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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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183

1S88.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 5.

184

Drei Bauernstuben, aus dem Berchtesgadener
Gebiet, aus dem Elsafs und aus Nordfriesland,
sind als charakteristische Vertreter nationaler
Typen auf der Ausstellung; Wohlstand, Verkehr
mit der übrigen Welt, Kunstsinn, wie sie sich in
diesen drei Beispielen verschieden aussprechen,
kennzeichnen schlagend die Verschiedenheit der
Bewohner des abgeschlossenen Hochgebirgsthals
von jenen der fruchtbaren Rheinebene oder
der nicht minder fruchtbaren Westküste von
Schleswig. Die Fensterecke, die ja neben dem
Ofen zumeist den Mittelpunkt des häuslichen
Lebens ausmacht, ist hier schon mit besonderer
Aufmerksamkeit behandelt; mit der Zeit bildet
sie sich zum Erker aus, und es ist kaum ein
Renaissance - Zimmer auf der Ausstellung, das
sich nicht dieses malerischen Motivs mit mehr
oder weniger Glück bedient hätte.

Für die Behandlung im Einzelnen ist der
starke Zug nach reicherem Wechsel in der
Farbe höchst bezeichnend, ein Zug, der nicht
durch das Mobiliar allein, sondern durch das
ganze Kunstgewerbe unserer Tage wie ein rother
Faden hindurchgeht. Das Bedürfnifs nach Farbe
ist entschieden sehr gestiegen; ihm verdanken
wir die Wiederaufnahme polychromer Plastik,
die bunte Bemalung von Schmiedeisenarbeiten,
die Verwendung verschiedenfarbiger Materialien
an demselben Gegenstand u. s. w. Wenn dieses
Farbenbedürfnifs auch hin und wieder Aus-
wüchse — wie mit Blumen bemalte Kuhglocken
und Schiefertafeln (!) — gezeitigt, so darf man
nicht vergessen, dafs jede aus innerm Bedürfnifs
heraus entwickelte Neuerung anfangs über das
Ziel hinausgeht und erst nach Absolvirung der
Kinderkrankheiten auf den richtigen Weg ge-
langt. Im Mobiliar äufsert sich diese Sucht
nach Farbenwechsel am geläutertsten durch die
Anwendung verschiedener naturfarbiger Hölzer;
weiter gehen schon — aber immer noch inner-
halb der Grenzen des Schönen — die mehr-
farbigen Intarsien, bei denen zum Theil auch
gefärbtes Holz, bisweilen unter Beigabe von
Perlmutter, Elfenbein, Metall zur Verwendung
kam. Beispiele der ersteren Art bieten vor-
wiegend Arbeiten aus München und Bayern
überhaupt, während in der Rheinpfalz und Baden
eine besondere Vorliebe für bunte Intarsien —
nicht selten gar als Reliefintarsien behandelt —
vorhanden zu sein scheint. In den Metalltechnik
macht sich das Verlangen nach Farbenwechsel
nicht allein durch partielle Versilberung, Ver-

goldung etc. Luft, sondern namentlich auch
dadurch, dafs dasselbe — abgesehen vom Email

— mit anderen Materialien kombinirt wird.
Geweihe oder Gemshörner mit Bronze oder
Eisen zu Lustern und Leuchtern verbunden,
sind ebenso wenig mehr selten wie die in Gold
und Silber gefafsten Straufsen- und Kasuar-Eier,
Kokosnüsse, Muscheln, oder die mit Messing
garnirten Majoliken u. s. w. Es ist nicht immer
leicht, diese verschiedenartigen Materialien har-
monisch miteinander zu verbinden und nur zu
häufig fehlt es an den die oft starken Kontraste
der Farbe vermittelnden Uebergängen; beson-
ders bedauerlich steht es in dieser Beziehung
mit der kirchlichen Kunst, weniger da, wo die
Malerei selbständig auftritt — wie bei den Glas-
gemälden — oder wo der Farbenwechsel über-
haupt das Mafsgebende ist — wie bei den Para-
menten — als vielmehr dort, wo die Farbe als
scheinbar nebensächliches Hülfsmittel zur Er-
höhung der Klarheit der Formen, beigezogen
wird, wie bei der Bemalung der Altarfiguren.

— In unserem nächsten Artikel, welcher sich
in umfassender Weise mit der kirchlichen Kunst
beschäftigen wird, soll auf diesen wunden Punkt
ganz besonders hingewiesen werden.

München. Professor L. G nie]in.

Die Krypta der St. Ouirinuskirche

in Neufs

soll, nachdem ihre bauliche Herstellung erfolgt
ist, mit einer stilgerechten Beflurung versehen
und mit einfachen Wandmalereien geschmückt
werden. Nach dem Vorbilde des für die Krypta
des Bonner Münsters im vorigen Jahre gewon-
nenen mustergültigen Belages soll das Lang-
haus ausschliefslich in Thonplatten-Mosaik aus-
gestattet werden. Die Achsen der Pfeiler und
Säulen bilden naturgemäfs die Einfassung der
einzelnen Felder, die mit ganz einfachen aber
abwechselnden geometrischen Musterungen in
höchstens drei Farben ausgefüllt werden sollen.
Der Chor soll aufser diesen auch noch einige
figürliche Musterungen aufnehmen, die in Stiften-
mosaik herzustellen sind und natursymbolische
Darstellungen aufweisen, wie sie sich für den
Fufsboden, zumal in der Krypta, eignen. Viel-
leicht reichen die Mittel hin, um die Zeichen
des Thierkreises hier anzubringen, die aber von
einer durchaus geschickten Hand zu zeichnen
sein würden. Die sehr grofse und für die hier
 
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