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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Merlo, Johann Jacob: Zwei Denkmale Kölner Dombaumeister aus dem XV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0162

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ein altarartiges Ansehen. Eine bedeutendere
Anzahl Opfergaben sind in der Höhe neben-
einander gereiht. Vor dem Bilde, an einer eigens
dazu bestimmten Vorrichtung, brennen gröfsere
und kleinere Kerzen, und etwas tiefer bemerkt
man ein Weihwasserbecken, auf welchem eben-
falls einige Kerzchen befestigt sind. Zur Seite
des Marienbildes, und in gleicher Höhe mit
demselben, kniet links ein Mann mit gefalteten
Händen, zur heil. Jungfrau betend. Er ist in
schlichter Kleidung mit einer faltenreichen
Schürze um die Hüften. Vor ihm bemerkt
man ein leeres Wappenschildchen; hinter ihm
steht der heil. Andreas, das ihn charakteri-
sirende schräge Kreuz haltend und mit seiner
rechten Hand die Schulter des Knieenden be-
rührend. Die im Verhältnifs zu den Figuren
kolossale Konsole belehrt uns durch ihre In-
schrift, dafs der Betende der Dombaumeister
Konrad Kuyn ist. Sie lautet mit aufgelösten
Abbreviaturen:

Anno domini M° CCCC"

LXIX die XXVIII

Januarij obiit

honorabilis vir magister

Conradus Kuyn

magistcr Operis huius

Ecclesiae Cuhts Aniina

rcquicscat in pace
Amen.
Dann folgen zwei schräg gerichtete Wappen-
schildchen, wovon das linksseitige (des Be-
schauers) zwei Hämmer und einen Zirkel, ganz
so wie bei der Inschrift des von Bueren'schen
Epitaphs, das zur Rechten ein aus einem Herzen
hervorgehendes Kreuz zeigt. Wahrscheinlich
hat Meister Konrad bei seiner Lebzeit eine
besondere Verehrung zu diesem Gnadenbilde
gehegt, und auch zu des Kupferstechers Zeit
wanderten zahlreiche Besucher zu demselben,
denn die im Vordergrunde stehende grofse
Kirchenbank ist ganz besetzt mit knieenden
Andächtigen beiderlei Geschlechts, denen sich
an jeder Seite eine Menge Kinder, auf dem
Boden knieend, anschliefsen, alle in eifrigem
Gebet begriffen. Links ist ein Opferstock an
der Säule angebracht und rechts eine Kerze
von ungemeiner Höhe und Schwere aufgestellt.

Zu beiden Seiten öffnet sich eine tiefere Aus-
sicht in's Innere der Kirche, links bemerkt
man ein einfaches Fenster, rechts eine zweite
Bündelsäule, vor welcher ein schlafender Hund
liegt. Der Stecher des Blattes hat sich nicht
genannt, nur der Verleger gab unten rechts seine
Adresse an: ,.joannes Bitssemacher exe." Es
ist 10 Zoll rhein. hoch, 8 Zoll breit, doch
ist die Angabe der Höhe nicht ganz genau, da
das mir vorliegende Exemplar um ein Weniges
verschnitten ist.

Konrad Kuyn war mit einer Nichte seines
Amtsvorgängers vermählt, mit Frau „Styngin",
die in Urkunden als eine Tochter Hilgin's
(Helenen's) von Vlysteden, nach ihrer Mutter,
bezeichnet ist. Die Verwandtschaft zwischen den
beiden Dombaumeistern ist in dem rechtsseitigen
Wappenschildchen auf unserer Bildtafel be-
sonders angedeutet, und zwar dadurch, dafs die
Familienmarke des Nicolaus von Bueren, der
Haken, mit der Familienmarke Konrad Kuyn's
an dem Stamme des aus dem Herzen hervor-
wachsenden Kreuzes vereinigt erscheint, wodurch
das letztere gleichsam die Gestaltung eines grie-
chischen Kreuzes annimmt. Der Kupferstecher
hat diese Zuthat übersehen; dagegen wird man
finden, dafs er die Inschrift getreu so wieder-
gegeben hat, wie sie auf dem verstümmelten
Original noch zu entziffern ist; nur die Zeilen-,
eintheilung hat er etwas verändert, so dafs aus
sieben Zeilen neun geworden sind. Die Figur
mit dem schönen bärtigen Kopfe und den ver-
stümmelten Händen, welche unser Lichtbild
auf die vordere Inschriftplatte gestellt hat, ist
die des heil. Andreas, der, wie bereits berichtet
worden, seine rechte Hand schützend auf die
Schulter des knieenden Dombaumeisters legte.
Von diesem wollen wir nur noch bemerken,
dafs er ein ausgezeichneter Bildhauer war, dafs
ihm die Steinmetzenbruderschaft, welche 1459
und 14G3 Tagsatzungen in Regensburg und in
Speyer hielt, das Obermeisterthum über das
Gebiet von Norddeutschland zuerkannte, und
dafs seine Kölner Zunftgenossen ihn 1-445 durch
die Wahl zum Rathsherrn ehrten. Mit Meister
Johann von Bueren, dem „Steinmetz und Werk-
meister unserer Herren der Stadt Köln", war
er verschwägert.

Köln. j. j. Morlo.
 
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