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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Pieper, J.: Romanischer Taufstein zu Brenken
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0145

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241

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 7.

242

„Kyrie eleyson, Christe eleyson, Kyrie eleyson,
sie orat et cantat ecclesia Brenkeninä, <iuae est
prima wesphaliae".

Die Glocke ist damals gesprungen und um-
gegossen, hat aber die Inschrift wieder erhalten.
Ob diese Worte historischen Werth haben, kann
ich nicht sagen, da in der Chronik nichts darüber
zu finden ist, wie alt der Glockengufs war.

In einem weiteren Artikel hoffe ich auf die
alte Kirche zurückzukommen, da dieselbe wegen
ihrer einfachen romanischen Form und nament-
lich wegen ihrer prächtigen Akustik für Neu-
bauten gar wohl empfohlen werden kann.

Heute möchte ich auf den alten Taufstein auf-
merksam machen, welcher sich in der genannten
Kirche befindet und in kleiner Abbildung hier bei-
gegeben ist. Derselbe hat schon mehrfach wegen
seiner Dimensionen und wegen seiner Form
die Aufmerksamkeit
Kunstverständigerauf
sich gezogen.

Die Höhe des gan-
zen Steines beträgt
98 cm bei einem obe-
ren Durchmesser von
1,17 m. Das grofse,
aus einem Sandstein-
block gearbeitete
Becken ruht auf einer
40 cm hohen Basis.
Letztere zerfällt wie-
der in einen 20 cm hohen glatten Sockel und in
20 cm hohe Basenwulste und Kehlen. An 4 Seiten
springen aus dieser 40 cm hohen Gesammtbasis
4 Löwenvordertheile hervor und zwar in einer
Breite von 30 cm und in einer Höhe von 40 cm.
Einer dieser Löwen ist lose eingeschoben und
kann herausgezogen werden. Geschieht letzteres,
so sieht man in einen hohlen Raum unter dem
eigentlichen Taufbecken. Man hat aus diesem
Umstände schliefsen wollen, der Taufstein sei
früher heizbar gewesen. Ich kann mich dieser,
auch von Archäologen ausgesprochenen Ansicht
aber nicht anschliefsen, glaube vielmehr unter
dem Taufstein das Sakrarium für das gebrauchte
Taufwasser suchen zu sollen.

Der ganze Unterbau besteht aus 8 Stücken
inkl. der Löwenfiguren.

Das Taufbecken selbst hat eine Tiefe von 45 cm
und einen Durchmesser von 73 cm und ist im
Innern mit Blei ausgekleidet. Wie schon oben be-
merkt, ist das Becken aus einem Steine gearbeitet.

Einen alten Deckel hat das Taufgefäfs nicht
mehr; die auf dem oberen Rande befindlichen
Krampen und Oesen lassen aber auf einen solchen
(aber wohl nicht ursprünglichen) schliefsen.

Das sind die Dimensionen des alten Tauf-
beckens, dessen äufsere Formen im höchsten
Grade interessant sind.

Die auskragenden Löwenköpfe sind ganz
sicher der älteren romanischen Periode zuzu-
schreiben. Die erhobenen Köpfe zeigen das
geöffnete Maul, welch' letzteres eher einem
Schnabel mit scharf zugespitzten Lefzen gleicht,
als einem Löwenrachen. Die profilirte Basis ist
streng attischer Form und setzt sich aus zwei,
beinahe gleich starken Wülsten mit dazwischen
liegender Hohlkehle zusammen. Wulste und
Hohlkehlen sind durch schmale Plattstäbchen
geschieden. Der cylindrische Mantel des Beckens

hat 8 Relieffiguren,
welche durch Säul-
chen ohne Bogenstel-
lung geschieden sind.
Diese Halbsäulchen
haben streng geglie-
derte attische Basis
u. Würfelkapitäl ohne
Abakus und tragen
den überstehenden
Rand des Beckens.
Die Reliefs neh-
men natürlich unsere
Hauptaufmerksamkeit in Anspruch; Inschriften
sind leider nirgend zu finden. Die Hauptnische, die
einzige, welche mit einem Halbkreisbogen über-
deckt ist und von den niedrigeren Kapitalen bis
zum Beckenrande noch Zwergsäulen hat, enthält,
wie unsere Abbildung zeigt, die auf einem Throne
sitzende Vollfigur eines Erzbischofes, welcher in
der Linken ein Buch; in der Rechten einen
Hirtenstab mit romanischer Volute zeigt. Beklei-
det ist die Figur mit dem altromanischen Mefs-
gewande, über welchem das Pallium deutlich
erkennbar ist. Die Mitra hat eine bienenkorb-
ähnliche Form. Der Nimbus ist grofs und
tellerförmig erhöht. Auf dem Buche findet sich
eine Bruchstelle, welche ein früheres Symbol
vermuthen läfst. Wer ist dieser Heilige? Sollte
es nicht der heil. Boniiazius sein? Rechts und
links befinden sich in je zwei Nischen 4 stehende
Bischofsfiguren mit altromanischen Mefsgewän-
dern, Mitren und Stäben. Die zwei, rechts und
links von der Hauptfigur stehenden haben kein
 
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