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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 4.1913-1914

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Nummer 156/157 (April 1913)
DOI Artikel:
Scheerbart, Paul: Herr Kammerdiener Kneetschke: Eine Kammerdiener-Tragödie in fünf Aufzügen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27574#0016

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Marie Laurenpin: Originalholzschnitt


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krümmter Haltung und bricht dann weinend auf
eimn Fauteuil zusammen.)

Kath i: Outen Tag, lieber Onkel! Outen Tag, liebe
Tante! Wie werden sich die Eltern freuen, Euch
wiederzusehen! Gleich will ich die Marna suchen
gehen. Ich komme sofort wieder. Kneetschke,
suchen Sie den Papa. Schnell! Schnell! (Ab
links.)

Kneetschke (aufgestanden in straffer Haltung):
Ich werde den Herrn Grafen aufsuchen. (Auch
ab — rechts)

Onkel: Der arme Kneetschke!

T ante: Die armen Patzigs!

G n k e 1: So sich blamieren!

T ante: Das beklagenswerte Brautpaar!

Onkel (nimmt eine Prise Schnupftabak): Diese
Falschmünzer! (Niest)

Tante: Siehst du? Das mußt du beniesen.

Onkel: Das kam vom Priesen. (Niest wieder)

Kneetschke: Der Herr Graf wird gleich kom-
men. Ich aber weiß, was hier zu tun ist.

Tante: Nun ?

Kneetschke: Die Familie Patzig muß ihre
Schuld — sühnen.

Onkel: Wie?

Kneetschke: Dadurch, daß sämtliche Ange-
hörigen der Familie — mit Ausnahme des Für-
sten Zabörrek, der ja Gott sei Dank noch nicht
zur Familie gehört, ihrem Leben —

Tante: Um Himmelswillen!

Onkel: Kneetschke!

Kneetschke: ihrem Leben, sage ich, mit
Gewalt —-

T ante: Kneetschke, nicht mit Gewalt!

Kneetschke: Gut -— also sagen wir durch —
Selbstmord —

Tante: Die Aermsten! (Weint mit Taschentuch.
Der Onkel zieht aucli sein Taschentuch des
Schnupftabaks wegen.)

Kneetschke (mit fester, feierlicher Stimme):
durch Selbstmord ein Ende bereiten.

Onkel: Das ist ja furchtbar!

Tante: Entsetzlich! (Alle drei wischen sich die
Augen, Kneetschke steht wieder wie im dritten
Aufzug vorn rechts.)

Von der rechten Seite hinten erscheint Papa
Patzig, von der linken Seite Mama Patzig —
beide ziehen auch ihre Taschentücher vor —
Onkel und Tante erheben sich. Eine peinliche
Pause entsteht.

Die beiden Gardinen werden jetzt eiligst hin-
tereinander von einem der beiden Kavaliere
Zugezogen.

Fünfter Aufzug

Das Zimmer des vierten Aufzuges wird auf-
geräumt. Die Fauteuils stehen in Unordnung
an den Seiten, der Teppich ist aufgeschlagen
und Eimer, Besen, Schrubber, Schaufeln und
Bürsten liegen überall herum. Weibliche und
männliche Domestiken bürsten, fegen und
putzen mit Eifer.

Von rechts kommen Fürst Wladimir und
Kneetschke in größter Wut auf die blaue Bühne.
Wr 1 a d i m i r: Das ist ja unerhört!
Kneetschke: Die Ehre der Familie Patzig gellt
mir über alles.

Wladimir: Kneetschke, das ist eine Frechheit!

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