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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

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Nro. 34 - Nro. 42 (2. Mai - 30. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0151

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Der Neckar = Bote erſcheint
. wöchentlich zweimal , Dienstags
u. Freitags. Der Abonnements-
preis berrâgt für ein Jahr 1 fl.
36 kr., sür ein halbes Jahr 54 ,
kr., für ein Bierteljayr 3o kr.

Necl

S
Dienstag, den 6. Mai 1 845.

a r -V



te Einrückungsgebühr für die
gr ſpaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Expedition
Auskunft ertheilt, 3 kr.

uk e.





Buntes aus der Zeit.

Die Kantone Aargau und Baſelland haben den Ver-
trag wegen Auslöſung der Gefangenen in Luzern, so-
wie die Bewilligung der nöthigen Gelder (CBaſelland
nur vorſchußweiſe) aus der Staatskasse genehmigt. Be-
reits iſt ein Theil der Aargauer Gefangenen in Fret-
heit geſezt. Der aargauiſche große Rath hat in dem
desfalsigen Beſchluß zugleich die Amneſtie für die Be-
theillgten an den mit dem Freiſck aarenzug verbundenen
Uuruhen, und an den Aufruhrereigniſſen des Jahres

_ 16841 ausgesprochen.

Der Landtag für die Provinz Rheinpreußen hatte an
den König die Bitte gerichtet, es möchten in Berück-
ſichtigung des ſo ſpäten Frühlings und theilweiſen Ueber-
ſcwemmungen die Frühlingsübungen der Landwehr für
dieſes Jahr erlaſſen werden. Se. Maj. hat hbierauf
beſchloſſen, daß die Cavallerie ganz befreit und von der
Infanterie nur ?/z einberufen werden sollen. Für Ar-
tillerie und Schützen bleibt es bei den beſteheuden Be-
ſtimmungen. |

Der Leser erinnert ſich wohl noch, wie jm Septem-
ber 1843, als die Uebungen des Holsteiner Bundes-
contingents für das Lüneburger Lager ſtatt batten, bei
einem Dragonerregiment in Itzehoe Unruhen vorfielen.
Die von deu König niedergeſetzte Commiſſion hat zwar

mehrere ſtrenge Urtheile auf Absetzung tc. ausgesprochen,

welche indes vom König im Wege der Gnade für die
Gravirteſten in Ljähriges Nachdienen und Prügel-
ſtr a fen (immer noch hart genug) umgewandelt wur-
den; zugleich aber hat die Uuterſuchung gezeigt, wie
jene Soldaten vou ihren Obern immer auf die ſchmäh-
lichſte Weise mißhandelt wurden, und jener Aufſtand
nur ein natürlicher Notÿiſſchcrei der mit Füßen getrete-
nen Menschenwürde war. ;

Guizot iſt vor einigen Tagen von einem heftigen Un-
wohlſein befallen worden, von dem er ſich indeß nacb
und nach erholt. Der König hat durcb eiue Ordon-
nanz vom 27. Herrn Güizot, der dec Rube bedarf und
die Bäder von Vichy besuchen wird, beurlaubt, uud
sein Portefeuille einſtweilen dem Miniſter des Junern,
Duchbatel, übergeben.

Die ſchwäbiſche Induſtrie bringt demnächſt einen neuen
Artikel in den Handel, der ſeiner Originalität wegen

Auſfſehen erregen dürfte: Möbel von Glas. Hat man

dergleichen ſchon erhört? und nmirtlich iſt es doch ſo.
Der Glaſer Simon in dem gewerbthätigen Städtchen
Göppingen, ſchon seit längerer Zeit mit dieſem Problem
beschäftigt, hat endlich einige kleine Proben seiner Lei-
ſtungen beim Kaufmann Vöth in Stuttgart aufgeſtellt.
Die Eleganz und Dauerhaftigkeit der ſonſt ſo zerbrech-
lichen Waare iſt wahrhaft überraſchend; der Preis bil-
liger als gewöhnliches Holzmöbel. Ale Farben des na-
türlichen Holzes und der Verzierungen werden auf das
Täuſchendſte nachgeahmt , besonders aber gelingt die
Nachahmung der verſchiedenen Marmorarten, deswe-
gen eignet sich das Fabrikat besonders zu Tiſchplatten,
Spliegelrahmen , Pfeilertiſchen u. s. w.





Der Schneesturm.

(Fortsezung. )

Allein keine Stimme ließ ſich von Innen ver-
nehmen, und Niemand trat ihnen an der noch of-
fenen. Thur ‘eutgegen ,. ſie zu empfangen. Jeßgt
ſtieg plorlich der ſchreckliche Gedanke in dem Alten
auf , daß sein Weib, unfähig die Einsamkeit zu
ertragen , ebenfalls in den Sturm hinausgeeilt ſey
um ihm zu folgen, und daß er folglich aller
Wahrſcheinlichkcit nach dieselbe lebend nicht wies
der erblicken werde. Als ſie aber die kleine Hana
nah ins Haus hinein trugen, bot die Wirklich-
keit ihnen noch Schrecklicheres dar , denn ausge-
fIreckt auf dem harten Boden lag die Mutter auf
ihrem Angelicht da, wie von eines Morders
Hand gewaltsam niedergeſtrect. Sie lag noch
immer in der Ohnmacht , in welche ſie drei Stun-
den zuvor, bei ihres Mannes Aufbruche gefal-
len war. Der Alte erhob ſie sogleich von dem
Boden ; allcin ihr Puls ftand ftill, und ihr Herz
ſchlug nicht mehr ; eine todtliche Bläſſe bedeckte
ihr Gesicht und hr Körper war kalt wie Eis.
„Ich habe eine Tochter wiedergewonnen ,“ ſagte
rcr Alte, zgber eine "Gattin pyerlocenL. Mik
tödtlichem Schmerze trug er den lebloſen Kör-
per auf das Bett. Dieser Anblick war zu er--
qreifeud fur die arme Hannah, welche erſchöpft
wie ſie war, ſich bis dahin nur durch die ents
zuckende Aussicht, ihrer Mutter Herz durch ihre
Aukunft zu erfreuen, aufrecht erhalten hatte;
ſie verlor nun ebenfalls das Bewußtseyn , und

als ſie so auf dem Bette neben ihrer Mutter
| dahingeſtreckt lag , schien es, als ob der Tod , ent-
rüſtet, fich seine Beute auf der Marſch entris-
| ſcn zu ſehen , dieſelbe bis in die friedliche Hüt-

te verfolgt, und daſelbſt mit deſto großerer Si-
cherheit zu erreichea gewußt habe.
kniete an dem Bett nieder, und hielt seines Wei-
bes Hand in der ſeinigen, während Wilhelm
Girive, vom Schmerz und Angli beflurmt , ſich
ſanst über seine Hannah beugte, und Gott im
Stillen anflehte, daß die ſchrecklichen Ereigniſſe
dieſer Nacht ,' nicht ein ſo ſchaudervollces Ende
nehmen möchten. Das Herz der lieblichen Hans
nah begann bald wiedec zu schlagen, und ſobald
ſie ihr Bewußtſeyn wieder erlangt hatte , erhob
ie ſich sogleich und vereinte ihre Anſlrengungen
mit denen ihres Vaters und Geliebten , um ihre
thenre Mutter wieder in das Leben zurück zu
bringen.

(Fortſezung folgt.)

Der Vater. .
 
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