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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

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Nro. 18 - Nro. 24 (4. Maerz - 28. Maerz)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0077

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. kr., für ein Vierteljahr 30 kr.

Ber Neckar « Bote erſcheint | , .. j V: Ju
:: Nek ar-Vote.
Freitag, den 7. März 1 845.

preis beträgt für ein Jahr fle.
36 kr., für ein halbes Jahr >

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene . Zeile uder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei Ans
zeigen, worüber die Expedition
Auskunft ertheilt, 3 kr.



Buntes aus der Zeit.

_ Die Elberfelder Zeitg. enthält das Glaubensbekennt-
niÿ der dortigen »chriſtlichen apoſtoliſch-katholiſchen Ge-
meinde, welches im Weſentlichen mit dem Schneide-
mühler übereinſtimmt. Die Sammlung zu Gründung
eines Kirchenguts für die iunge Gemeinde in Leipzig
bel4uft ſich bereits aus 3300 Thaler. Ein angeſsehe-
ner Rittergutsbeſitzer hat überdem die Zinsen aus 3000
Thalern zur Verfügung gestellte. Die Leipziger haben
die Zuſage Ronge's erhalten, daß er ſie besuchen werde,
ſobald seine vielen Geſchäfte es zuließen. Diesem hoch-
herzigen Manne hat ein Theil des Breslauer Kauf:
manusſtandes seine Achtung und Liebe durch Ueberrei-
chung einer Prachtbibel in herrlichem Einband von ge-
diegenem Silber, reich mit Gold und Edelſteinen verziert,
und von einer entsſprecheuden Adresse begleitet, an den Tag
zu legen verſ::cht. Zu gleicher Zeit hat man dem andern
»Reformator«, Czerski, eine andere Ueberraschung berei-
tet: er iſt nämlich zu seiner Hoctzeit excommunicirt worden.
An dem großen preußfiſchen Conſtitutionsjubel konn-
ten wir nie recht theilnehmen, denn alle rieſe Gerüchte
über Verleivuug einer Reicbsſtändeverfassung kamen uns
zu unwahrjcheinlich vor uud ein ſolcber Schritt ſcbeint
uns gar nicht in der gegenwärtigen Bahn des Königs
vou Preußen zu liegen. Wir theilten deshalb unsern
Leſern von all dem auch nur die mit so vieler Gewiß-
heit von den Zeitungen erzählte Aeußerung des Land-
tagsmarſchalls für die Provinz Sctleſtien mit. Aber
auch diese wird jett widerſprochen. Und wenn sich ihre
gänzliche Unrichtigkeit herausſtellt und es fällt wieder
irgend einem Correſpendenten ein, aus »ſicherer OQuelle«
daſſelbe zu hören, ſo ſchreibt es wieder die Hälſte der
deutschen Zeitungen nach, glaubt es oder glaubt es auch
nicht, genug, man hat doch den Leſern eine pikante
Neuigkeit gebracht und kann ſie wieder durch Mitthei-
lung »aus wohlunterrichteten Kreiſen« widerrufen.

Arnold Ruge ijt von der franzöſisſchen Regierung ge-
ſtattet worden, in Paris zu bleiben; er gedenkt bis
Sommer indeß wieder nach Dresden zu ziehen. ~~ Dire
preußiſche Regierung bat den Polizeibehörden die Wei-
ſung zugehen lassen, Ruge bei seinem Eintritt in das
preupßiſche Gebiet sogleich zu verhaften.

Aus Mailand vernimmt man, daß 20,000 Mann
öſterreichiſcher Truppen auf dem Marſch seien, um die
Besatzungen in der Lombardei zu verſtärken und eiven
Kordon an der Schweizergränze bilden zu können. Die
Gränze von Baden gegen die Schweiz foll durch Bun-
destruppen besetzt werden; was Frankreich zu thun be-
absichtigt, iſt noch unbekannt.

_ In Altßgier sieht man dem baldigen Wiedererſcheinen

Abd-el-Kader’'s an der Spitze ansehnlicher Streitkräfte
entgegen. In einer seiner Proclamationen ſtellt er den
Kaiser Abd-eh-Rhaman als der Herrſchaft über die Gläu-
bigen unwürdig dar.

Durch einen Erlaß des Königs von Griechenland iſt
allen während und in Folge der Deputirtenwahlen be-
gangenen Mordthaten und andern Verbrechen volle
Amnestie ertheilt worden. j j



Des Beduinen Tochter.
(Fortsetzung.)
9.

Der Bewohner dieſer Hütte war eincr dieser
hochgebauten, von der Sonne verbrannten Geſtal--
ten. Sein schwarzer Bart und das dunkle Feuer
der Augen verricthen den Mann in der vollen Kraft
deh gereiften Ulters. In einer dunklen Ecke ſaßen
deſſen zwei Weiber, nach orientalischer Sitte, mit
uutergeſchlagenen Beinen. Beide waren unver-
ſchleiert und mehr als dürflig mit wollenen Lum-
pen bekleidet. Bis über die Hälfte der Bruft was
ren ſie entrlößt. Die Eine ſâugte ihr Kind, die
Andre ſchien in einem zugenähten Schlauge von
einer Thierhaut , deſſen Haarſseite nach Innen ges
fc hrt war, eine Art von Butter aus Kameelmilch
zu bereiten. Am Boden ſpielten zwei nackte Kin-
der, die bei unserm Eintritt ſich hinter ihre Müts
ter verbergen zu wollen fehienen.

Zugleich machten die Frauen mit dem Ausdruck
des Schreck.ns den Versuch , ſich einiger der Lums
pen als Schleier zu bedienen, um wenigstens ihre
özeſichter zu verhüllen; als dieses nicht gelingen
wollte, bedeckten ſie heulend ihr Antlitz mit den
Handen

Der Beduine warf uns einen Zornblick zu.

Seht, ~ ſprach er ~ so weit habt ihr Franken
uns gebracht durch Eure lettte Plinderung unſeres
Kars — daß unsre Frauen keinen Schleier mehr

haben, ihr Geſicht zu verhüllen. Seht d'eſe Arx-
muth; Ihr habt sie veranlaßt; aber Brot und Milch
ift uns geblieben, um Euch bewirthen zu können.
Settt Euch und seid willkommen.

Es lag so etwas unbeschreiblich Hohes und Edles
in seinem Benehnen, daß man ihn mit ſeinem
zerriſſcnen , abgeschabten Gewande nicht betrachten
kounte, ohne mit Shakſpcare's Worten auszurufen:
»An diesem Bettler ift jeder Zoll ein Konigla

Da war nichts zu ſehen, als ein halb verfalles
ner Herd von Backſteinen, einige elende Kochgern
ſchirre, Tayen genannt, ein Hüuhnerkäfig und ein
paar kameellederne Milchſchlauche.

Mit einer patriarchaliſchen Würde im Anſtande
[ud sie der Beduine ein, auf einer von Rohr ge-
flochtenen Matte Plaz zu nehmen. Dann ſegte
er ihnen das Letzte und Befle vor, was er hatte,
weiße, zwiſchen Steinen gebackene Brötchen, Ho-
nig und Feigen, und goß dazu aus einem der
ſchmutzigen Lederſchläuche erfriſchende Buttermilch
in die Tayen. Ebcn ſo wurden, theils in dieſer,
theils in andern Hütten, die Araber, die wir mit-
gebracht hatten, empfangen, und als es zu eng im
 
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