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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Effmann, Wilhelm: Die alte Jakobikapelle zu Gielsdorf bei Bonn
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0122

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203

1888. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 6.

204

nur spärliche Fundamentreste, welche indes hin-
sichtlich der Lage der einzelnen Gebäudetheile
den Schlufs gestatten, dafs sich der Burgbau
westwärts der Kapelle erstreckte und unmittel-
bar an den Thurm derselben anschlofs. Ueber
die Erbauung und die Geschichte dieser Burg
geben die uns überkommenen historischen Nach-
richten nur schwache Anhaltspunkte. Im Jahre
1250 war Dorf und Herrschaft Gielsdorf als
kurkölnisches Lehen ]) im Besitze der Gräfin
Mechtildis von Sayn. In diesem Jahre nämlich
schenkte die Gräfin unter anderem auch ihr
Schlofs Gielsdorf gegen bestimmte Revenuen dem
Erzbischof Konrad von Köln. In ihrem Testa-
mente vom Jahre 1280 erscheint das Domkapitel
als Eigenthümer von Gielsdorf. Offenbar in Folge
dieser durch die Gräfin Mechtildis geschehenen
Uebertragung erkennt das Weisthum in späterer
Zeit den Kurfürsten als Grundherrn der Herr-
schaft Gielsdorf an. Es währte dies, bis zu
Anfang unseres Jahrhunderts die kurfürstlichen
Güter von den Franzosen als Domänengut
eingezogen wurden. Das Schlofs selbst wird,
nachdem dasselbe an Erzbischof und Dom-
kapitel abgetreten war, weil unbewohnt, all-
mählich der Vernichtung anheimgefallen sein,
die Kapelle aber blieb ihrer gottesdienstlichen
Bestimmung erhalten und scheint, von einem
späteren Erweiterungsbau abgesehen, in ihrem
ursprünglichen Zustande auf unsere Zeit ge-
kommen zu sein.

Trotz ihrer bescheidenen Raumabmessungen
bietet dieselbe ein hinlängliches Interesse, um in
der vorliegenden Aufnahme einem weiteren Kreise
vorgeführt zu werden.

Die Kapelle gehört zwei verschiedenen Bau-
„perioden an: der Westtheil einer älteren, der
Osttheil einer jüngeren Zeit. An dem ersteren
haftet vorzugsweise das architektonische Interesse.
Er wird gebildet aus einem Langhause von nur
zwei Gewölbejochen und einem sich westlich an-
schliefsenden Thurm, dessen untere Halle mit dem
Schiffe durch eine Bogenöffnung verbunden ist.
(Fig. 7 gibt das Kämpferprofil dieses Bogens.) Der
ehemalige Ostabschlufs wird wohl in einer halb-
kreisförmigen, mit einer Halbkuppel überdeckten
Chornische bestanden haben, wie solche in den
punktirten Linien angedeutet ist. An dem Ge-
bäudeselbst ist hierfür jedoch in Folge des späteren

') Lacomblet „Urkundenbuch für die Geschichte
des Niederrheins", 2. Band S. 440.

Erweiterungsbaues kein Anhaltspunkt mehr vor-
handen : nur von dem ehemaligen Ostgiebel ist auf
dem Dachboden noch ein kleiner, in Fachwerk
ausgeführter Rest vorhanden. Die bauliche Durch-
bildung des Schiffes ist aus den beigefügten
Zeichnungen mit ausreichender Deutlichkeit er-
sichtlich. Ein Gurtbogen, welcher sich auf zwei
0,60 m breite und 0,08 m vortretende Pilaster
stützt, deren Basis aus Platte und Schmiege be-
stehen, während das Kapitell
ein der Fig. 7 ähnliches Profil
hat, theilt das Schiff in zwei
Hälften, deren jedes ehedem
mit einem Kreuzgewölbe über-
spannt war. Die Gewölbe-
felder sind aber nicht wie
bei den Gewölbebauten des
XII. Jahrhunderts quadratisch,
sondern nach derLängenrich-
Fis- '• tung der Kirche erheblich

schmaler als die Breite der Kirche. In dieser
oblongen Grundform entsprechen dieselben dem
erst in der gothischen Epoche zur vollen Durch-
führung gelangten Konstruktionssystem. Erhalten
ist nur das westliche Joch. Das östliche hat —
wohl beim Neubau des Chores — einer flachen
Balkendecke weichen müssen. Dicht unter den
Gewölben ist in jedem Joche auf beiden Seiten
ein kleines rundbogig geschlossenes Fenster
angeordnet. Diese vier alten Fenster sind jedoch
gegenwärtig vermauert und sehr unpassend
durch zwei gröfsere ersetzt. (Unsere Abbil-
dung zeigt die ursprüngliche Anlage.) Der untere
Theil der Wand wird in jedem Joche durch
zwei 1,21 m breite, 1,76 m hohe und 0,32 m
tiefe Nischen in wirkungsvoller Weise ge-
gliedert. Die Eckpilaster, auf welche sich die
Rundbögen dieser Nischen stützen, haben keine
Basis, jedoch ein in einem Rundstabe
bestehendes Kapitell. (Fig. 8.) Die
auf der Nordseite dem Thurm zu-
nächst gelegene Nische ist als Thür-
öffnung ausgestaltet; sie mag für die
Benutzung des Publikums bestimmt
gewesen sein, während der Westein-
gang im Thurm mit der Burg in
Verbindung gestanden und für die
Burgherrschaft gedient haben wird. In seinem
unteren Geschosse zeigt der Thurm auch ein
Kreuzgewölbe; dasselbe nähert sich aber, da
die Gräte in ihrem oberen Verlaufe fast nur
angedeutet sind, der böhmischen Kappe. Nach

Fig. s.
 
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