geleiteten
deutſchen Auswanderungsgeſellſchaft nach Neuſeeland
geſpielt wurde. Die Mitglieder derselben müſsen jetzt

bei engliſchen Herren Knecbtsdienſte verſehen, ſtatt, |

wie ihnen verſprochen wurde, ihr eigner Herr zu wer-
den. Der Arzt, welcher die Geſellſchaft begleitete, iſt
vor Kurzem nach Hamburg zurückgekehrt, und beab-
ſichtigt, zur Warnung vor ähnlichen Fällen, die Um-
ſtände unter welchen der Betrug vor ſich gegangen, zur
öffentlichen Keuntniß zu bringen. CKln. Z.)
Mit einer zu Liverpool für das nordamerikaniſehe

Kriegsdampfboot »Pinceton« verfertigten Rieſenkanone,

welche Kugeln von 219 Pfund abscbiegt, und zu deren
Ladung 45 Pfund Pulver genommen werden, ſtellte
man dieſer Tage unweit dieſer Stadt Probeſchüſſe an.
Der Knall war furchtbar und man sah die Kugel in
einer Entfernung von 3 engliſchen Meilen auf der See
ricochettiren. (K. Z.)
Bei Freiberg in Sachſen fand. am 50. Mai eine
Explosſiou in einer Pulverfabrik ſtatt, wodurch das

Gehäude vollſtändig in die Luft geſprengt wurde; zwei |
Arbeiter, die in den obern Räumen deſſelben beſchäf-

tigt waren, wurden zwar weit weggeſctleudert, aber
wunderbarer Weise nicht lebensgefährlich beſchädigt.

In Bamberg ereignete ſich neulich eine rührende
Scene. Während das Hochwaſſer noch in all ſeiner
Kraft war, kam ein großer Bauernhund die Regnitz
unter der Kettenbrücke herabgeſchwommen. Nicbt im
Stande, das Ufer zu gewinnen, erreichte er endlich
einige Bretter, welche zufällig, mit Stricken befeſtigt,
im Waſſer lagen. Allein durch die schnell ſicb sam-
melnde Menſchenmenge erſcbreckt, ſprang er wieder in
den Fluß und ſchwamm nach dem entgegengesetzten Ufer.
Doch vergeblich, ſeine Kraft war erſchöpft, und er
konnte nur noch zu den Brettern zurückkehren, die er
jedoch aus Mattigkeit nicht mehr zu erklimmen ver-
mochte. Während seines verzweifelnden Kampfes, deſ-
ſen Ausgang jeden Augenblick unzweifelhafter wurde,
sprang ein junger Mann in den Fluß, und es gelang
ihm, den Hund an das Ufer zu ziehen. Es iſt un-
möglich, das, wir möckten ſagen Gefühl zu ſchildern,
mit welchem das arme Thier seinem wackern Retter
ſeine Dankbarkeit zu bezeugen ſuchte. Alle Zuſchauer
waren tief gerührt. Solche Handlungen , ſelbſt gegen
Thiere, verdienen öffentlich anerkannt zu werden.

In der Nacht vom 18. v. M. iſt in Tſchamlidſcha
bei Scutari der Kiosk der Sultanin Esmia, wo Sul-
tan Mahmud ſeine legten Tage verlebte, ein Raub
der Flammen geworden, und in der folgenden Nacht
wurden innerhalb G Stunden in Pſamatia gegen 230
Hsſet “ü 100 Kaufläden durch eine Feuersbrunſt in
Aſche gelegt.

In Porto Alegre (Braſilien] iſt der erſte Transport
deutscher Auswanderer von Bremen aus eingetroffen.
Auf dringende Empfehlungen der Legation in Hamburg

| pflichttreuen Geiſtlichen ſchrecken , um die in



an die Provinzialregierung wurden die Leute gut auf-
genommen und von den kaiserlichen Behörden empfan-
gen und frei verköſtigt. Von da wurden ſte unentgeld-
lich nach der Leopoldo gebrackt, wo bereits Wohnun-
gen zu ihrem Empfang bereit waren. Ländercien in
der Colonie werden ihnen gratis angewiesen, und wie
man glaubt werden ſte noch eine tägliche Zulage erhal-
ten, bis ſie die erſten Aernten eingebracht und die größ-
ten Schwierigkeiten überwunden haben.

Der evangel. Dekanatsverweſer Re d enb aa ch er
in Bayern, welcher im vorigen Jahre wegen Veröf-
fentlichung einer Rede über den bekannten Erlaß des
königl. bayr. Kringsminiſteriums die Kniebeugung betr.
in gerichtliche Unterſuchung und Haft genommen wur-
de, ſoll während derſelben einer körperlichen Beſichti-
gung unterworfen worden ſeyn , um zu ermitteln, ob
er eine körperliche Züchtigung aushalten könne Dies
geſchah ohne Vorwissen des Königs. Der erſte Ge-
danke dazu soll von einem einflußreichen Manne aus-
gegangen sein, der durch seinen blinden Haß gegen die
evangel. Kirche bekannt iſt. Man wollte die Seele des

Bayern
übliche Abbitte zu erlangen. V



Der Grieche Siwinis,
in ruſſiſchen Dienflen.
(Fortsetzung.)

Siwinis hatte seinen Mann zur Genüge kennen
gelernt, verließ Moskau auf kurze Zeit und kehrte
zurück in der Uniform eines Generaladjutanten des
Kaisers. –~ Das militärische Stugtzerleben bringt
es mit ſich, daß ein General - oder Flügeladjutant,
ſowie auch jeder General bald seine Regimentsuni--
orm, bald seine besondere trägt, je nachdem die
Gesete der Form, die allerheiligſten des Reichs,
eine veränderte Toilette geſtatten.

Solchergeſtalt erschien nun unser Siwinis nicht
immer als Adjutant des Kaiſers, zufallig trug er
die Uniform gerade dort, wo er ~ nichts zu bez
fürchten, was ihm ctwa gewiſſe Fatalitäten hätte
bereiten können. –

Im Prachtſtaat seiner Achſelbänder (einer we-
ſentlichen Eigenſchaft ~ oder Auszeichnung der
General - Adjutanten), besuchte er ſeinen alten
Freund und Gönner, dem er ſich bald erklärte : als
abgesandt und beauftragt von Sr. Maj. dem Kain
ſcer und Selbſtherrſcher aller Reuſſen an den Grie-
chen Sofim in Moskau. :

Der ſchwache Billionär fühlte sich durch den Bes-
ſuch ſeincs jungen Landmanns ganz besonders ge-
ehrt, und die Freude über deſſen Erſcheinung ſtieg
um ſo hoher, als dieser zu Erörterungen der ob-.
waltenden politiſchen Verhältniſſe überging und
 
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