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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen — 1845

DOI Kapitel:
No. 4 - No. 12 (3. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42424#0248

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würden. Was war zu thun? ~ wie ſollte er das Geschehene auslöschen?
~ Er grübelte hin und her, aber er fand nur Einen Ausweg , seine
Hände wieder frei zu erhalten, nemlich, Ellen aufzusuchen und noch diese
Nacht ihre Zuſtimmung zur Rücknahme ſeines Schwures zu erlangen.
HNMit dieſem Vorsatz ſtand er auf , kleidete ſich ſchnell an, entriegelte leiſe
die Thür, nahm einen andern Stock und. ging aus dem Hauſe nach der
Wohnung ihres Vaters zu. Un u. U

Die Nacht war finfter, aber mild und angenehm; in der ganzen
Stadt. herrſchte tiefe Stille; Alles hauchte Frieden und Ruhe, nur ſeine
Brut) allein war wild bewegt. Mit ſchnellen, aber vorſichtigen Schritten
erreichte er bald den Gaſlhof und gelangte ohne Schwierigkeit in den
Garten , von wo er ſich Ellen bemerklich machen zu können hoffte. Aber
zu ſeinem großen Verdruß ſah er ſich in dieſer Erwartung getäuſcht.
Das Zimmer , worin ſie ſchlief , war im dritten Stock; es hatte zwar ein
Fenſter auf den Garten hinaus, aber wie sollte er dazu gelangen? ~-
und falls es ihm wirklich glückte, fich ihr bemerklich zu machen,, wie ſollte
er ſich mit ihr besprechen, ohne daß es von einem oder dem andern der
Hausgenoſſen gehört würde ? ~~ Alles dies hätte er ſich schon zu Hauſe
überlegen können, wenn er bei källerem Blute geweſen wäre. Dad Ein-
zige, was ihm jetzt einficl, war, eine Handvoll kleiner Steine gegen das
Fenſter hinaufzuwersſen. Dies verſuchte er mehrere Mal, doch ohne allen
Erſolq. Größere Steine, die er hoch genug hätte werſen konnen, wurten
die Scheiben zerbrochen und Lärm verurſacht haben, und so blieb ihm
denn zuletzt nichts Anderes übrig , als fur diese Nacht alle Hoffnung, mit
ihr zu sprechen, aufzugeben. Unwillig und zögernden Schriites verlicß
er endlich den Garten. Ungewiß, wohin er ſich nun wenden ſollte, blfcv
er noch eine Weile vor dem Hauſe ſtchen, und lehnte ſich gedankenvoll an
einen großen aufrechtſiehendeu Stein, der noch das Marktikreuz hicß, ob-
wohl die bilderflurmenden Reformatoren lärgſt beide Arme davon abges-
hauen hatten. Kaum hatte er einige Minuten hier geſtanden, so hörte
er Jußtritte, die eilig näher kamen. Er blickte ſcharfer durch das Dunkel
und gewahrie die alte Nell M’Collum, die nach dem Küchenfenfler der
Herberge zuging, Dort blieb ſie ſtehen, sah behutsam hinein und klopfte
leiſe an eine Glasſcheibe. Dieſem Zeichen antwortete alsbald ein lauteres
Klopfen von innen. Gleich darauf wurde die Hausthüre ſachte geöffnet
und eine andere weibliche Figur trat heraus, in der er Nanſe, die Nichte
der Alten, erkannte. Beide gingen hierauf die große Straße hinunter
und nahmen ihren Weg nordwärts. j
». J . ü ; (Fortſeßung folgt.)



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z zs Herausgegeben und gedruckt von O. Aug. Oßwald in Heidelberg,
#J1 Redigirt unter Verantwortlichkeit von G. Weber.
 
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